R*U*S*S*L*A*N*D IN E*U*R*O*P*A
F*O*R*T*S*E*T*Z*U*N*G
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Russland
in Europa (Fortsetzung)
RUSSISCHE
PROGRAMMISTEN SIND
SCHMUGGELWARE GEWORDEN
Um
ein Haar wäre ein russischer Programmierer ins Ausland entführt
worden. Der Moskauer sollte zur Arbeit in der fremde gezwungen werden. |
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Nach
мк.ru Im
allgemeinen ist festzustellen, dass wir, die Russen, mit jedem Tag
in der Welt an Wert gewinnen. Wann endlich kapieren es die
Deutschen? 25.9.03
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EU UND RUSSLAND
In der Europäischen Akademie zu Berlin fand eine Tagung zum Thema “Russland vor den Duma- und Präsidentschaftswahlen und die Konsequenzen für das Verhältnis zur EU“ statt.
Die bevorstehenden Wahlen in Russland ziehen mehr und mehr die Aufmerksamkeit der deutschen Russlandexperten auf sich. Kaum jemand von Rang in dieser kompetenten Riege zweifelt an der großen Bedeutung der Konstellation der russischen politischen Kräfte für die Zukunft Deutschlands, des gesamten Europas. Man kennt die Geschichte. Man weiß Bescheid über die Spätfolgen der Isolierung Russlands nach der Großen Revolution 1917. Hätten die führenden europäischen Mächte, die Sieger des Weltkrieges, damals konsequent den Kurs auf Einbindung Russlands ins europäische Nachkriegssystem verfolgt, wäre dem alten Kontinent vielleicht einiges erspart geblieben. Jedenfalls hätten es die Urheber des Weltkrieges Zwo, die auf der Hefe des Antikommunismus und der Russenphobie in Europa an Einfluss gewannen, es schwerer gehabt. Und ihre feindlichen, von der Bürgerkriegsmentalität gezeichneten Brüder in Russland auch.
Damals hieß es, Russland dürfe wegen seiner Ausrichtung auf die Weltrevolution im europäischen Konzert keinen Platz erhalten. Das Russland von heute ließ seine Verirrungen von gestern fallen. Dennoch wird auch dieses andere Russland auf Distanz gehalten. Vom Kooperationswillen wird zwar auf beiden Seiten viel gesprochen. Getan aber weniger als nötig, um einer Entfremdung Russlands vorzubeugen. So, wenn es um die Bewegungsfreiheit der Russen in Europa geht. Oder um einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, ohne Zollschranken für russische Exporte. Die Investitionen der EU- Länder in die wirtschaftliche Entwicklung Russlands, auch wenn sie in der letzten Zeit steigen, bleiben hinter den vorhandenen Möglichkeiten zurück.
Es gibt also keinen Grund, mit der Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und Russland übermäßig zufrieden zu sein. Das klang in den Vorträgen in der Europäischen Akademie durch. Auch die Sorge ließ sich vernehmen, dass die Osterweiterung der EU, bei der Russland ausgespart bleibt, die Situation, gelinde gesagt, nicht gerade verbessert.
Was
aber den in den Vorträgen angesprochenen Zusammenhang
zwischen den bevorstehenden Wahlen
in Russland und der Russlandpolitik der EU angeht, lässt er sich auf ein
russisches Sprichwort reduzieren: „kak
auknetjsja, tak i otkliknetjsja“. Auf Deutsch: “Wie man in den Wald ruft, so
schallt es zurück.“ Also darf man sich nicht wundern, wenn der eine oder
andere Demagoge in der Wahlpropaganda in Russland seinem Hass auf Europa freien
Lauf lässt. Und vielleicht sogar bei den Wahlen
besser abschneidet, als es den Anhängern
der Integration Russlands in Europa wünschenswert
erscheint.
24.8.03
EIN VERSPÄTETER ZUSATZ
Da eine aufdringliche Leserin unbedingt wissen wollte, wie unser Team die wiedergegebenen Ausführungen der Russen einschätzt, haben wir uns nach Konsultationen in den konferenznahen Kreisen zu folgender Stellungnahme entschlossen:
Der EU- Druck auf Russland hat wohl etwas damit zu tun, dass mit der EU-Osterweiterung eine folgenreiche Auseinandersetzung verstärkt einsetzt. Es geht um den Pelz des russischen Bären. Damit ist (vorläufig!) nicht der ihm an die Knochen angewachsene gemeint, sondern der wohlfeil erworbene Pelz. Ohne Umschweife zu sagen, die Randgebiete der ehemaligen Sowjetunion.
Sowohl die USA als auch die EU sehen darin ihre Interessensphären. Im Wettbewerb um die Pfründe, deren Besitz die Rivalität der beiden Giganten vielleicht einmal entscheiden wird, ist aber die russische Einstellung von Bedeutung. Wer Russland wohlgesonnen ist, der hat bessere Chancen, sich in der ehemaligen sowjetischen Peripherie festzuklammern. Denn Russland hat auch nach dem Zerfall der Sowjetunion dort einiges zu sagen. Alte Liebe rostet nicht.
Wenn die EU Russland vorwirft, sich insgeheim der Osterweiterung zu widersetzen und die Staaten des ehemaligen sowjetischen Imperiums schlecht zu behandeln, hat der sanfte Druck einen Hintergrund, der über das hinausgeht, was offiziell verkündet wird. Russland soll zum Entgegenkommen bewegt werden.
Wie soll sich Russland verhalten? Unser Forschungszentrum, geleitet von Iwan Matrjoschkin, Esq., erarbeitet jetzt eine geheime Denkschrift, die dem Kreml zugeleitet werden soll. Soviel ist aber bereits klar: vor die Wahl zwischen der EU und den USA gestellt, muss sich Russland für Europa entscheiden. Sonst droht den Russen das gleiche Schicksal wie den Rothäutigen und den Wisenten in der Prärie.
29.2.04
In der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik ging ein internationales Treffen zu Ende, das den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland galt.
Die Veranstalter nannten dieses Treffen Seminar. Aber nach der hochkarätigen Teilnehmerliste zu urteilen, ist die Bezeichnung zu bescheiden. Insbesondere, wenn man sich die russische Teilnehmerliste anschaut. Aus Moskau kamen nämlich führende Parlamentarier, einflussreiche Kremlberater, weltweit bekannte Politologen. Es war ein Beweis dafür, wie viel Bedeutung in Russland der weiteren Entwicklung der guten Zusammenarbeit mit der EU beigemessen wird.
Auch die Diskussionsbeiträge der russischen Teilnehmer zeugten davon. Wie der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses der Staatsduma Konstantin Kosatschow und der stellvertretende Außenminister Russlands Wladimir Tschishow der Presse verrieten, traten die Russen dafür ein, dass die im Zusammenhang mit der bevorstehenden EU- Osterweiterung noch offen gebliebenen Fragen einvernehmlich gelöst werden. Entgegen der durch die Medien geisternden Berichte denkt Russland nicht daran, auf die EU Druck auszuüben. Es will nur, dass die EU das Partnerschaftsabkommen mit Russland einhält. Ein Abkommen, das zusicherte, die Änderungen in der EU würden zu keiner Benachteiligung Russlands führen.
Das heißt unter anderem, dass der EU- Beitritt der osteuropäischen Länder, die traditionelle Handelspartner Russlands sind, zu keiner Drosselung russischer Exporte führt. Dieser unerwünschte und keinem der Beteiligten dienende Effekt würde aber unweigerlich eintreten, wenn die neuen EU- Mitglieder von Heute auf Morgen den EU- Quotenregelungen unterworfen werden. Die russischen Experten beziffern in diesem Fall die Verluste der russischen Exporteure mit 150 Millionen Euro jährlich.
Die russischen Seminarteilnehmer verwehrten sich auch dagegen, dass die EU-Osterweiterung den Visavorhang vor Europa für Russen noch höher macht. Das tritt aber ein, wenn die EU- Einreiseregeln auf die neuen EU- Mitglieder übertragen werden, ohne Erleichterungen für russische Bürger in Aussicht zu stellen.
Auch der Verkehr zwischen dem nach der EU- Osterweiterung zu einer russischen Enklave in der EU werdenden Kaliningrader Gebiet und dem russischen Mutterland ist noch bei weitem nicht gesichert. Zwar ist es gelungen, eine halbwegs annehmbare Lösung für den Personenverkehr zu finden, aber was den Güterverkehr angeht, muss diese noch gesucht werden.
Die russischen Experten verwiesen auch darauf, dass die EU gegenüber Russland nicht selten die Politik des doppelten Standards verfolgt. Dort, wo es politisch opportun erscheint, wird auf Menschenrechte gepocht. Wenn es aber um die Diskriminierung der russischen Bevölkerungsteile in Lettland und Estland geht, die demnächst in die EU aufgenommen werden sollen, drückt man in der EU beide Augen zu.
Die Russen stellten fest, dass die Legitimität dieser und auch einiger anderer russischen Sorgen in der EU nicht offen bestritten wird. Dennoch werden die Schlussfolgerungen für die EU- Praxis nicht gezogen. Es liegt im Interesse Europas, dass das anders wird. Sonst kann es passieren, dass die EU- Osterweiterung der darüber hinaus gehenden europäischen Integration, die um Russland, dem größten europäischen Staat, keinen Bogen machen darf, schadet. Und somit auch die Chancen Europas, den ihm angemessenen Platz in der Welt zu wahren und auszubauen, mindert. Das will Russland nicht und die anderen europäischen Staaten wohl auch nicht.
24.2.04
EU-OSTERWEITERUNG
Täglich berichten die deutschen Medien über die verstärkte Aktivität der Bundesregierung in den neuen Ländern der Bundesrepublik .
In der letzten Zeit begeben sich der deutsche Regierungschef und seine Kabinettsmitglieder immer öfter in die neuen Bundesländer, was die akute wirtschaftliche Situation in Ostdeutschland offensichtlich erfordert. Tatsächlich bekommen die Ostdeutschen allen Unbill der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung doppelt so schmerzlich zu spüren wie der andere Teil der Bevölkerung der Bundesrepublik. Eine Ursache dafür ist die Deindustrialisierung Ostdeutschlands, die gleich nach der deutschen Wiedervereinigung einsetzte und trotz des vielzitierten Programms Aufbau Ost weiter andauert. Der doppelte Anteil der Arbeitslosen, die Finanzkrise der Länder und Kommunen, die zunehmende Abwanderung der Jugend sind nur einige Folgen. Die härtesten Analytiker, die nicht unbedingt recht haben müssen, sprechen schon von der schleichenden Verelendung Ostdeutschlands. An die einst versprochenen blühenden Landschaften erinnert man nur, um Frust und Wut zum Ausdruck zu bringen.
So wurde Ostdeutschland zu einem wunden Punkt in der Strategie der deutschen Regierungskoalition, die versucht, wieder Tritt zu fassen. Bevor es endgültig zu spät ist.
Aber die Aktivitäten der Bundesregierung haben jetzt noch einen Grund, der nicht so sehr mit der Innen-, sondern mehr mit der Außenpolitik zu tun hat. In wenigen Tagen wird die EU- Osterweiterung perfekt. Je näher aber der Termin kommt, desto mehr stellt sich heraus, dass die neue Etappe der europäischen Integration in der ostdeutschen Bevölkerung stark umstritten ist. Naturgemäß am meisten in den ostdeutschen Ländern, die voraussichtlich davon unmittelbar betroffen sein werden. Darunter und vor allem in den Grenzgegenden zu Polen, wo hohe Besucher aus Berlin besonders oft weilen.
Es geht hier nicht so sehr um die bekannten Spannungsherde in den beiderseitigen Beziehungen wie der von den USA durch die unsinnige Gegenüberstellung des „alten“ und „neuen“ Europa angeheizten Streit um den Irakkrieg. Auch die Auseinandersetzungen über die EU- Verfassung oder um die Einrichtung eines Vertriebenenzentrums in Berlin regen die hiesige, insbesondere die ländliche Bevölkerung nicht sonderlich auf. Aber die Aussicht auf die Öffnung der Grenze für viel billigere polnische Arbeitskräfte und für den billigen Warenstrom schrecken einen mecklenburgischen Bauern oder Kleinunternehmer auf, der auch jetzt um seine Existenz hart kämpfen muss. Trotz der Zusicherungen Berlins, denen er nach den Erfahrungen des letzten anderthalb Jahrzehnts sowieso sehr skeptisch gegenübersteht.
Wie tief die Beunruhigung geht, sagt die Tatsache, dass in diesen ostdeutschen Gegenden das Wiedererwachen des Fremdenhasses, vorwiegend in Bezug auf die Polen, festgestellt wird. Es gab auch Übergriffe, deren Vermehrung die hiesige Polizei nach dem Vollzug der EU-Osterweiterung mit viel Sorge erwartet.
Für alle, die mit der europäischen Integration die Hoffnung auf eine neue politische Atmosphäre verbanden, ist diese Entwicklung sehr enttäuschend. Den Bemühungen des deutschen Bundeskanzlers und seines Teams, vorbeugend und aufklärend zu wirken, wünschen sie deswegen Erfolg. Russland macht dabei keine Ausnahme, schon aus dem Grunde, weil es in seinem westlichen Vorfeld die Spannungen am wenigsten gebrauchen kann.
15.4.04
Der Tag der internationaler Solidarität der Werktätigen droht in diesem Jahr eine merkwürdige Gestalt anzunehmen. Diese Vermutung schöpfte man auf einer zweitägigen Gewerkschaftskonferenz in der deutschen Hauptstadt.
Die Konferenz galt den Folgen der EU-Osterweiterung, die am ersten Mai dieses Jahres besiegelt wird. Zehn neue Mitglieder treten der EU bei. Und zwar unter Bedingungen, die den Einfluss der Gewerkschaften in der Europäischen Union keineswegs stärken.
Das stellten die Konferenzteilnehmer, darunter der DGB-Chef Sommer, fest. Sie mussten das Scheitern der Bemühungen einräumen, der sich nach Osten erweiternden EU mehr soziale Verantwortung einzupflanzen. Im Gegenteil, es sei zu erwarten, dass der Beitritt der Länder Osteuropas den Druck auf die sozialen Versicherungssysteme in den EU-Kernländern, vor allem in Deutschland, beträchtlich erhöht.
Die neuen Mitglieder bringen nämlich eine unerfreuliche Mitgift ein. Diese ist durch strukturelle Wirtschaftsschwächen, eine noch höhere Arbeitslosigkeit als die in der EU, ein viel niedrigeres Niveau sozialer Leistungen geprägt. Es ist zu erwarten, dass von der Bevölkerung des "alten" Europas neue Opfer eingefordert werden. Und zwar mit der bereits mehrmals ins Feld geführten ultima ratio, man müsse den drohenden Standortnachteilen entgegenwirken. Sonst wandere das Produktionskapital über die Grenze. Und mit ihm Arbeitsplätze und die für die soziale Absicherung unerlässlichen Steuergelder.
Selbstverständlich wurde auf der Konferenz auch die Frage aufgeworfen, was die Gewerkschaften tun können, damit die EU-Osterweiterung nicht zu einem weiteren Absinken der sozialen Leistungen in den EU-Kernländern führt. Jener sozialen Leistungen übrigens, die gerade die Gewerkschaften den Unternehmern in einem Jahrzehnte langen Kampf abgetrotzt haben und die zum markantesten Zug des modernen Kapitalismus mit menschenfreundlichem Gesicht werden sollten.
Leider lauteten die Antworten auf diese Frage nicht gerade überzeugend. Auch weil der Versuch, in der EU- Verfassung mehr Rechte für Arbeitnehmer und ihre Verbände zu verankern, scheiterte. Zusammen mit dem von Deutschland favorisierten Verfassungsprojekt. Möglicherweise nicht nur infolge der Gegensätze zwischen den EU- Staaten, sondern auch weil die Verfassung die Handlungsfreiheit des Großkapitals etwas einschränken könnte.
Last not least musste die Konferenz auch deswegen einen russischen Journalisten etwas enttäuschen, weil in dem einleitenden Referat und in den Diskussionsbeiträgen selbst das Wort "Russland" kaum vorkam. Zwar gehört Russland bekanntlich nicht zur EU und sein Beitritt steht nicht auf der Agenda der europäischen Integration, aber zu Europa gehört es allenfalls. Und die EU-Osterweiterung darf die russischen Interessen nicht beeinträchtigen. Geschieht es, sind neue Konflikte in Europa vorprogrammiert. Dies würde die wirtschaftliche und soziale Situation in der erweiterten EU keineswegs erleichtern.
Auch von diesem Standpunkt aus müsste die fällige, beiderseitig günstige Neuregelung der Beziehungen zwischen der EU und Russland die europäischen Gewerkschaften nicht kalt lassen.
Andererseits verspricht die sich abzeichnende Diskriminierung der russischen Exporte auch den russischen Arbeitnehmern nichts Gutes. Und diese dürfen wohl von der auf der Konferenz beschworenen internationalen Solidarität nicht ausgeschlossen werden. Jedenfalls wenn die Traditionen der europäischen, insbesondere der deutschen Gewerkschaftsbewegung nicht in der Rumpelkammer der Geschichte landen sollen.
6.2.04
In Berlin trafen sich Vertreter der deutschen Öffentlichkeit mit den persönlichen Beratern des russischen Präsidenten Wiktor Iwanow und Sergei Jastrschembski.
Viele Teilnehmer dieses gut besuchten, vom führenden deutschen Experten Alexander Rahr moderierten Treffens gingen zum Hotel „Adlon“ an dem russischen Botschaftspalais Unter den Linden vorbei. So konnten sie sehen, wie sich hier in diesen Tagen Blumen türmen. Es sind Zeichen der Solidarität der Berliner mit dem russischen Volk in einem schweren Augenblick seiner Geschichte. Neben den Blumensträußen lag Spielzeug, darunter viele Teddybären. Berliner Kinder wollen ihre Plüschtiere den Altersgenossen im fernen Beslan zukommen lassen. Damit diese wissen, dass sie im Unglück nicht allein sind. Einige Berliner ließen es nicht mit Blumen und der Eintragung in die im Gebäude hinter dem Zaun ausgelegten Kondolenzbücher bewenden. Sie arrangierten eine Art Kundgebung mit der Forderung nach mehr Solidarität mit Russland.
Ähnlich verhält es sich an den konsularischen Vertretungen Russlands in München, Leipzig und anderen Städten Deutschlands. So war es nur natürlich, dass die hochkarätigen russischen Gäste ihre Vorträge mit Worten der Dankbarkeit an die Deutschen begannen. Sie hoben die Bedeutung der Solidarität im Kampf gegen den internationalen Terrorismus hervor, der jetzt notwendigerweise in eine neue Etappe tritt.
Das Thema ihrer Vorträge hatte damit viel zu tun. Sie sprachen über die Zusammenarbeit Russlands mit der EU. Die beiden russischen Experten äußerten ihre Zufriedenheit mit ihrer Entwicklung. Sie analysierten, wie die Beziehungen in Wirtschaft, Außen- und Sicherheitspolitik, auf dem Feld der inneren Sicherheit und in der Kultursphäre vorangehen. Ihr Fazit hieß, dass viel geleistet wurde, viel aber noch angepackt werden muss. Sowohl die EU als auch Russland sind darauf angewiesen, alle Reserven der Zusammenarbeit auszuschöpfen. Es erfordert ihre Zukunft. Je enger und produktiver die Zusammenarbeit ist, desto weniger Chancen haben die Terroristen und ihre Hintermänner, diese Zukunft negativ zu beeinflussen.
Verständlich, dass es in diesen Tagen vor allem um die Gewährleistung der Sicherheit des großen Europas ging, eines, das sich nicht auf die EU begrenzt, sondern auch Russland einschließt. Eine Sicherheit, die zwar die Abwehr der terroristischen Attacken im Mittelpunkt hat, aber viel mehr vorsieht. Darunter die Energieversorgung Europas mit russischen Energieträgern. Die Unterbindung der illegalen Migration und der Überschwemmung Europas mit Rauschgiftmitteln. Die Verhinderung der Geldwäsche und ähnlicher Finanzmanipulationen als Quellen der Finanzierung des Terrorismus und vieles andere mehr, was die EU und Russland nur gemeinsam zustande bringen können.
Darüber
sprach einer der führenden Sicherheitsexperten Russlands, General Viktor Iwanow.
Er berichtete über die auf mehr Sicherheit gerichteten Anstrengungen Russlands.
Diese sind mit großem Aufwand
verbunden. Selbst die Festigung der russischen Grenzen im Süden erfordert viele
Milliarden Euro. Sie muss aber erfolgen, um den Missbrauch ihrer heutigen, von
der Sowjetunion geerbten Grenzentransparenz zwischen den ehemaligen
Sowjetrepubliken durch eine normale Grenzkontrolle zu ersetzen.
Auch die Logistik des Zusammenwirkens der Sicherheitsdienste von Russland
und der EU liegt noch zum Teil im Argen. Der Fortschritt auf diesem Feld
setzt eine weitgehende Angleichung der Gesetzgebung voraus,
die Schaffung eines gemeinsamen Rechtraumes, die Kompatibilität der
Strukturen. Im Auftrag des Präsidenten wird in Russland
daran intensiv gearbeitet.
Der andere russische Gast, Sergei Jastrschembski, sprach unter anderem über die Sicherheit im Informationsbereich. Die Terroristen und ihre Hintermänner nutzen intensiv moderne Kommunikationsnetze, um ihr verbrecherisches Tun als Freiheitskampf hinzustellen. Es ist deswegen wichtig, dass die Öffentlichkeit umfassend informiert wird. Jastrschembski äußerte die Hoffnung, dass die Tragödie in Beslan den EU- Europäern das wahre Bild des internationalen Terrorismus vor Augen geführt hat.
Beide Experten betonten, dass Russland bei all den in Betracht gezogenen Maßnahmen sowohl das internationale Recht strikt befolgen wird, als auch auf die Zusammenarbeit mit der UNO und anderen internationalen Organisationen setzt. Sie sprachen vom guten Willen der deutschen Bundesregierung, die viel tut, damit das russische Anliegen in Europa und weltweit richtig einschätzt wird und auf Entgegenkommen trifft.
Nach
den Vorträgen fand ein reges Frage-Antwort- Spiel statt. Es zeigte, dass
die deutsche Öffentlichkeit an
Russlands Kampf gegen den Terror
regen Anteil nimmt, aber auch, dass viele ihrer Vertreter eine andere
Vorstellung von den Methoden dieses
Kampfes haben als die meisten Russen. Umso sinnvoller sind Treffen wie das im
Hotel „Adlon“. Sie dienen der
Verständigung in einer für beide
Länder existenziellen Frage. Letztendlich jener Zusammenarbeit bei der Bekämpfung
des Terrorismus, die am Tag nach der Veranstaltung in einer gemeinsamen Erklärung
des deutschen Bundeskanzlers und des russischen Präsidenten noch ein Mal
angemahnt wurde.
10.9.04
Offiziell
wird die EU- Osterweiterung in Deutschland als ein sehr erfreuliches
Ereignis gefeiert. Nichtsdestoweniger
blickt die deutsche Bevölkerung
diesem historischen Schritt
besorgt entgegen.
Wahrlich kann niemand dem hiesigen Establishment vorwerfen, es hätte nicht sein Bestes getan, um alle Deutschen rechtzeitig aufzuklären. Im Gegenteil, es wurde nichts unversucht gelassen, um die Vision eines vereinten Europas unter die einfachen Menschen zu bringen. Damit auch sie die Großartigkeit des bevorstehenden Ereignisses verinnerlichen. Manches andere aber, was auch damit zusammenhängt, aber weniger großartig ist, verdrängen.
Das gute Ziel wurde offensichtlich verfehlt. Die meisten Deutschen blieben skeptisch. Der um zehn osteuropäische Länder erweiterten EU trauen sie nicht über den Weg. Gewiss ist diese Haltung der epochalen Bedeutung der EU- Osterweiterung unangemessen. Aber sie ist so. Davon zeugen Meinungsumfragen.
Allerdings
passiert hier vieles, was das
Publikum nachdenklich macht. So verlagern die deutschen Großunternehmen eifrig
ihre Produktionsstätten in den
EU- Osten, wo die Löhne nur
ein Bruchteil der deutschen erreichen.
Der deutsche Arbeitnehmer dagegen darf stempeln gehen, wie es in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts, in der Zeit der großen Arbeitslosigkeit, hieß. Wenn er daran denkt, findet er verständlicherweise wenig Trost darin, dass Europa eins wird.
Aus denselben Gründen freut man sich in Deutschland als Mann/Frau von der Strasse nicht auf den erwarteten, wenn auch zeitversetzten, Ansturm der Arbeitskräfte aus dem Osten. Zwar dürfen die Fremden nicht unter deutschem Tarif bezahlt werden. Es reicht aber, die Kulis aus den slawischen Ländern auf einer Berliner Großbaustelle anzusprechen, um sich zu vergewissern, wie schwierig sich die Bestimmung durchsetzt.
Diesen Billiganbietern ist der deutsche Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt leider nicht gewachsen, auch wenn er qualifizierter ist.
Gegen
die Realitäten des Alltags kommt
die großartige, aber etwas abstrakte
Idee des vereinten Europa nicht
auf. Zwar ist sie auch für den
Mann von der Strasse attraktiv. Aber es wird ihm immer bewusster, dass die
Inanspruchnahme der Segnungen der EU- Erweiterung
von einem EU- Bürger mit einem nicht gerade prall gefüllten
Portemonnaie problematisch ist. Und vor allem, dass das
jetzt zu erwartende Tauziehen um die wirtschaftlichen Pfründe auch die
positiven Ergebnisse der EU- Osterweiterung
ins Gegenteil zu verkehren droht. Bereits jetzt entsteht
anstatt mehr Solidarität mehr Misstrauen zwischen den Europäern. Auch
das dämpft die Begeisterung über
den neuen gewaltigen Schritt Europas auf dem Wege zur vollen Integration.
Was die Russen angeht, haben sie jetzt keinen Grund, der EU- Osterweiterung mit gerunzelter Stirn entgegenzublicken. Nach den unlängst in Luxemburg getroffenen Abmachungen zwischen der EU und Russland scheinen die russischen Belange abgesichert zu sein.
Obwohl eine EU- Mitgliedschaft Russlands nicht auf der Agenda des Kremls steht, findet die Idee eines vereinten Europas in Russland nach wie vor Anklang. Nach russischer Vorstellung muss das allerdings ein Europa sein, wo sich die dem Großkapital verpflichtete Brüsseler Bürokratie nicht wie eine Superregierung aufspielt. Ein Europa, wo auch die Völker die Route mitbestimmen dürfen. Eine solche EU würde wohl vom sprichwörtlichen Mann von der Strasse angenommen. In Deutschland, Russland und anderswo. Aber vorläufig ist sie noch Zukunftsmusik.
30.4.04
In der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik hatten drei führende Politologen aus Russland die Gelegenheit, sich zu den Beziehungen zwischen Russland und der EU zu äußern.
Es ist wohl in Deutschland kein einschlägiger Verein da, der zum Verhältnis der EU zu Russland noch keine Veranstaltung durchgeführt hätte. Vermutlich weil die deutsche Öffentlichkeit mehr darüber wissen möchte, ob Russland der EU nicht dafür grolle, dass es, auch nach der jüngsten EU- Osterweiterung, draußen geblieben ist.
Bekanntlich unterscheiden sich DGAP- Veranstaltungen zu Russland oft dadurch von manchen anderen, dass daran nicht nur deutsche, sondern auch russische Experten teilnehmen. Diesmal waren es markante Vertreter ihres Fachs. Sie versicherten, Russland beabsichtige nicht wie ein armer Verwandter an die zugeschlagene EU- Tür zu klopfen. Es beabsichtige, die bereits bestehende Partnerschaft mit der EU weiter zu entfalten. Wobei es jetzt vor allem darum geht , einen für den wirtschaftlichen Austausch günstigen rechtlichen Raum zu schaffen. Es komme darauf an, die insgesamt Russland freundlichen Absichtserklärungen der EU mit einem konkreten Inhalt zu ergänzen. Jetzt, wo die nach der EU- Osterweiterung entstandene Eintrübung der Beziehungen vorbei ist, muss es möglich sein.
In diesem Zusammenhang zeichnete der Wirtschaftsfachmann Michail Deljagin ein optimistisches Bild der russischen Wirtschaft. Unter Putins Präsidentschaft entwickele sie sich dynamischer, als man bei seinem Machtantritt hoffen konnte. Die Steigerungsrate sei zwei-vier Mal höher als der EU- Durchschnitt. Russland würde von westlichen Investoren entdeckt. Leider versteifen sich die eigenen Geldsäcke auf die Ausfuhr von Rohstoffen und Energieträgern. Die bearbeitende Industrie bleibt vernachlässigt und hinkt derjenigen in der EU mehrere Jahre hinterher. Dies bremst die Anhebung des Lebensniveaus der Bevölkerung und die Aufnahmefähigkeit des Binnenmarktes.
Etwas widersprüchlich bewerteten die DGAP-Gäste die Befindlichkeit der russischen Bevölkerung. Es gab die Meinung, die Russen sollten sich vom Standpunkt, ihr Land sei etwas besonderes, trennen. Aber auch eine andere Meinung wurde geäußert. Sie lief darauf hinaus, Russland ist eben anders, als manche anderen europäischen Staaten. Das müsse aber seiner Hinwendung zu Europa nicht hinderlich sein, dessen Stärke immer die Vielfalt war.
Optimistisch schätzten die Experten die Aussichten der russisch-deutschen Annäherung ein. Die in der Geschichte wurzelnden Animositäten seien in Russland so gut wie überwunden. Die Meinungsumfragen zeugen davon, dass das Wunschbild der Russen eher die deutschen Zustände sind als diese in anderen Ländern des Westens. Inklusive die USA. Denn Deutschland kommt den Russen nicht nur als ein wohlhabendes, sondern auch als ein sozialgeprägtes Staatswesen vor.
Bei
diesen Worten schmunzelten einige von zahlreichen deutschen Besuchern der
Veranstaltung.
Eine
Äußerung des deutschen Bundespräsidenten hat eine Diskussion in
Deutschland ausgelöst.
Sinngemäß sagte Horst Köhler, dass das wirtschaftliche Gefälle zwischen dem Westen und dem Osten Deutschlands auf absehbare Zeit bleibe. Politiker und Massenmedien in Ostdeutschland reagierten darauf mit Aufregung, die teilweise an Empörung grenzte. Sie wollen nicht wahrhaben, dass sich die Ostdeutschen auf Jahrzehnte mit schlechteren Lebensbedingungen als die Westdeutschen abfinden müssen.
Dass die Voraussage dieses Echo hervorrief, hängt mit dem mentalen Erbe der DDR zusammen. In der DDR, wie übrigens auch in der Sowjetunion wurde gepredigt, man sei kein Spielzeug anonymer, das Leben beherrschender Wirtschaftskräfte. Es hieß, nicht die Wirtschaft soll den Menschen beherrschen, sondern der Mensch die Wirtschaft.
Deshalb haben die Ossis die Vision der goldenen Berge und Milchflüsse, respektive schöne Landschaften nach der Wiedervereinigung wohl etwas zu ernst genommen. Sie glaubten, die Regierung des wiedervereinigten Deutschland wäre imstande, das Versprechen zu halten. Aber die Schere zwischen dem westdeutschen und dem ostdeutschen Lebensniveau blieb. Sie wurde nicht kleiner, eher schon größer. Nicht weil die deutsche Regierung so wollte, sondern weil sie die wirtschaftliche Entwicklung wenig beeinflussen kann. Die Wirtschaft wird von den Kräften dominiert, die nicht vom Wählervotum abhängen, weitgehend anonym bleiben und zu einem großen und immer größer werdenden Teil international agieren.
Die Erfahrung hat sozial-psychologische Folgen. Nach einer vor kurzem hier veröffentlichten Umfrage wünschen sich vierzig Prozent der Westdeutschen wieder die Mauer. Weil sie die Wiedervereinigung als Ursache der heutigen Belastungen empfinden. Aus demselben Grund wünschen sich noch mehr Ostdeutsche dasselbe.
So ändert sich unter dem Einfluss dem fallenden Lebensniveau die Psychologie. Die viel gerühmten abendländischen Werte bleiben auf der Strecke.
Ähnliches passiert übrigens in Russland. Wie viele Russen die Öffnung des Landes gegenüber dem Westen für die Ursache ihres niedrigen Lebensniveaus halten, lässt sich schwer sagen. Aber auch sie gibt es bestimmt sehr viele. Und das färbt auf die Einstellung der Russen zum ganzen Spektrum der westlichen Werte ab.
Dabei sollten die deutsche Wiedervereinigung und die europäische Einigung nicht unbedingt dazu führen, dass es den Menschen im Osten Deutschlands und in Russland nun Jahrzehnte lang viel schlechter gehen musste als denen im Westen. Hätte man sich nicht nur im Osten, sondern auch im Westen zum Umdenken entschlossen, wäre es vielleicht anders gekommen.
Aber im Osten hat man unter dem Druck des Westens die Planwirtschaft in den Abfallkorb der Geschichte befördert. Auch mit jenen ihrer Eigenschaften, die nicht wertlos waren. Im Westen dagegen wurde die Marktwirtschaft erst recht zur heiligen Kuh gemacht. Auch mit jenen ihren Eigenschaften, die eine gründliche Korrektur bedurften. Es hieß, die Marktwirtschaft würde schon alles richten, wenn man ihr nur freien Lauf lässt. Aber leider war dem nicht so.
Nun hat der deutsche Bundespräsident, der bekanntlich viel von der freien Wirtschaft versteht, vor Illusionen gewarnt. Allerdings kam die Warnung etwas zu spät. Das bei der Wiedervereinigung Versäumte ist nicht leicht nachzuholen. Wie auch das nicht, was während der Perestroika in Russland versäumt wurde.
13.9.04
Entgegen den meisten Prognosen ist die PDS, obwohl sie hier als einziger Wahlteilnehmer viel zugelegt hat, nicht zur stärksten Partei in Brandenburg geworden. Vermutlich, weil ihr Wahlprogramm keine wahre Alternative zur sozial-politischen Lage anbot und somit kein richtiger Magnet für einen Teil der Protestwähler wurde.
Es
wäre zu einfach, dafür die Programmatiker der PDS verantwortlich zu machen.
Sie sind in einer schwierigen Lage.
Notgedrungen manövrieren sie zwischen
zwei Gefahren. Die eine, mit der kommunistischen Praxis in der DDR oder der
Sowjetunion in Verbindung gebracht zu werden. Die andere, das eigene,
unverwechselbare Gesicht zu verlieren. Im Ergebnis blieb die PDS
blass. In ihrer Wahlpropaganda übte
sie sich in der Bemängelung der äußeren,
negativen Erscheinungen der gegenwärtigen
bürgerlichen Demokratie und der freien Marktwirtschaft in Deutschland.
Übrigens stecken die Postkommunisten auch in anderen osteuropäischen Ländern in dem selben Dilemma. Auch sie müssen eiern. Das macht das politische Spektrum um eine grelle Farbe ärmer.
Wem es letztendlich zugute kommt, zeigte das Wahlergebnis der NPD in Sachsen. In ihrer Wahlpropaganda versuchte die neonazistische Partei, den militanten Nationalismus an den Mann zu bringen. Mit spektakulärem Erfolg.
Auch anderswo deutet sich eine ähnliche Gefahr für die europäische Ordnung an, wie sie sich vor 15 Jahren, nach der großen Wende im Osten des Kontinents etabliert hat. Einer alternativlosen Ordnung, wenn man das neonazistische Regiment oder das Chaos des internationalen Terrorismus für keine Alternativen hält.
20.9.04
Der Jahrestag der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wurde diesmal besonders intensiv gestaltet. Vielleicht sollte damit der Stimmungstrend in der Bevölkerung aufgefangen werden. Denn, wie Umfragen zeigen, wachsen in der deutschen Bevölkerung die Zweifel daran, dass die Wiedervereinigung eine gelungene Sache war. Ob mit recht oder nicht, verbindet eine immer größere Zahl der Bundesbürger in Ost und West mit der einst von ihnen herbeigesehnten Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands ihre gegenwärtigen Troubles.
Sicherlich
wäre es zu simpel, von der oftmals emotionell gefärbten
Beantwortung der zumeist suggestiv
gestellten Fragen der Meinungsforscher auf die wahren Überzeugungen
der Deutschen zu schließen. Vermutlich
hat die weitaus größte Mehrheit
in Deutschland die
unvergängliche Bedeutung der
Überwindung der deutschen Teilung, welche die Überwindung
der europäischen Teilung einleitete,
verinnerlicht. Der 3. Oktober 1990 ist für sie ein Markstein auf dem
Wege zu einem dauerhaften Völkerfrieden und der Kooperation auf dem Kontinent.
So empfinden das Datum auch die
Europa bewussten Nachbarn Deutschlands, einschließlich
die Russen.
Der diesjährige Festtag der deutschen Einheit hatte auch einen andren besonderen Zug. Die Gewerkschaften, die PDS und die linken Splitterparteien nutzten ihn für Aufmärsche gegen die soziale Politik der Regierung. Vor allem in Berlin.
Allerdings war es den Veranstaltern nicht gelungen, viele Protestierer auf die Strasse zu bringen. Vielleicht weil die Menschen meinen, die Chancen, die soziale Ordnung des vereinten Deutschlands anders, als sie ist, zu gestalten, sind nicht besonders groß. Es gab sie zwar , als die Wiedervereinigung auf der Tagesordnung stand. Aber dann war der Zug abgefahren. Und seine Route bestimmt nicht mal die Regierung in Berlin, sondern das internationale Großkapital, das den Wegfall von Grenzen für den Ausbau seiner Macht missbrauchte.
So waren die Aufmärsche, die aus unerfindlichen Gründen von einem starken Polizeiaufgebot begleitet wurden, nicht sehr beeindruckend. Die feurigen Parolen der Veranstalter fanden in der Menge eher ein laues Echo. Viel lebhafter ging es an Würstchen- und Bierständen an der Route der Märsche. Hier fanden sich die Ossis und die Wessis in trauter Gemeinschaft zusammen. Und sparten nicht an den Gaumenfreuden, obwohl ihre Plakate von der drohenden Verelendung sprachen.
Auf diese unspektakuläre Weise lieferten die Marschierer doch einen guten Beitrag zur Feier des Tages. Ohne das zu wollen, bekräftigten sie die von den führenden deutschen Staatsmännern artikulierte Idee von dem im wiedervereinigten Land geeinten Volk. Wahrlich sitzen alle Deutsche in einem Boot. Und vielleicht ist das gut so.
4.10.04
Im Berliner Hauptsitz der Konrad- Adenauer- Stiftung fand ein gut besuchtes Symposium unter dem Motto „Neuer Nachbar im Osten: Russland und die Europäische Union“ statt.
Es gibt wohl in Deutschland keinen einschlägigen Verein, der noch keine Veranstaltung zum Verhältnis der EU zu Russland durchgeführt hätte. Die KAS- Veranstaltung hob sich aus der Reihe durch die Teilnahme hochkarätiger Experten und Politiker aus Deutschland und Russland heraus. Darunter waren der außenpolitische Sprecher der CDU- CSU - Fraktion des Deutschen Bundestages, Dr. Friedbert Pflüger, der stellvertretende Vorsitzende der Duma- Fraktion von der Partei „Einiges Russland“, Walerij Bogomolow, führende Vertreter der Deutsch-Russischen- Parlamentarier Gruppe, bekannte Politologen und Wirtschaftsexperten. Durch ihre politische Vergangenheit unterschiedlich geprägt, fanden sie jetzt alle einen politischen Standort, den sie selbst als rechts von der Mitte definierten. Wer aber daraus ableitete, dass es zu keinem Austausch von politischen Hieben kommen würde, irrte sich. Denn es kam zu einer lebhaften Debatte, die mitunter über die bei solchen Veranstaltungen üblichen Grenzen der political Correctness hinausreichte. Vor allem wenn es um die Frage ging, wie der Dialog zwischen Russland und Deutschland gestaltet werden soll. Als ein Dialog zwischen dem gestrengen Lehrer und einem unterbemittelten Schüler oder auf gleicher Augenhöhe.
Obwohl der stellvertretende Vorsitzende der CDU-CSU- Bundestagsfraktion, Wolfgang Schäuble, an seine deutschen Kollegen eindringlich appellierte, von der Behandlung Russlands von oben herab abzusehen und in gut gewählten Worten von dem riesigen Beitrag Russlands zur europäischen Zivilisation sprach, wurde seine Mahnung kaum beherzigt. Die Gastgeber schlugen immer wieder in die alte Kerbe. Sie holten Fragen hervor, die auf russischer Seite für Befremden sorgten. Der Krieg in Tschetschenien, die Veränderungen in der russischen Medienwelt, die Verhaftung des Multimilliardärs Michail Chodorkowski und einige andere mehr, deren adäquate Darstellung ein gewisses Verständnis für die russische Geschichte voraussetzt.
Da die Russen ihre deutschen Kollegen darauf hinwiesen, diese aber hart blieben, steigerte sich die Spannung. Bis dem russischen Parlamentarier, Walerij Bogomolow, der Kragen platzte und er mit der Frage nach der Legitimation der deutschen Gastgeber konterte, die Gäste aus Moskau verhören zu wollen. Er machte die deutschen Symposiumsteilnehmer darauf aufmerksam, dass es eine ganze Menge von Fragen gibt, die Demokratie und soziale Gerechtigkeit in Deutschland im Zwielicht erscheinen lassen. Aber die Russen maßen sich nicht das Recht an, die Deutschen zu belehren. Warum suchen die Deutschen Haare in der russischen Suppe? Wäre es nicht produktiver, in einem Dialog ausfindig zu machen, wie der Realisierung der strategischen Partnerschaft beider Länder mehr beizutragen wäre?
Die deutschen Gastgeber waren vom Gefühlsausbruch des Gastes aus Moskau sichtlich betroffen. Allerdings sorgte er auch für Heiterkeit im Publikum, da seine Beispiele der Mängel der deutschen Demokratie etwas gewollt wirkten. So seine Erwähnung der vor mehreren Jahren verhängten Strafe gegen den Vater vom Tennisstern Steffi Graf wegen Steuerhinterziehung als Gegenstück zu Chodorkowskis Affäre. Auch der alte Hut von Berufsverboten in der Bundesrepublik der sechziger Jahre bewies nur eins: die russischen Politiker sollten die von ihren Referenten gelieferten Informationen über die Zustände in Deutschland kritisch unter die Lupe nehmen.
Weniger kontrovers verlief der zweite Teil des Symposiums, und zwar über Wirtschaftskooperation im europäischen Raum. Auf dem Feld konnte Russland mit eindeutigem Fortschritt seiner Wirtschaft auftrumpfen. Auch damit, dass es nicht nur keine fremden Finanzhilfen mehr bräuchte, sondern im Gegenteil wesentlich zur wirtschaftlichen Sicherheit seiner Partner beiträgt. So liefert es 35 Prozent vom in Deutschland verbrauchten Erdgas und 30 Prozent vom Erdöl, wie auch einen beträchtlichen Teil der Düngemittel, Erze und Metalle und anderer Rohstoffe nach Deutschland.
Nach dem Symposium kamen Gastgeber, Gäste und das zahlreiche Publikum zum unpolitischen Teil des Programms. In den im Garten der Stiftung aufgestellten Zelten feierten sie ein Sommerfest, das die etwas dick aufgetragenen Meinungsverschiedenheiten vergessen ließ.
1.7.04
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