RUssEN UnTER SiCH FortsetzunG
CHODORKOWSKI UND DIE KATZE
Chodorkowski
ist bekanntlich ein russischer Milliardär, der in Moskau im Kittchen sitzt. Er
wird riesiger Steuerhinterziehung bezichtigt.
Nicht ganz rechtmäßig, vermuten die westlichen Gesetzeshüter. Deshalb schickten sie eine bekannte EU- Politikerin nach Moskau. Sie sollte für mehr Rechtsstaatlichkeit in Russland sorgen.
Leider behinderte die Moskauer Justizbehörde die Tätigkeit der Dame. Was im Westen wiederum als Beweis für die Unvollkommenheit der russischen Justiz gedeutet wird.
Stimmt nicht. Nehmen wir eine Affäre in Moskau, die im Runet z.Z. Schlagzeilen macht. An ihr sind drei Personen beteiligt. Die erste ist ein Staatsanwalt mit dem Namen Nikonow. Die zweite der Veterinär Sadowedow. Die dritte die Katze Maschka, was Mizzi heißt.
Die Katze musste operiert werden. Damit sie nicht unter dem chirurgischen Eingriff leidet, verabreichte der Veterinär Sadowedow ihr eine Spritze. Mit einem Mittel, das in Russland auf der Rauschgiftliste steht.
Davon bekam Staatsanwalt Nikonow Wind und leitete ein Ermittlungsverfahren gegen den Tierarzt ein. Und zwar wegen ungesetzlicher Anwendung von Rauschmitteln an einer physischen Person. Also, an der Katze Maschka-Mizzi.
Anders konnte der Staatsanwalt den Veterinär nicht belangen. Tierquälerei kam nicht in Frage. Denn die Spritze sollte Mizzi von Qualen befreien.
Allerdings versäumte der Delinquent, ihr Einverständnis dafür einzuholen.
Die Amtshandlung des Staatsanwalts löste eine hitzige Debatte im Runet aus. Der Tierarzt fand Fürsprecher. Sie bitten den Staatsanwalt Folgendes zu bedenken. Wenn Mizzi eine physische Person im Sinne des Gesetzes ist, muss sie nicht nur vor der Verführung zum Rauschgiftkonsum geschützt werden. Sie darf dann auch andere Rechte in Anspruch nehmen, die einer physischen Person in Russland zustehen. Auf Grundschulbildung, soziale Absicherung, Wahlbeteiligung usw.
Außerdem empfehlen sie dem Staatsanwalt, sich mehr um die Bekämpfung des Rauschgiftkonsums zweibeiniger Moskowiter zu kümmern. In der Hauptstadt blüht nämlich der Drogenhandel. In jedem öffentlichen Gärtchen, selbst an der Kremlmauer, kann ein zahlungskräftiger Kunde jede Menge Heroin käuflich erwerben. Unter den wohlwollenden Blicken nicht ganz selbstloser Ordnungshüter.
Das sei relevanter als die Narkotisierung der Katze. Zumal es nicht feststünde, ob Mizzi, glücklich operiert, jetzt abhängig geworden ist.
Der Staatsanwalt lässt sich aber nicht beschwichtigen. Er meint, die Strafe soll jeden treffen, der das Gesetz verletzt. Ob Veterinär oder Milliardär , egal. Und ob es um Verletzung der Persönlichkeitsrechte einer Katze oder um eine milliardenschwere Schädigung des Staates geht, auch egal. Gesetz ist eben Gesetz, meint er.
Und da sagt man noch, Russland ist noch kein musterhafter Rechtsstaat geworden.
PS. Von Iwan Matrjoschkin, Esq.
Als Justitiar des Konzerns www.matrjoschka-online.de und deutscher Patriot möchte ich feststellen, dass auch Deutschland ein vorbildlicher Rechtsstaat ist. Das beweist ein Gerichtsverfahren, das in der Uckermark, wo ich gerade das schöne Pfingstwetter genieße, die Gemüter erregt.
Der Sachverhalt: In einem hiesigen Dorf wohnte ein schlauer Kater. Er schlich sich bei einer Familie ins Vertrauen ein, die ihn pflegte und fütterte. Gleichzeitig aber ließ er sich von einer anderen Familie bemuttern. Der gewissenlose Halunke fraß also aus zwei Näpfen.
Die Sache flog auf, als eine von diesen Familien den Kater in Urlaub mitnahm. Seine zweite Familie, die von der ersten nichts wusste, erstattete Vermisstenanzeige. Als der Kater aus dem Urlaub zurück war, flog die Affäre auf. Es entbrannte sich ein Streit um den Kater. Jede der beiden Familien hielt ihn für ihren eigenen.
Die Parteien liefen zum Kadi und stellten somit die brandenburgische Justiz vor eine schwierige Aufgabe. Wem soll der Kater zugesprochen werden, der zwar aus einem Napf unter dem Namen Hektor und aus dem anderen unter dem Namen Bismarck fraß, aber im Grunde genommen dieselbe physische Person ist? Wenn man die Definition des Moskauer Staatsanwaltes Nikonow gebraucht.
Unglücklicherweise behinderte ein Justizskandal in Brandenburg die ohnehin schwierige Entscheidungsfindung.
Dieser steht im Zusammenhang mit Korruptionsverdächtigungen gegen hoch gestellte Gesetzeshüter. Aber die Kateraffäre ist ein schlagender Beweis für die Sauberkeit der deutschen Justiz.
Jedenfalls deute ich, der weltbekannte Rechtsexperte, Iwan Matrjoschkin, Esq., diese Affäre so und nicht anders. Wie auch der Moskauer Katzenprozess in meinen Augen den Triumph der von meinem Freund Wladimir Waldimirowitsch Putin versprochenen Diktatur des Gesetzes in Russland bezeugt.
Es lebe der Rechtsstaat in Deutschland und in Russland. Und das Katzenvolk als sein Schutzobjekt!.
Obwohl ich es persönlich mehr mit den Hunden halte. Und mit den Eseln (siehe die Spalte „In eigener Sache“, von der Startseite aus anklickbar).
30.5.04
DER KREML HAT EINEN PINGUIN GEZÜCHTET
Das ist eine Bilanz der dramatischen Ereignisse im russischen politischen Establishment, gezogen von einem scharfsinnigen Runetanalytiker (ausnahmsweise ist nicht Iwan Matrjoschkin, Esq., sondern eine andere, dem Leser von „matrjoschka-online.de unbekannte Person gemeint). Dieser Witzbold wollte damit sagen, dass das russische Parteiensystem jetzt nicht mehr fliegen kann, wie die Pinguine es auch nicht können. Es kann nur watscheln, ohne in luftige Höhen zu steigen. Denn ihm sind beide Flügel gestutzt- der rechte und der linke. Geblieben ist die Mitte. Zwar fleischig, aber nicht muskulös.
Zu dieser Diagnose brachten den Anatomen die tiefen Spaltungen in zwei Parteien, die unter der links-kommunistischen, beziehungsweise der rechts-liberalen Standarte auftraten. Die erste, die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF). Sie zerfiel in die treuen Anhänger ihres langjährigen Chefs, Gennadi Sjuganow, und die seines wütenden Gegners, erfolgreichen Geschäftsmannes, Gennadi Semigin. Beide Gruppen führten Parteitage durch, bezichtigten jeweils die andere, die heilige Sache verraten zu haben, und schlossen die Rivalen aus der Partei aus. Ob es dabei mit rechten Dingen zuging, wird selbstverständlich heftig umstritten. Fest steht nur, dass beide Gruppierungen in der besten Tradition des Vorgängers der KPRF, der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, handelten, deren Geschichte durch innerparteiliche Säuberungen mit Mord und Totschlag geprägt worden war. Allerdings wird es diesmal wohl nicht so schlimm kommen, da den Diadochen die Waffe der Geheimpolizei fehlt.
Dem russisch- kommunistischen Usus entspricht auch die Beschuldigung der jeweils anderen Seite, mit dem Klassenfeind paktiert zu haben. Darunter ist jetzt der russische Präsident, Wladimir Putin, wenn nicht ausdrücklich (da dieser über eine geheime politische Polizei sehr wohl verfügt) , dann wenigstens stillschweigend gemeint. Er soll sich durch die Popularität der Wendekommunisten bedroht sehen und deshalb durch seine Agents Provokateur den Spaltpilz in die Partei getragen haben.
Allerdings ist das kaum anzunehmen. Der Präsident hat keine Gründe, sich so furchtbar vor der KPRF zu ängstigen. Bei den jüngsten Präsidenten- und Parlamentswahlen in Russland erlitt die KPRF eine katastrophale Niederlage, indem sie nur auf etwa die Hälfte der Stimmen der vorangegangenen Wahl brachte.
Eine noch größere Wahlniederlage führte auch zum Zwist auf dem anderen, dem rechten Flügel des russischen Parteiensystems. Hier wurde vor allem die liberale Partei „Jabloko“, bei den Wahlen aus dem Parlament katapultiert, betroffen. Auch hier dasselbe Bild : Spaltung, Absetzung des Chefs (Grigori Jawlinski, der es allerdings fertig brachte, seine Gegner auszutricksen). Zwar hörte sich die verbale Vernichtungsschlacht weniger blutrünstig an, aber die schönen Worten wie Verrat u.ä. waren auch hier zu hören. Vor allem im Zusammenhang mit der Finanzierung der Partei durch die Neureichen, die zum Teil bereits aus dem Ausland agieren.
Mit
den hier kurz skizzierten Vorgängen kontrastiert stark das Erstarken von zwei
Parteien der Mitte, die üblicherweise als Kremlparteien oder Parteien der Macht
gelten, und zwar sind es „Einiges Russland“ und „Rodina“ (das
Vaterland). Sie kontrollieren jetzt
die Duma, das russische Parlament, bauen ihre regionalen Filialen aus und
besetzen immer mehr Stellen im Staatsapparat. Ihr Banner ist der Präsident,
ihre Ideologie- das, was er sagt, ihre Lebenssäfte fließen ihnen nicht aus der
Vergangenheit wie der KPRF und nicht aus dem Ausland wie „Jabloko“ und den
anderen Liberalen zu, sondern aus der Nähe zur Staatsmacht. Und das ist
wohl der beste Lebensspender im heutigen Russland.
Ob die Staatsmacht tatsächlich, wie behauptet, dafür gesorgt hat, dass das russische Parteiensystem mutiert, bleibt ungewiss. Unser Chefpolitologe, Iwan Matrjoschkin, Esq., verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass der Vogel auch früher, vor der Verwandlung in Pinguine, kaum fliegen konnte. Er sollte auch nicht fliegen, sondern als Alibi für den Westen dienen, der unbedingt wollte, dass Russland ihm ganz ähnlich würde und drohte, ihm nicht aus der Patsche zu helfen. Jetzt ist eine andere Situation eingetreten. Russland, von den Wohltätern aus dem Westen enttäuscht, erhebt sich peu a peu selbst auf die Beine und braucht nicht mehr so zu tun, als ob. Na, und? Ist denn ein Pinguin, der nicht fliegt, nur watschelt, kein netter Vogel?
5.7.04.
STREIT
AM VERSÖHNUNGSTAG
Nach russischem orthodoxem Brauch wird am Ostersonntag allen Feinden verziehen. Menschen treffen sich, sprechen den Satz „Christus ist auferstanden“, und erhalten die Antwort „Wahrhaftig auferstanden !“, dann küssen sie sich. Damit ist die Versöhnung vollzogen. Alle werden zu Brüdern in Christi.
Ein schöner Brauch.
Umso mehr bedauert es unser Team, dass zum Tag der Versöhnung ein Streit innerhalb der russischen orthodoxen Kirche ausbrach. Den Streitgegenstand lieferte eine Süßwarenfabrik in Sankt- Petersburg. Sie brachte Schoko-Eier mit kleinen Papageien drinnen in den Handel. Nach den Helden eines in Russland populären Trickfilms „Die Rückkehr des verlorenen Papageis“ gestaltet.
Das wäre halb so schlimm, aber die Fabrik begehrte von der Kirche die Segnung der Produktion. Daran schieden sich die Geister der Orthodoxie. Die einen Kirchenfürsten waren dafür. Sie meinten, Eier wären Eier. Ob vom Huhn oder von der Süßwarenfabrik. Die anderen stemmten sich entschieden dagegen: Schoko - Eier wären keine richtigen und dürften nicht gesegnet werden.
Nun wurde vom Patriarchen das letzte Wort erwartet. Nach eingehender Beratung mit Theologen, versteht sich. Er schweigt. So bleibt der Keim einer neuen Spaltung der Kirche bestehen.
Das matrjoschka- team hat sich positioniert. Ausgenommen Iwan Matrjoschkin, Esq., der verdächtigt wird, zum Papismus konvertieren zu wollen, unterschrieb einen Appell an den Patriarchen, in der Eierfrage sein Urteil zu fällen. Und zwar zu Gunsten der Schokolade.
Schließlich muss auch die Kirche mit der Zeit gehen.
DIE OFFENBARUNG DES VORSITZENDEN SCHIRIK
Mit dem Vorsitzenden der Liberal-Demokratischen Partei Russlands, Wladimir Schirinowski beschäftigte sich „Matrjoschka- online“ mehrmals. Und das war richtig. Denn obwohl viele den Mann und seine Partei für eine zwar bunte und giftige , dennoch aber für eine Eintagsfliege hielten, zeigte die Zeit, es ist nicht so. In den letzten Jahren sind viele russische Politiker samt der Parteien bedeutungslos geworden. Schirinowski und seine LDPR gehörten nicht dazu. Nach einer Baisse, offensichtlich durch Putins Aufstieg herbeigeführt, ging es mit der LDPR und ihrem Chef wieder aufwärts. Bei den Parlamentswahlen am Ende 2003, als die wahren liberalen Parteien Russlands aus dem Parlament katapultiert wurden, verdoppelte der falsche Hase, die LDPR, ihre Ausbeute an Stimmen.
Als Folge stieg Schirinowski, wie die Russen sagen, die Pisse ins Gehirn (моча в голову ударила). Darauf deutet sein Interview der durchaus seriösen Runetzeitung Utro.ru, das wir etwas gekürzt übernehmen. Übrigens bescheinigt sie dem Interviewten ein waches Gefühl für Veränderungen in der russischen Gesellschaft, die er früher als andere wahrnimmt und ausbeutet. Auch deswegen empfiehlt es sich, das Interview zu lesen. Also, sagte der Vorsitzende „Schirik“:
Nach Putin übernehme ich in Russland die Macht. 2008. Nach den nächsten Präsidentschaftswahlen.
Meine Stützen sind das russische Volk, die orthodoxe Kirche. Mein Ziel: die Wiederherstellung des Landes. Der jetzige Präsident sagt, wir müssen unsere imperialen Ambitionen vergessen. Ganz im Gegenteil, wir müssen uns an sie erinnern.
Mich kennt man im ganzen Land, in aller Welt. Sieben Millionen Menschen haben mir am 7. Dezember bei den Parlamentswahlen ihre Stimme gegeben. Soviel wie ganz Schweden! Ganz Schweden hat für mich gestimmt.
Genien werden nur einmal im Jahrhundert geboren. In Russland war es Lenin. Im 20. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert waren es in Frankreich Napoleon, in Deutschland Bismarck. Im XXI. gibt es niemanden außer mich , der Russland glücklich machen könnte. Putin hat es nicht geschafft.
Was werde ich tun? Vor allem brauche ich mehr russische Bürger, mehr Bevölkerung. Deshalb – totales Abtreibungsverbot. Zwei Millionen Bürger verlieren wir jährlich durch Abtreibungen. Dem muss man ein Ende setzen.
Weiter. Wiedereinführung der Todesstrafe, damit die Kriminalität zurückgeht. Unendgeldliche Bildung, dreizehn Jahre lang. Mindesteinkommen - 3-4 tausend Rubel im Monat, Höchsteinkommen 50.000 Rubel. Die Schere darf nicht mehr als das Zehnfache betragen, bei uns liegt sie jetzt beim Siebzigfachen.
Alle Energieressourcen, die Schwerindustrie und das Transportwesen sollen dem Staat gehören. Nur der Handel und die Dienstleistungen bleiben privat. Amnestie dem geflüchteten Kapital, damit das Geld aus dem Ausland nach Russland zurückfließt.
Die Bevölkerung hält unterm Kissen fast 90 Milliarden US-Dollar. Wir gründen eine Bank und ich persönlich garantiere die Sicherheit der Einlagen und die Auszahlung der Zinsen (zwei Prozent)..
Die Oligarchen gehören nicht ins Gefängnis oder nach London, sondern müssen alles Geld in die russische Wirtschaft investieren.
Russland hat alles, nur eins nicht – einen Führer mit eisernem Willen. Davon hängt alles ab. Hätte Jelzin Abtreibungen verboten, hätten die Leute sie heimlich gemacht. Wenn ich es sage, werden Kinder zur Welt gebracht.
Unter mir wird es keine Kriminalität geben, keine ethnischen Konflikte, nur die Anhebung der Gehälter, des Lebensniveaus und das Anwachsen der Geburtenrate.
Wir brauchen Zensur. Keine Meldungen über Verbrechen im Land und in der Welt. Das bringt nichts, jeden Tag Horrorbilder zu zeigen: Schießen, Morden, Erdrutsche, Brände, Geiselnahmen, Kriminelle. Keinerlei negative Information darf in die Medien. Wir werden nur Blumen, Festivals, Feiern, Komödien – alles heile Welt zeigen, in der nur gelacht wird. In der Alle gesund und zufrieden sind. Die Welt ohne Überschwemmungen und Erdbeben.
Erst dann wird die Bevölkerung gesund. Anders bringen wir sie um. 145 Millionen Menschen machen wir Stress. Dann rennen sie zum Arzt, nehmen sich das Leben, verlassen die Familie, verweigern den Wehrdienst...
Für all das reicht mir ein Jahr. Klar, nicht alles ist in der Zeit zu schaffen. Aber alle werden sicher sein, dass ihnen Wohnung und Arbeit garantiert sind, die kostenlose medizinische Behandlung, billige Kredite – alles bestens eingerichtet!.
Mit den Verbrechern. werde ich kurzen Prozess machen. Eine neue Gendarmerie muss her. Sie wird die Kriminellen gleich am Ort des Verbrechens abknallen. Bei Fluchtversuch, bei Widerstand gegen die Staatsgewalt – auf der Stelle totmachen. Keine Gerichtsverhandlungen, keine Anwälte. Erschießen und basta. Zuerst gibt’s natürlich `ne Menge Opfer. Aber das gibt sich.
Außenpolitik. Alle amerikanischen Militärstützpunkte in Mittelasien müssen weg. Sofort. Transkaukasien kommt unter unsere Obhut. Baltikum und Weißrussland erst recht. Den russischfreundlichen Kräften in der Ukraine helfen. So wird der Unionsstaat wiederaufgerichtet. Sein Name: Union der freien sozialistischen Republiken. Kurz: SSSR. Wie gehabt.
Die Amerikaner sind feige, sie verschwinden aus Mittelasien, wenn wir es fordern. Die NATO wird nicht mehr an unsere Grenzen vorrücken. Im Baltikum werden die russischen Schulen nicht mehr zugemacht..
Jetzt sind in Katar drei unserer Diplomaten festgenommen worden. Eine Frechheit. Die Antwort: Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Katar. Ausweisung des Botschafters, Einsperrung von dreißig Bürgern Katars. Sondertruppen des Geheimdienstes nachts in Katar absetzen und die Hauptstadt in die Luft sprengen. Dann kommen unsere Leute sofort frei und kein Mensch in der Welt wird sich je wieder an einen russischen Diplomaten heranwagen. So macht man das!
Der Irak drei teilen : der nördliche Teil, Kurdistan, unter russische Kontrolle, der südliche unter britische, Bagdad unter amerikanische. Wir werden das Öl als Ausgleich für die Schulden Iraks an Russland pumpen.
Nordafghanistan, Tadschikistan und Turkmenistan zu Russland, den Rest von Afghanistan den Amerikanern.
Alle Einflusssphären zwischen Moskau und Washington teilen. Das alte Europa geht sowieso am Stock. China blockieren, damit es sich nicht noch weiter expandiert.
Neue Waffen auf alle Hauptstädte der „Acht“ richten. Alle nehmen wir aufs Korn: Washington, London, Berlin, Paris, Tokio, Rom usw. .
Dann wird man anders mit uns reden.
Also, geht jedem neuen Tag mit Optimismus entgegen und denkt an den März 2008, wenn das Land endlich das Staatsoberhaupt erhält, das es verdient. Dann richtet sich Russland auf. Jetzt ist es gebrechlich, versoffen, halb verhungert, arbeitslos. Aber es wird anders. Ich schaffe das – das ist mein Lebensziel.
PS: Iwan Matrjoschkin, Esq, , um einen Kommentar gebeten, verweigerte es. Aus der Gaststätte „Sonnenschein“ ließ er die Redaktion wissen, er will sich die Zukunft nicht verbauen. Und diese sieht er auf dem russischen Botschafterposten in Berlin unter dem RF- Präsidenten Wladimir Schirinowski.
Das Redaktionskollegium verurteilte einstimmig den Opportunismus seines Allroundexperten.
Iwan M. reagierte darauf mit dem Rat an die Puppen, sich mit Zwieback zu versorgen. Сушите сухари! - hat er gesagt. Er meinte - für eventuellen Gefängnisaufenthalt. Unser Team hat es nicht ernstgenommen, aber richtete an Herrn Joschka Fischer eine Anfrage, ob im Falle des Falles eine Auslieferung in Frage kommt. Die Antwort bleibt noch aus, da sich Herr Fischer einen ausgedehnten Osternurlaub gönnt.
8.4.04
SHIRINOWSKI IN BERLIN
In Berlin fand ein Journalistentreffen mit Wladimir Schirinowski, Vize- Speaker der Staatsduma und dem Vorsitzenden der liberal-demokratischen Partei Russlands statt.
Einer der schillerndsten und umstrittensten Politiker Russlands, Held vieler Skandale und Verfasser mehrerer, durch ihren unüblichen Tonfall aufsehenerregenden Bücher nutzte die Gelegenheit, sich umfassend als Bewerber für den Präsidentenposten in Russland zu präsentieren. Obwohl er selbst äußerte, dass die Vakanz erst 2016 frei wird, da der heutige Präsident früher den Kreml kaum verlassen würde.
Vielleicht deshalb zeichneten sich die Ausführungen Shirinowskis über Europa insgesamt und Deutschland im Besonderen durch eine gewisse, für ihn unübliche Zurückhaltung aus. Zwar hob er immer wieder hervor, dass Russland in Europa nicht die Sympathien genieße, die es verdiene. Dennoch gab er einer weiteren Annäherung zwischen Russland und Europa eine gute Chance und zog die europäische Option Russlands allen anderen vor.
Hart wie immer rechnete Shirinowski mit den USA ab. Er klagte die Supermacht an, viele Länder der Welt in die absolute Abhängigkeit bringen zu wollen. Gleichzeitig aber behauptete er, die USA hätten den Zenith ihrer Machtentfaltung bereits überschritten. Nach seiner Meinung würde der von ihm geortete Niedergang im beschleunigten Tempo weitergehen. Er sagte den USA voraus, in zehn- fünfzehn Jahren in der tiefsten Krise ihrer Geschichte zu stecken. Dagegen befinde sich Russland bereits auf dem Wege zur Wiederherstellung seiner Wirtschaft und seines weltpolitischen Einflusses.
Zur Hauptquelle der Konflikte in der heutigen Welt erklärte der Vize- Speaker der Staatsduma die ethnischen, kulturellen und konfessionellen Gegensätze zwischen den Völkern. Es sei unverantwortlich gewesen, das Selbstbestimmungsrecht der Völker als das Recht auf den Austritt aus den multinationalen Staaten zu interpretieren. Daran sei die Sowjetunion gescheitert und der Konflikt in Tschetschenien sei auch darauf zurückzuführen. In diesem Zusammenhang ging Shirinowski hart mit den baltischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion ins Gericht. Er beschuldigte sie, besonders Lettland, die zahlreiche russische Minderheit zu diskriminieren, den russischstämmigen Mitbürgern die politische und soziale Gleichstellung mit der Titularbevölkerung zu verweigern.
Die Pressekonferenz plätscherte friedlich dahin, bis der Politiker, offensichtlich gelangweilt, einen Ausflug in die Philosophie unternahm. Er eröffnete den Anwesenden, dass es keinen Gott gebe und die Liebe zwischen Mann und Frau auch nicht mehr als das fromme Märchen sei. Unter den Anwesenden kam es zur Unruhe, aber da lief schon die für das Treffen eingeräumte Zeit aus.
Der Auftritt des russischen Politikers, dessen drastische Ausdrucksweise und mitunter skurrile Gedanken oft belächelt werden, stimmte die anwesenden Journalisten diesmal nachdenklich. Immerhin steht er einer politischen Partei in Russland vor, die im Unterschied zu manchen anderen, darunter der Kommunistischen Partei, bei den letzten Wahlen in der Wählergunst nicht nur nicht gesunken ist, sondern sogar einen beträchtlichen Sprung nach vorn verzeichnete.
9.6.04