Russen in Berlin
(Fortsetzung)
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In
der Botschaft der Russischen Föderation in Deutschland fand ein Empfang statt,
dessen Anlass für eine diplomatische Vertretung
nicht ganz üblich war.
Den
Gästen wurde ein in Moskau herausgegebenes Buch präsentiert. Genauer gesagt,
ein Album. Es enthält Repros von vierhundert erstklassigen
russischen Kunstwerken aus mehreren Museen Russlands. Eine in dieser
Vollständigkeit und Qualität nie
da gewesene Edition. In deutscher Sprache erst recht.
Der russische Botschafter in Deutschland,
Wladimir Kotenew, überließ der Präsentation das Russische Botschaftspalais
Unter den Linden. Dafür wurde ihm
mehrmals von den versammelten
Freunden der russischen Kunst gedankt.
Darunter von führenden Männern des russischen Konzerns Gasprom und
seines Partners, des deutschen Konzerns Wintershall. Beide Unternehmen, deren
Partnerschaft Deutschland
Rohstoffe und umweltfreundliche Energieträger sichert,
stellten für die aufwendige
Edition eine Menge Geld bereit. Sie folgten
damit dem Usus von russischen Kaufleuten des XIX. Jahrhunderts, den Gebrüdern
Tretjakow, den Gründern der
gleichnamigen, weltberühmten Bildergalerie in Moskau.
Wie in der Ansprache eines hochkarätigen
Vertreters von Wintershall bei der
Präsentation hervorgehoben wurde, wurzelt der Einsatz der deutschen Unternehmer
im Verlangen nach Veredlung des großen Geschäfts mit Russland. Die Zeit
erfordere, dass nicht nur Geld,
sondern auch Geist im Mittelpunkt
der wirtschaftlichen Zusammenarbeit der beiden Länder steht. Nur das verleiht
ihr eine sichere,
zukunftsweisende Grundlage. Deswegen unterstützen
Wintershall und Gasprom auch mehrere andere Initiativen zur Vertiefung des
Kulturaustausches zwischen beiden Ländern. Darunter Veranstaltungen im Rahmen des deutschen Kulturjahres in
Russland und des russischen in Deutschland.
Übrigens
konnten kunstfreudige Berliner am
Abend desselben Tages von diesem
Sponsoring profitieren. Mit
einer mitreißenden Galavorstellung begann nämlich in der Deutschen Oper,
Berlin, ein neues, von Wintershall
unterstütztes Gastspiel des Mariinski- Balletts.
Die Gäste aus Sankt- Petersburg, auf
jeder Bühne der Welt willkommen, erhielten
tosenden Beifall des bis zum letzten Platz gefüllten, geräumigen
Opernhauses.
24.11.04
Das
Russische Haus
in der Berliner Friedrichstrasse begeht ein Jubiläum.
Vor zwanzig Jahren öffnete es seine Pforten. Damals sollte es der DDR - Bevölkerung
eine neue Dosis der
Sowjetbegeisterung einspritzen.
Denn es wurde offensichtlich, dass die DDR-Menschen
dabei waren, das neue Idol anzubeten. Jenen way of life,
dessen Bilder die westlichen Medien, vor allem das Westfernsehen,
über die Mauer in Berlin hinweg lieferten. Und
dessen Attraktivität in dem Masse zunahm, wie der „reale
Sozialismus“ in die Sackgasse geriet.
Das
riesige düstere Gebäude in der Friedrichstraße,
das dem um einen Steinwurf
entfernten Hochhaus vom Springer- Verlagskonzern auf der anderen
Mauerseite Paroli bieten sollte, brachte
aber wenig Nutzen. Solange in der
Sowjetunion die Weichen nicht anders gestellt wurden,
blieb es eine von vielen sowjetischen Einrichtungen, die viel kosteten,
aber wenig leisteten. Erst später
erwies sich das Russische Haus als
sinnvoll. Jedoch nicht, wie geplant. Das heißt, nicht
als eine sowjetische Stütze des DDR-Regimes, sondern eher als eine
Quelle seiner Ablehnung. Denn hierher kamen
DDR- Menschen, die nach dem authentischen Bild der sowjetischen
Perestroika, für sie zu einem Morgenrot am Horizont geworden, lechzten.
Was übrigens in der DDR-Nomenklatura, die sich nicht durchringen konnte,
ihr Regime nach sowjetischem Beispiel zu lockern,
keine helle Freude auslöste.
Nach
dem Zusammenbruch der Sowjetunion
und dem Ende der DDR hat das
Russische Haus mit einer neuen Landschaft zu tun. Auch in einem Glückwunsch zu
seinem Jubiläum wäre es zu viel an Liebenswürdigkeit, ihm zu attestieren, es
hätte sich bereits darin zurechtgefunden.
In seinen Räumen versammeln sich zumeist die in Berlin lebenden Russen.
Um sich einen Film aus der verlassenen Heimat anzugucken oder an anderen
Veranstaltungen teilzunehmen. Zu den Deutschen hat es wenig Zugang gefunden.
Obwohl es seiner eigentlichen Bestimmung mehr entsprechen würde.
Sicherlich
hängen seine Defizite auch damit zusammen, dass es
jetzt knapp haushalten muss. Die Zeiten, als seine Auftraggeber aus der
vollen Kasse des Sowjetstaates, der nie an Propaganda sparte, schöpften, sind
vorbei. Um Geld zu haben, musste
das Haus viele seiner Räume vermieten. Zweckentfremdet. Wer hätte daran denken
können, als es gebaut wurde.
Aber
abgesehen von den finanziellen, haben seine Herrschaften sicherlich auch manche
mentale Probleme. Ihnen fällt es nicht leicht, eine neue Rolle
zu suchen. Mitunter weht hier ein Lüftchen, das in den anderen einschlägigen
Häusern Berlins nicht zu spüren ist.
Trotz
alledem hat das Russische Haus erwartungsvoll
in die Zukunft zu blicken. Weil Russland, wie es scheint, einen Weg aus der
Misere der letzen Jahren betritt. Stimmt es, dann wird dem russischen Haus
mehr Akzeptanz von den Deutschen entgegengebracht. Wo sonst
an der Spree erleben sie einen neuen russischen Staat en miniature.
Wie er leibt und lebt. Und wie er in der Welt gesehen werden will.
22.6.04
In Berlin ist die Restaurierung des sowjetischen Ehrenmals im
Treptower Park umstritten.
Die
grandiose Gedenkstätte im Treptower Park, die an die im
Zweiten Weltkrieg gefallenen sowjetischen Soldaten und Offiziere
erinnert, ist vom Zahn der Zeit schwer mitgenommen. Es war höchste Zeit, sie in
Ordnung zu bringen. Das wird auch getan. Mit großen
Unkosten, die Deutschland trägt.
Eigentlich
ist der Erhalt und die Pflege der sowjetischen Denkmäler in Deutschland ein
einmaliger Vorgang. Man kennt kein
anderes Land, wo der Opfer eines
Kriegsgegners so pietätvoll gedacht wird, wie der sowjetischen Kriegsopfer
in Deutschland.
In
Russland weiß man das zu schätzen. Nicht nur als Beweis dafür, dass
Deutschland seiner bei der Wiedervereinigung übernommenen Verpflichtung, die sowjetischen Gedenkstätten
zu pflegen, nachkommt. Das mag vor
allem von den staatlichen Stellen Russlands mit Genugtuung wahrgenommen werden.
Einem Russen von der Strasse leuchtet etwas
anderes ein. An diesem markanten Beispiel verinnerlicht er, dass das Deutschland
von Heute und jener Todfeind Russlands, der seine Vernichtung im Krieg
anstrebte, zwei verschiedene
Staaten sind. Dass Deutschland, das
in dem von der Hitlerclique ausgelösten Krieg
unzählige seiner Söhne verloren hat,
den Russen ihren Sieg gönnt. Auch wenn der Sieg in manchem anders
aussehen konnte und sollte.
Ein
besserer Anschauensunterricht über
die Wandlung Deutschlands nach dem Krieg ist wohl kaum denkbar.
Außer
ein paar Unbelehrbarer will niemand in Deutschland die sowjetischen Gedenkstätten
verkommen zu lassen, geschweige denn
zerstören. Im jetzt geführten Streit geht es
um etwas anderes. Darum, ob die Gedenkstätte im Treptower Park nach der
Renovierung so aussehen soll wie ursprünglich oder nicht. Vor
allem, ob die granitenen Tafeln am
Hauptmonument, das einen sowjetischen Soldaten mit einem geretteten deutschen
Kind auf dem Arm darstellt, weiterhin Stalin-
Zitate tragen sollen.
Die
Zitate sind an sich ziemlich harmlos. Der Bund der Opfer der stalinistischen
Verfolgungen in Deutschland, unterstützt von der CDU- Fraktion im zuständigen
Bezirksrat Treptow/Köpenick, stößt
sich am Urheber der Zitate. Stalin darf nicht erwähnt
werden. Was immer er gesagt haben mag,
seine Untaten seien aufschlussreicher als seine verbalen Äußerungen.
Sehr
viele in Russland denken gewiss ebenso. Aber im Streit um die Gedenkstätte im
Treptower Park geht es nicht um die Einschätzung der Person. Es geht ums
Gedenken an die Gefallenen. Und um eine Geschichte, die nicht rückgängig
gemacht und nicht korrigiert werden darf. Sie muss so vermittelt werden, wie sie
war. Und ihre Monumente auch.
Die
Menschen, die nachträgliche Korrekturen verlangen, sollten darüber nachdenken,
auf welchen Fußstapfen sie
wandern. Jener Person nämlich, die
sie verabscheuen. Es war Stalin, der es mit der Geschichte nicht genau nahm. Wie
alle anderen Diktatoren. Im demokratischen Deutschland mutet dieses Herangehen
an die Geschichte und ihre Denkmäler seltsam an.
Manches
davon, was in meinem Bericht steht, findet sich in der Argumentation jener
Treptower Bezirksräte und in den Berliner Medien, die für den Erhalt der
Gedenkstätte ohne wenn und aber eintreten. Es gibt keinen
Zweifel, dass sich ihr Standpunkt durchsetzt. Denn es ist dem Geist
des heutigen Deutschlands angemessen. Jenes Deutschlands, dem in Russland
viel Achtung und Sympathie entgegengebracht wird. Unter anderem auch, weil es
die Geschichte nicht missbraucht, um Ärger zu verbreiten.
26.4.04
JURI GAGARIN + BORIS PASTERNAK
Die Bar "Gagarin" befindet sich auf dem Kollwitzplatz in
Berlin, also im Mittelpunkt der Berliner Szene. Das matrjoschka-team besuchte
die Bar vollzählig. Aus einem wichtigen Anlass. Am 12. April d. J. jährte sich
zum 43. Mal der Tag, an dem der sowjetische Fliegeroberst mit dem einnehmenden Lächeln
die Erde auf einem kosmischen Schiff umkreiste. Das war der erste Flug des
Erdenmenschen ins All. Eine Tat, die niemals vergessen wird.
Die Bar "Gagarin", die noch nicht lange existiert, machte
auf die weiblichen Holzpuppen keinen überwältigenden Eindruck. Erst recht
nicht auf das einzige männliche Mitglied des teams, Iwan Matrjoschkin,
Esq. Er bemängelte eine, seiner Meinung nach, knappe Auswahl
alkoholischer Getränke. Aber als ihm bedeutet wurde, dass er sich sowieso nicht
mehr als zwei Drinks auf Kosten des Konzerns "www.matrjoschka-online.de"
sich genehmigen darf, offenbarte sich, dass auch die Getränkekarte für ihn zu
anspruchsvoll war. Denn beide von ihm bestellten Drinks trugen denselben Namen
"Wodka Stolitschnaja". "Wodka Matrjoschkina" (siehe die Info
auf dem Link der glücklich lachenden matrjoschka) wäre besser, aber den gibt
es nur in wenigen, ganz exklusiven Gaststätten der deutschen Hauptstadt. Auf
Anfrage erteilen wir den Geheimtipp.
Am reich gedeckten Tisch erörterten die Holzpuppen die
sinnstiftende Platzierung der Bar. Sie befindet sich nämlich neben dem
Restaurant "Pasternak. Diese enge Nachbarschaft des ersten russischen
Kosmonauten und des ersten russischen Dichters des XX. Jahrhunderts hat ihre
Berechtigung . Gewiss sind beide Söhne Russlands in vielem ganz
verschieden. Aber es gibt etwas, was sie eint. Wie Juri Gagarin
schwerelos ganz oben in der Sphäre der Materie schwebte, schwebte Boris
Pasternak schwerelos ganz oben in der Sphäre des Geistes. Die beiden erreichten
jene Gipfel, die zu ihrer Zeit den anderen Völkern versagt blieben. Das lässt
hoffen. Auf Russlands erneuten Aufstieg.
Und dass der russische Dichter Nr.1 und der russische
Astronaut Nr.1 inmitten Berlins, wenn auch nur auf Gaststättenschildern
geehrt werden, lässt auch darauf hoffen, dass die Russen von den
Deutschen nie mehr missverstanden werden. Und dass die beiden Völker
neuen Gipfel zusammen stürmen.
13.4.04
Die Botschaft der Russischen Föderation in
Berlin und die Vertretung der Deutschen Wirtschaft in Moskau luden
Wirtschaftsmanager, Politiker und Kulturschaffende beider Länder zu einem
Galaempfang ins traditionsreiche Botschaftsgebäude Unter den Linden.
Obwohl der Empfang am 7. November stattfand,
galt er nicht, wie diese in den längst verflossenen Jahren dem Jahrestag der
Oktoberrevolution 1917 in Russland. Trotzdem oder vielmehr gerade deswegen
kamen mehr als tausend Gäste auf ihre Kosten. Denn dank der deutschen
Sponsoren, die für die Revolution nicht viel übrig haben, wurde reichlich
aufgetischt und ein einfallsreiches Unterhaltungsprogramm geboten.
Außerdem hatten
die Gäste Gelegenheit, Zeugen zweier markanter Ereignisse zu sein. Dazu gehörte
die Ehrung von Frau Doktor Andrea von Knoop, Delegierte der Deutschen Wirtschaft
in der Russischen Föderation. Vom russischen Präsidenten Wladimir Putin wurde
sie vor kurzem mit dem Orden der Freundschaft ausgezeichnet. Der russische
Botschafter in Deutschland, Sergej Krylow, dankte Dr. Andrea von Knoop für ihr
Engagement bei der Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen
beiden Ländern.
Ein
anderes Ereignis, das bei dem Galaempfang gewürdigt wurde, war der Start des
privaten russischen Radios in Berlin. Ab jetzt bietet das Radio „Russkij
Berlin“ auf UKW 97,2 den zweihunderttausend russischsprachigen Bürgern der
deutschen Hauptstadt ein umfangreiches Informations- und Unterhaltungsprogramm.
Unsere site gratuliert den Geburtshelfern
des ersten russischsprachigen Hörfunksenders in Berlin. Einen Hörfunksender
dieses Formats gab es bis jetzt weder in Deutschland, noch
in ganz Westeuropa. Er wird zu
einer wichtigen Ergänzung der bereits florierenden russischsprachigen
Presse außerhalb der Grenzen Russlands.
Der
Galaempfang in der russischen Botschaft, von den Veranstaltern als Herbstball
bezeichnet, fand in Berlin viel Anklang.
8.11.03
Kakerlaken-Marathon der Weltgeschichte
Zum 30jährigen Bestehen des Berlin-Marathons hat sich der legendäre
Kakerlaken-Rennstall von Nikolai Makarov dazu entschlossen, diesem Ereignis auf
spektakuläre Weise seine Reverenz zu erweisen. Im Vorfeld des Rennens
registrierten sich bereits 66 Kakerlaken, maximal 99 sollen teilnehmen dürfen.
Zur besseren Orientierung wird das Spektakel, dessen Startschuß gegen 23 Uhr
erfolgt, durch Videoprojektionen außerhalb der Paris-Bar übertragen, so daß
die Vielzahl sportbegeisterter Passanten den Rennverlauf auch von der Kantstraße
aus verfolgen kann. In der Aufwärmphase des Abends werden Bilder vom gefährlichen
Marathon-Training gezeigt, das die Schützlinge aus dem Rennstall in der
Vorbereitung auf das Event zu absolvieren hatten.
Die bei Makarov unter Vertrag stehenden Langstreckenasse aus der "Formel
K" werden von der Fachwelt zu den unumstrittenen Favoriten gezählt. Zu
ihnen gehört bei den männlichen Kakerlaken u.a. Läufer Ivan, der aufgrund
seiner eisernen Disziplin, schockierenden Kaltblütigkeit und seines eiskalten
Durchsetzungsvermögens von der Gegnerschaft gefürchtet wird.
Seien Sie dabei, wenn die Kakerlaken ihrem ersten Marathon-Wettlauf
entgegenfiebern. Reservierung unter: Tel. (030) 310150 -94, Fax -93
Veranstaltungsort |
Bar
Paris Bar |
PS.
Normalerweise bringt "matrjoschka-online.de" keine Werbung. Aber die
Einmaligkeit des Ereignisses, das nach unserem Ermessen einen Beitrag des in
Berlin wirkenden russischen Künstlers Nikolai Makarow zum russischen Kulturjahr
in Deutschland ist, rechtfertigt die Ausnahme. Meint Iwan Matrjoschkin, Esq.,
mit Kakerlaken gut vertraut und über ein Konkurrenzprojekt in der Gaststätte
Sonnenschein sinnierend.
24.9.03
Im
Studio des Berliner Maxim-Gorki-Theaters wurde
als Beitrag zum Jahr der russisch-deutschen Kulturbegegnungen das Bühnenstück
"Die Hochzeitsreise" vom skandalumwitterten russischen Autor Wladimir
Sorokin aufgeführt.
Als
sich die aus Moskau angereisten Schauspieler
vor dem Publikum im überfüllten Zuschauerraum verneigten, ernteten sie
tosenden Beifall. Allerdings ließen sich in den anschließenden
Gesprächen weniger
Begeisterung, eher Nachdenklichkeit, Betroffenheit und sogar Ablehnung
vernehmen. Sie bezogen sich nicht auf die einwandfreien schauspielerischen und
Regieleistungen, sondern auf die in der dramatischen Vorlage verankerte
Behandlung der für die Deutschen sehr heiklen Fragen. Vor allem die Frage nach
der Verantwortung der gegenwärtigen Generation für die Greueltaten
Nazideutschlands.
Sorokins
Held, Sohn eines hohen SS- Offiziers, fühlt sich zwar für die
Verbrechen des Vaters verantwortlich, aber im Stück wird seine Haltung als
psychische Erkrankung dargestellt
und sogar mit sexuellen Verirrungen in Verbindung gebracht. Die Pathologien
finden ihren Ausdruck in der unbändigen Liebe des Helden zu einer jungen Russin
jüdischer Herkunft. Auf sein Drängen muss sie ihn immer wieder auspeitschen.
Allerdings hat auch sie ein Skelett
im Schrank. Denn Ihre Großmama war
unter Stalin eine Stasi- Untersuchungsrichterin und zeichnete sich durch
besondere Grausamkeit aus.
Das
als eine Parabel gedachte Sujet geht an der historischen Realität mindestens
insofern vorbei, dass die meisten Deutschen die
Bewältigung der
Vergangenheit nicht darin sehen, sich,
wenn auch im übertragenen Sinne, von jemandem auspeitschen zu lassen.
Zwar versuchten die Siegermächte
des Zweiten Weltkrieges, vor allem die westlichen, in der ersten Nachkriegszeit
nicht ohne Erfolg, den Deutschen für immer ein lähmendes Schuldgefühl
einzuimpfen. Aber letztendlich gewann das Land, übrigens nicht ohne russische
Hilfe, seine Souveränität doch
wieder. Auch die geistige Souveränität, die es ihm jetzt ermöglicht, sich
aktiv für die neuen, friedlichen und
konstruktiven Verhältnisse in Europa einzusetzen.
Mit dem auf der Bühne überstrapazierten
Opfer- Täter- Verhältnis hat dieses Engagement
wenig zu tun.
Sicher
wäre es verkehrt, die politische
Messlatte an das Bühnenstück anlegen zu wollen. Aber Sorokins simplifizierende
Interpretation der komplizierten,
vielschichtigen psychologischen Vorgänge
rächte sich auf der Theaterbühne. Und zwar in dem Unvermögen, die Spielzeit
mit wirklich spannendem Stoff auszufüllen. Die eher
peinlichen, als amüsanten Mätzchen,
wie die breitgetretene Vorführung der russischen Wodkasitten als Gegenstück
zur bayerischen Vorliebe für Weißbier oder die dauernden drastischen
russischen Mutterflüche vermochten es jedenfalls nicht.
Insgesamt
also fiel das Spektakel aus dem Rahmen
des russisch- deutschen Kulturjahres. Denn dieser Rahmen verpflichtet, wie man
denken möchte, zu einem gewissen Niveau. Erst recht, wenn es um eine
Theateraufführung geht, die von
den Kulturbehörden beider Länder gesponsert und abgesegnet wurde.
6.2.04
KROKODIL"
Am
12. April um 19.00 öffnet das Kino „Krokodil“ in Berlin seine Pforten.
Es ist kein kommerzielles Unternehmen. Von einem mächtigen, aber kleinen
Häuflein einfallsreicher Freunde der russischen Kultur ins Leben gerufen, will
„Krokodil“ filminteressierten Berlinern und Gästen der deutschen Hauptstadt
Gelegenheit bieten, russische Filme zu
sehen. Sicherlich ist es nicht das einzige Kino, wo solche Filme gezeigt werden.
Aber das einzige, wo sie den Kern des Vorführungsprogramms bilden.
Ein zeitgerechtes Vorhaben.
Denn die russische Filmkunst, einst durch ihre mutigen und innovativen
Produktionen bekannt, ist jetzt dabei, nach einer
langen Stagnationsperiode aus dem Tal der Tränen herauszukommen. Von
Jahr zu Jahr werden in Russland immer mehr Streifen gedreht, die kein Abklatsch
von Hollywood, sondern von Inhalt
und Form her der russischen Eigenart verpflichtet sind und deswegen auch immer
mehr Filmspielpreise erhalten. Sie anzugucken, heißt immer öfter, eine kleine
Reise nach Russland zu machen, ohne sich in Ausgaben stürzen und auf seinen
Urlaub auf Mallorca verzichten zu müssen.
Das bezieht sich auch auf den kurzen Streifen „Heute bauen wir ein Haus“ von
Sergej Losnica und Marat Magambetov, der am Eröffnungsabend des russischen
Kinos „Krokodil“ gespielt wird.
Einst
begann der russische Kultfilm „ Panzerkreuzer Potjemkin“, vom genialen
Filmregisseur Sergej Eisenstein
gedreht, in Berlin seinen Triumphzug durch die Welt. Wie damals, in den
zwanziger Jahren, ist Berlin auch
heute ein Lebensschwerpunkt der weltweiten russischen Diaspora. Vielleicht wird
einmal ein neues Meisterstück
der russischen Filmkunst von Berlin aus die Welt erobern. Wir wünschen,
dass seine Deutschland-Premiere im
„Krokodil“ stattfindet.
Und
jetzt die Anschrift des Kinos Krokodil: Greifenhagener Straße 32, 10437 Berlin, von der S-und Bahn Schönhauser Allee fünf
Minuten zu Fuß. Fon/Fax 030/ 44 04 9298.
2.4.04
Die deutsche Gesundheitsreform ist Quatsch,
meint ein in Berlin tätiger russischer Arzt. Er ist Psychiater und auch
erfolgreicher Filmemacher. In einem Zeitungsinterview sagte er:
„Ich
kann drei Gesundheitssysteme vergleichen. Das amerikanische, russische und
deutsche. Und? Die Probleme sind überall
die gleichen – Beamte, Bürokraten, finanzielle Defizite bei der Umsetzung
neuer Gedanken. Unlösbare Probleme. Kürzlich kaufte ich mit das Buch
„Bekannte Emigranten aus Russland“. Die
gleichen Schwierigkeiten. Hundertprozentig. Und Russland ändert sich nicht. Kürzlich
telefonierte ich mit einem Bekannten, einem Arzt, in Moskau. Er erzählte mir,
es sei wie immer – kein Geld, keine Medikamente, saumäßige Organisation,
Korruption wohin man blickt. Krankenversicherung gibt es und gibt es
nicht. Der Kranke muss seine Operation selbst bezahlen.
Aber
jetzt wird auch das Gesundheitssystem in Deutschland zugrunde geritten. Keine
Frage! Das Chaos, das ich in letzter Zeit in den Kliniken hier erlebe, erinnert
mich an die Sowjetunion der siebziger Jahre. Anstatt den Großkonzernen die
Steuern anzuheben, die bei ihren Milliardengewinnen anderthalb Prozent mehr oder
weniger Steuern überhaupt nicht merken, wälzt die Regierung alles auf die
Rentner ab, die größtenteils eine kleine Rente haben. Jetzt müssen
ausgerechnet sie bei Medikamenten, medizinischen Dienstleistungen zuzahlen,
sodass ihnen praktisch nichts übrigbleibt. Dabei sind es meistenteils Frauen,
die das Nachkriegsdeutschland wiederaufbauten (sechs Millionen Männer sind im
Krieg geblieben) und ein schweres Leben hatten.“
Der
Arzt heißt Igor Berschadski. Die Zeitung „Europa Express“ erscheint in
Berlin in russischer Sprache.
22.3.04Zur Startseite Zur Startseite ZUR STARTSEITE