Zur
Startseite
DER RUBEL ROLLT |
||||
Das
Imperium Chodorkowskis unter Druck Der
weltweit viertgrößte und in Russland größte
Erdölkonzern JUKOS steht unter dem Druck der russischen
Gesetzeshüter Einer der größten JUKOS – Aktionäre
und zweitwichtigste Manager der Erdölgesellschaft Platon Lebedew wurde festgenommen und verhört. Verhaftet ist der Chef für
innere und ökonomische Sicherheit von JUKOS, Alexej Pitschugin.
Weltweit wird jetzt nach dem
JUKOS Mitarbeiter und ehemaligen Chef der „Osterdölgesellschaft“
Ramil Burganow gefahndet. Für jeden fand sich etwas. Einer wird verdächtigt,
ein Aktienpaket gestohlen zu haben. Dem anderen wird zweifacher
Auftragsmord zur Last gelegt. Usw.
Die Aufregung um den größten Konzern des Landes,
durch die Ermittlungen gegen drei seiner Manager provoziert, ist kein
Zufall. Es ist eine Botschaft für die Russen, dass sich JUKOS in den Händen
von Mördern, Gaunern und Dieben befindet und diesen genommen werden
muss. Diese Botschaft kommt an. Die Russen haben die
Oligarchen und überhaupt die Reichen gefressen. Außerdem
macht das Gerücht die Runde, der verhasste
Chodorkowski wolle
den Volksliebling Putin aus dem Kreml vertreiben und deswegen den
Oppositionsparteien Geld zuspielt.
Vielleicht aber liegt der wahre Grund darin, dass
die Gesetzeshüter selbst ein Stück des Kuchens, also von
JUKOS schlucken oder ihren Geldgebern zuschieben
wollen. Stimmt das, dann heißt es, dass die Kräfte, die im Lande die
gesetzliche Ordnung sichern sollen, sich der Erpressung schuldig machen.
Sie pfeifen darauf, wie es den Tausenden bekommt, die bei JUKOS in Lohn
und Brot stehen. Nach Dni.ru 4.7.03
IN
DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR AUSWÄRTIGE POLITIK FAND EINE DEBATTE ÜBER DIE RUSSISCHE WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG
STATT. Vor
Vertretern der deutschen Geschäftswelt und
Volkswirtschaftlern sprach hier
der führende Wirtschaftsexperte der linken Opposition in Russland,
Sergei Glasjew. Obwohl ein Kritiker des Kremls, hob er
die positive Entwicklung der russischen Wirtschaft hervor. Der jährliche
Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes hält sich um die Marke von vier bis
sechs Prozent.
Der Einbruch der russischen Wirtschaft im Krisenjahr 1998 ist
so gut wie überwunden. Russland
verfügt über größere Währungsreserven als je zuvor, tilgt
seine Auslandsschulden, der Rubel ist stabil. Glasjew, der als möglicher
Präsidentschaftskandidat der Opposition
vorgestellt wurde, ließ durchblicken, dass die Wirtschaftsdaten
seinen politischen Freunden kaum eine Chance lassen,
die bevorstehenden Wahlen für die Staatsduma
und das Präsidentenamt zu gewinnen. Zumal die Wirtschaftsstabilität
mit der politischen Stabilität einhergeht, von den meisten Russen
nach ständigen Turbulenzen der früheren Jahre als wohltuend empfunden. Trotzdem
sieht der Gast aus Moskau heraufziehende
Gefahren für die russische Wirtschaft. Sie hängt am Tropf der Energieträger-
und Rohstoffexporte und ist deshalb zu konjunkturempfindlich. Zwar sind
die Löhne und Gehälter in
den exportorientierten Zweigen der russischen Ökonomie stark gewachsen,
insbesondere bei den Managern, deren Einkünfte
in die Millionen Dollar jährlich schießen, aber in den sonstigen
Bereichen verdienen die Menschen viel weniger als vor der Krise 1988 und
vor dem Übergang zur Marktwirtschaft 1991. Etwa 80 Prozent der Bevölkerung
leidet unter Armut. Dementsprechend stagniert die Inlandsnachfrage. In
desolatem Zustand befinden sich
die
Hochschulbildung und Forschungstätigkeit, da der Staat seine Zuschüsse
dafür um das Zehnfache runtergefahren hat, die private Wirtschaft
aber sieht keine Verwertungsmöglichkeit der Innovationen. Etwa die
Hälfte der jungen, als Forscher ausgebildeten Fachkräfte kehrt
der Heimat den Rücken. Die Verluste durch die Abwanderung der
Gehirne sind durchaus mit denen aus der Kapitalflucht zu messen.
Die
Maschinenausrüstung der russischen Industrie ist abgenutzt und veraltet.
Es werden dringend Investitionen
gebraucht, um die Maschinenbestände zu erneuern. Aber die ausländischen
Investoren tun sich schwer,
wenn es um Russland geht. Obwohl der Stücklohn in Russland nur ein
Viertel des westlichen ausmacht. Russland
kann jedoch aus ohne Auslandsinvestitionen seine Wirtschaftsprobleme lösen.
Im Lande selbst ist dafür genug Geld
da, man muss die Superprofite
der Ölmultis nur richtig besteuern.
Bis jetzt zahlen gerade sie wenig Steuern. Ein Paradox: 2/3 des
Nationaleinkommens kommt von der Ausbeutung der Natur. 80 Prozent des
Steueraufkommens aus der Besteuerung der produktiven Arbeit. Umgekehrt
wäre gerecht, da die
Naturressourcen dem ganzen Volk gehören. Es
wäre auch zweckmäßig, weil dadurch die Superprofite der Ölmultis
zur Steigerung der Nachfrage in Russland herangezogen werden würden, so
aber lagern sie zu einem großen Teil in den Banken des Westens.
Eine andere Sache ist die Besteuerung der Unternehmen der
verarbeitenden Industrie, die zurückgefahren werden muss. Insbesondere
insistierte Glasjew darauf, dass der Staat eine
schnelle Anhebung der Löhne und Gehälter in Russland durchsetzt.
Er sieht darin das beste Mittel gegen
Korruption in der Verwaltung und die sonstige Kriminalität, die blüht
wie eh und je. Die
viel gerühmten Reformen wiesen aber in die entgegengesetzte Richtung. Die
Besteuerung der Reichen wurde um 2/3 gesenkt, die Armen müssen immer mehr
Steuern zahlen, sagt Glasjew. Bis
zu diesem Punkt folgten die
Anwesenden den Ausführungen des russischen oppositionellen Politikers
mehr oder weniger zustimmend. Als
sie aber wahrnahmen, dass die Forderungen der von ihm repräsentiertenlinken
Opposition auf mehr Staat in
der Wirtschaft hinauslaufen, meldeten sie ihre Zweifel an. Denn das weckte
Erinnerungen an die sowjetische Zeit, als der Staat die Wirtschaft
beherrschte. Mit den bekannten Ergebnissen.
Sergei
Glasjew sprach übrigens davon, dass seine politischen Freunde aus der
Kommunistischen Partei der Russischen
Föderation einen Wandel
zur Sozialdemokratie ins Auge fassen. Begeisterungsstürme löste
die Mitteilung unter den Anwesenden nicht aus. Sie meinten, das Programm
des Gastes aus Moskau, sollte es zum Programm der russischen Regierung
werden, bewirke nur eins: die Abschreckung der Investoren aus dem Westen. Aber, wie Sergei Glasjew selbst zugab, ist vorläufig eine Weichenumstellung in der russischen Wirtschaftspolitik nicht zu erwarten. Wie in der ganzen Welt, werden auch hier Pferde an der Furt nicht gewechselt. Und das Zugpferd namens Putin ist tüchtig. Drei Viertel der russischen Wählerschaft will es behalten. 14.5.03 WLADIMIR
SEMAGO UND GEORGE W. BUSH Der
Moskauer Neureiche Wladimir Semago verklagte den USA-Präsidenten.
Er will von George W. Bush Schadenersatz.
Seine Firma „Energopromstroi 1“ verlor im Irak 19 Millionen USD,
weil sie, die Kraftwerke
baut, durch den Krieg gehindert wird, die bereits in Angriff genommenen
Projekte im Irak fristgemäß
zu Ende zu führen. Sollte der Verlust nicht zurückerstattet werden,
droht er, das Konto der amerikanischen Botschaft in Moskau
gerichtlich sperren zu lassen. Bis Bush zahlt.
Wir
baten unseren Chefjuristen, Iwan Matrjoschkin, Esq., die Erfolgschance
der Schadenersatzforderung einzuschätzen.
Kommt
darauf an, sagte er. Wenn alle Geschädigten
Ersatz fordern und ihre Anwälte kooperieren, erhält auch
Herr Semago sein Geld zurück. Allerdings sind die USA dann pleite. Und die amerikanischen Semagos
zerreißen Herrn Bush in Stücke. Denn
sie haben den Krieg
nicht deswegen eingeleitet, um zu zahlen, sondern um andere zahlen zu
lassen. Wie stehen die
Chancen Deutschlands,
auch etwas zu erhalten, fragten wir, als treue
Bürger unseres neuen Vaterlandes um die Belange des Herrn Eichel
sehr besorgt, den Chefjuristen. Nicht
schlecht, sagte der Staranwalt. Wenn der deutsche Staat nur die infolge
der spontanen Antikriegsmärsche entstandenen Unkosten der Polizeieinsätze
und der Straßensäuberung vom Urheber des Krieges einfordert, ist das
Problem der Rentenfinanzierung so gut wie gelöst. Aus den
Ausgleichszahlungen für die geschädigten Reiseunternehmen
könnten vielleicht die Defizite des Gesundheitswesens beglichen
werden. Was Not tut, ist
entschlossenes Handeln. „Geld her, Mr. Bush!” soll zu Berlins Devise
werden. Allerdings
räumte Iwan Matrjoschkin, Esq., ein, Mr. Bush. der sich einen
feuchten Lappen um Recht und Gesetz schert, würde sich wahrscheinlich
vor den Zahlungen drücken. Außerdem verfügt er, solange er im Weißen Haus
residiert, auch über die Mittel,
Klagen abzuwehren. So können die Kläger sehr schnell zur Achse
des Bösen addiert werden. Mit entsprechenden Folgen. Nicht alle
Tomahawks sind im Irak eingesetzt. Deswegen
empfiehlt unser Rechtsgelehrte, vor der Einreichung der
Schadenersatzklagen, Mr. Bush zu entmachten. Indem man ihn
zum Kriegsverbrecher erklärt und seinen Auszug aus dem Weißen
Haus erreicht. Geschieht das, erhalten
der Moskauer Unternehmer, Herr Semago,
und andere Kläger, auch die deutschen, ihren
Schadenersatz. 1.4.03 In
Berlin wurde die Repräsentanz
der russischen Finanzgruppe Nikoil geöffnet. Was
bewog den Vorstand einer der stärksten Finanzgruppen Russlands,
in Berlin die Repräsentanz zu eröffnen? Darüber sprach der Präsident
von Nikoil, Nikolai Zwetkow,
auf einer Pressekonferenz in der deutschen Hauptstadt, die
sich reger Teilnahme von russischen und deutschen Journalisten
erfreute. Es ging unter anderem
um die fortschreitende deutsch-russische wirtschaftliche
Zusammenarbeit. Seit dem Jahr 2000 nahm der deutsche Export nach
Russland um 44 Prozent
und der Import aus Russland nach Deutschland um 87 Prozent
zu. Bereits jetzt gehören
deutsche Unternehmer zu
den wichtigsten Investoren in Russland. Dennoch ist das Erreichte nur ein
Anfang. Die in der Finanzgruppe
Nikoil tätigen Manager rechnen
mit einem weiteren beträchtlichen und nachhaltigen Anstieg
des Handelsvolumens, aber auch
der Erweiterung der Wirtschaftskooperation beider Länder. So halten sie es für angebracht, rechtzeitig
den Fuß in die Türspalte zu stellen, um dem steigenden Bedarf
der deutschen Firmen an sachkundigen Informationen über den
russischen Markt und an risikomindernden Finanzinstrumenten
vor anderen russischen Anbietern
entgegenzukommen. Berlin hält die Finanzgruppe, die sich
an einem Drittel aller Geschäftsabschlüsse zwischen den
deutschen und russischen Firmen unterstützend beteiligt, für den
Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in Deutschland sehr geeignet.
Nicht nur als die Hauptstadt Deutschlands, sondern auch weil
in diesem Teil des
Landes die Tradition der wirtschaftlichen
Anknüpfung an den russischen Markt besonders tiefe Wurzel
geschlagen hat. In
ihrer Strategie baut die Finanzgruppe Nikoil auf ihre Kapitalstärke-
immerhin verfügt sie über ein Eigenkapital von 1,2 Milliarden
Dollar- und auf die reichen Erfahrungen vor allem auf dem
russischen, für Deutschland immens wichtig gewordenen Markt der
Energieträger. Die
russische Finanzgruppe sieht ihre geschäftliche Zielsetzungen
durch aktuelle Entwicklung der Beziehungen zwischen Russland und
Deutschland begünstigt. Deshalb
will sie diese Entwicklung unterstützen. Sie engagiert sich für
den von Wladimir Putin und Gerhard
Schröder ins Leben gerufenen Petersburger Dialog. Die Festigung
der Wirtschaftspartnerschaft schafft die
Grundlage der Annäherung beider
Länder auch auf anderen Tätigkeitsfeldern.
Jetzt
geht es darum, dass die deutschen Unternehmer die psychologischen Nachwirkungen der Zeit der wirtschaftlichen
Instabilität in Russland überwinden. Die jüngste
Wirtschaftsentwicklung in Russland wie auch die gesetzgeberische Tätigkeit
der russischen Führung berechtigen nicht die übertriebene Zögerlichkeit
und das Misstrauen. Vertrauen und Optimismus sind angesagt. An der Eröffnung der Repräsentanz nahmen zahlreiche Vertreter der deutschen politischen und Geschäftswelt teil. Mit Ansprachen traten unter anderen der russische Präsident des Petersburger Dialogs Michail Gorbatschow und der Botschafter der Russischen Föderation in Deutschland Sergei Krylow auf. 1.11.02 WO
GELD INVESTIEREN? Das
Runet berichtet über ein wichtiges Treffen in Moskau. In die russische
Hauptstadt kam BDI-Präsident Michael Rogowski in Begleitung führender
Konzernherren aus Deutschland. Die russische Seite wurde vom Pendant zu
Rogowski, Arkadi Wolski, und gleichkarätigen Unternehmern vertreten. Aber
auch von den Regierungsmitgliedern Gref und Kudrin. Es ging um
die Ankurbelung der deutschen Investitionen in die russische
Wirtschaft. Die
Russen versuchten den Deutschen weiszumachen, sie beißen sich ins eigene
Fleisch, wenn sie ihr Geld woanders investieren. Denn von allen möglichen
Investitionsmöglichkeiten, einschließlich in Deutschland selbst, ist
Russland die einzige, wo die Wirtschaft gegenwärtig nicht schrumpft. Außerdem
ist der russische Markt viel größer und die russischen Löhne sind viel
niedriger.
Herr
Rogowski stimmte daraufhin das alte Lied der deutschen Unternehmer an:
Warum sollen wir denn unser Geld in Russland investieren, wenn die Russen selbst ihr Geld woandershin bringen. Er
meinte damit das russische Fluchtgeld: etwa eine Milliarde USD pro Monat. Herr
Wolski setzte ihm auseinander, dass er nicht mehr update sei. Die Russen
parken ihr Geld zwar woanders, um es zu waschen, aber das gewaschene Geld
kommt jetzt nach Russland zurück, weil auch dieses arbeiten und nicht
vermodern soll. Als Beispiel nannte er Zypern.
Auf
der griechischen Insel sind fünfzehn Tausend russische Firmen
registriert. Die russischen
Großunternehmer ziehen es vor, ihr Geld auf Zypern zu deponieren, da sie
dort keine Steuern entrichten und keine unangenehmen Fragen beantworten müssen.
Was sie nicht hindert, im günstigen Augenblick
in Russland zu investieren. Deswegen
steht Zypern nach den Investitionen in Russland an zweiter Stelle
unmittelbar nach den USA, gefolgt von den Niederlanden und Großbritannien.
Erst dann kommt Deutschland. Das Schlusslicht unter den ersten Fünf. Eine
Schande, ist es doch mit den
historischen Erfahrungen Deutschlands, das immer seine schiefe
Wirtschaftslage durch die wirtschaftliche Partnerschaft mit Russland zu
korrigieren suchte, nicht unter
einen Hut zu bringen. Oder will Deutschland
warten, bis die
anderen alle Filetstücke der
russischen Wirtschaft schlucken? Herr
Rogowski deutete daraufhin an, die Russen seien unberechenbar. So werde in
Russland darüber diskutiert, ein Gesetz anzunehmen, das eine
Reprivatisierung der für die
nationale Sicherheit wichtigen Betriebe ermöglicht. Das verunsichere die
deutschen Investoren. Sie wollen Garantien, dass die Betriebe, in die sie
ihr Geld stecken, nicht verstaatlicht werden. Herr
Wolski deutete daraufhin an, die Reprivatisierungsdebatte sei nicht
tierisch ernst zu nehmen. Sie sei mehr für
schlichte Gemüter. Und soll ein Betrieb tatsächlich einmal
verstaatlicht werden, dann nur einer, der tiefrote Zahlen schreibt. So
sprach sich die Creme der deutschen und der russischen Wirtschaft während
des Treffens in Moskau sehr
produktiv aus. Und
das ist gut so, meint der Wirtschaftsexperte des matrjoschka-online
Konzerns, Iwan Matrjoschkin, Esq. Demnächst
will er seine Ersparnisse in die russische Wirtschaft investieren. Wenn er
endlich was spart. 9.10.02 2.ÄRGERLICH: SCHATTENWIRTSCHAFT EIN
RUSSISCHES WEIHNACHTSMÄRCHEN (?) ÜBER
EINEN OLIGARCHEN: ER
HEIßT ROMAN ABRAMOWITSCH, IST MEHRERE
MILLIARDEN DOLLAR SCHWER UND
GOUVERNEUR DER HALBINSEL TSCHUKOTKA GEWORDEN. Sein
Porträt vor dem Hintergrund Tschukotkas(russisches Alaska) zeichnete die
site „Izwestija.ru“. Die matrjoschkas übernehmen keine Verantwortung
für die Ähnlichkeit mit dem Original. Aber als ein Weihnachtsmärchen
(?) ist es immerhin lesenswert. Also...
"Es hat noch niemand fertig gebracht, ihn zuerst zu grüßen.“ Doch
kaum ging einer von uns in den Flur, da kam er ihm auch schon höchstpersönlich
entgegen. Und grüßte...als erster!
Wenn der Gouverneur und die
Einheimischen zusammentreffen, mutet das manchmal seltsam an. “Wie führt er Sitzungen?“ wollten wir von einem seiner Stellvertreter wissen. Er
sitzt ruhig
da, hört zu,
fragt etwas
und geht.
Und sie zahlen nicht. Abramowitsch bat um Saft, doch ausgerechnet den hatte man nicht. Da holte er einen Apfel aus der Hosentasche, aß ihn auf und fuhr weiter. Seitdem sieht der gedeckte Tisch für den Gouverneur in den Rayons
für hiesige Vorstellungen barbarisch aus: Saft, Obst und Gemüse. Abramowitsch aber spülte sich mit dem Wodka nur die Hände, bevor er sich ans Obst und Gemüse machte. Mit der Gesundheit nimmt es der Gouverneur nämlich sehr genau. Mit seiner eigenen und der ihm anvertrauten Leute auf der Halbinsel. Beim Essen im Restaurant „Anadyr“ erzählten zufällige Tischnachbarn, was für eine schlaue Aktion der Gouverneur kürzlich startete. Inkognito machte er sich am frühen Morgen ohne Begleitung auf zu Baustellen, um Mängel, falsche Erfolgsmeldungen oder Diebstähle und die Verantwortlichen dafür herauszufinden und zur Verantwortung zu ziehen. “Was ist auf der Halbinsel Tschukotka zur Zeit am interessantesten für Sie?“ wollten wir wissen. „Die Bautätigkeit“, sagte er ohne Überlegen. „Da sieht man ziemlich schnell das Ergebnis. „Früher beschäftigte mich das Kinderproblem. Da aber scheint jetzt alles gut zu laufen, das System funktioniert.“
„Das Thema Kind ist für ihn ein besonderes“, sagen Eingeweihte.
Abramowitsch ist nämlich Waise. Warum glauben Sie denen, die um etwas bitten, auf Wort, ohne es zu überprüfen?
“Gerade darin besteht meine Berechnung. Manchmal sind die Bitten so
belanglos, dass es einfacher ist, sie zu erfüllen als zu überprüfen. „Wir beten für unseren Gouverneur“, erklärte der Erzbischof von Tschukotka, Diomid. „Ihm haben wir es zu verdanken, dass hier eine Kathedrale gebaut wird.
Als wir mit Abramowitsch darüber sprechen wollten, zuckte er nur mit den
Schultern. „Damit habe ich nichts zu tun. Mein Stellvertreter fragte
mich, ob ich etwas dagegen hätte. Ich überlegte und sagte, ich hätte
nichts dagegen. Das war’s. Kirchen baue ich nicht. Das
ist nicht
mein Metier. Warum ausgerechnet Tschukotka, lautet die am meisten gestellte Frage. Und was immer er darauf antwortet, glaubt niemand. Schwer ist es schon, sich in einen Milliardär zu versetzen, aber wenn man sich anstrengt, klappt es schon. An der Spitze eines riesigen Gebiets zu stehen, ist ein durchaus nachvollziehbarer Wunsch. Besonders
auf der Halbinsel Tschukotka, wo man nicht um die Macht kämpfen muss,
weil sie niemand anstrebt. Als er zum ersten Mal, noch nicht als Gouverneur auf die Halbinsel kam, traf er hier hungernde Menschen. Dann gründete er die Stiftung „Pol der Hoffnung“, über den er mit eigenem Geld soziale Probleme anpacken wollte. Aber die Partnerschaft mit den hiesigen Machtgewaltigen erwies sich als unmöglich. So versuchten diese, statt Tausende notdürftige Kinder aus abgelegenen Siedlungen einige hundert mit Beziehungen ganzjährig in Kurorte zu schicken, dabei Transportkosten und Kleidergeld zu sparen und das Geld sich in die eigene Tasche zu stecken. Da beschloss er, die Macht in die eigene Hand zu nehmen. Bei den Gouverneurswahlen erhielt er 92 Prozent der Stimmen. Wären jetzt Wahlen bekäme er noch mehr. Und bei der Stiftung „Pol der Hoffnung“ konnte nun niemand mehr krumme Sachen machen. “Stimmt es, dass Ihre Manager ihren offiziellen Wohnsitz auf der Halbinsel angemeldet haben, damit die Steuergelder in den Haushalt hier fließen, und dass einige von Ihnen kontrollierte Betriebe juristisch Tschukotka unterstehen, auch zu diesem Zweck?“ Ja, zum Teil ist es so. Die Manager und Firmen, die etwas mit Tschukotka zu haben, zahlen tatsächlich ihre Steuern hier. So
wuchsen die Haushaltseinnahmen im vorigen Jahr um das Achtfache. Allein
die Steuern des Gouverneurs spülten 30 Millionen Dollar ins
Haushaltsbudget. Insgesamt hat Roman Abramowitsch in verschiedener Form
ungefähr 200 Millionen Dollar verausgabt. Und er weiß genau, wofür. So
wurden zum Beispiel die Gruben modernisiert, über zweitausend Leute nach
Zentralrussland umgesiedelt. Alle Schulabgänger erhielten 200 Dollar. Jeder Familie ließ der Gouverneur
einen Sack Mehl und einen Sack Zucker zuteilen. Am 8. März bekamt jede
Frau zum Frauentag eine rote Rose. Auf Tschukotka herrschen so harte Fröste, dass man hier nie eine Rose gesehen hat. „Wir
suchen nach Erdöl. Wenn wir welches finden, wird es eine reiche
Gegend.“
Und nun kam die Frau auf ihn zu und erzählte, ihre Tochter sei doch
gestorben, allerdings an einer anderen Krankheit. Sie sprach ihm dennoch
als Retter größten Dank aus. 9.12.02 WIE WURDE MAN KRÖSUS IN RUSSLAND? Immer
wieder rätseln selbsternannte
Runet- Ermittler über die Herkunft der großen oligarchischen Vermögen
in Russland. Manche verfolgen dabei Spuren, die zum
sogenannten „Gold der Partei“ führen.
1.
Dass die staatstragende Kommunistische Partei der Sowjetunion steinreich
gewesen ist, steht außer Zweifel. Im Unterschied
zu den politischen Parteien des Westens konnte sie beliebige Geschäfte
ohne unerwünschte Einmischung staatlicher
Strukturen betreiben. Diese
waren ihr untergeordnet. Lärm
um unerklärte „Parteispenden“ oder Ähnliches
wäre in der Sowjetunion unmöglich gewesen.
Auch ein Thierse. 2. Feststeht auch, dass das
Geld der Partei in der Perestroika-Zeit verschwunden ist. Keiner
weiß genau, was es
ausmachte, wo es hinging und wo es geparkt ist.
Diejenigen, die davon einiges verraten könnten, sind
„freiwillig“ aus dem Leben geschieden. Zumeist durch einen Sprung aus
dem Fenster eines Hochhauses. Ein kleinerer Teil wurde mit dem Schießeisen
getötet. 3. Tatsache ist, dass in derselben
Zeit riesige Privatvermögen entstanden. Auf wundersame Weise. Die
Namensliste der Zauberlehrlinge ist lang: Beresowski, Gussinski,
Chodorkowski, Potanin, Smolenski und andere. Sie haben eins gemeinsam: die
Herkunft aus dem Nichts. Niedrige Angestellte, verdienten sie in der
Sowjetzeit ihr Zubrot mit kleinen Affären, die sie in Konflikt mit dem
Gesetz brachten und, wie die obengenannte Quelle andeutet, erpressbar
machten. 4. Vom sowjetischen Geheimdienst KGB erpressbar. Diese ehrenwerte Institution tat brav ihre Pflicht, wenn es darum ging, das Geld der Partei vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Noch vor der Auflösung der KPdSU 1991 wurden mit ihrer Hilfe etwa 100 Firmen und Privatbanken mit einem Startkapital von mehreren Milliarden Dollar ins Leben gerufen. Die Neugründungen entfalteten ihre Tätigkeit in einem rechtfreien Raum, da die neuentstandene postsowjetische „Marktwirtschaft“ noch keiner gesetzlichen Regelung unterworfen war. 5. Im Runet wurden merkwürdige
Verpflichtungen der „neuen Russen“ veröffentlicht, die auserkoren
sind, das Geld der Partei aufzubewahren und zu mehren. Harte
Verpflichtungen.
6. Inwiefern die Indizienkette
stimmt, darüber kann man rätseln. Worauf sie hinaus soll, liegt auf der
Hand. Die Oligarchen seien nur Schatzverwalter einer geheimnisvollen
Nachfolgeorganisation der KPdSU. Gesponnen? Schon möglich. Möglich aber
ist auch, dass im Gesponnenen doch ein Körnchen
Wahrheit steckt. 7. Denn der Schatz der Partei konnte
sich nicht in Luft aufgelöst haben. Zwar wollte ihr Gründer Lenin das
Geld abschaffen und das Gold so entwerten lassen, dass daraus sogar
Klobecken gemacht werden. Aber seine Nachfolger hielten von den
romantischen Träumereien der Revolution von 1917 nicht viel. Sie wussten,
dass die Welt vom Geld regiert wird. Vom großen Geld.
7.8.02 In
den Jahren 1988- 1995 wurden aus Russland
250- 285 Milliarden USD wegtransferiert. In den Jahren 1994- 2001 waren es
170 Milliarden. Schwarz! 2001
machte keine Ausnahme. 21 Milliarden USD verließen Russland, um im
Westen zu „arbeiten“. Der Anteil des
Fluchtgelds am gesamten Industrieaufkommen stieg von 19 % (2000)
auf 61 %. Also das, was die russische Industrie
an Geld gewinnt,
geht zu 2/3 ins Ausland. Warum
flüchtet das russische Geld ins Ausland? Weil es sich dort sicherer fühlt
und vermutlich auch mehr bringt. In
Russland selbst fühlt es sich u.a. von der korrupten Bürokratie
bedroht. Diese beansprucht immer mehr. 2001 knapste sie von den Einnahmen der Wirtschaft
das Doppelte des Jahres 2000 ab. Auch
glaubt die russische Wirtschaft wenig an die Zukunft. Obwohl das Geld vom
Energieträgerverkauf die Kassen prall füllt, verschlechtert sich das
Verhältnis zwischen Einfuhr und Ausfuhr. 2001 blieb es zwar noch sehr
positiv, aber erste Anzeichen der Wende deuteten sich bereits an.
Die Folge: Der Rubel verliert an Wert.
Die
Arbeitslosigkeit steigt (8,8 Prozent). Die
Löhne werden wieder nicht pünktlich bezahlt. Lohnschulden etwa 10
Prozent der Lohnsumme. (nach
apn. ru) Bis zu zwei Milliarden Dollar beträgt der Umsatz der Schattenwirtschaft in Russland. Sie beschäftigt etwa zwei Millionen Menschen. Allerdings hatte die Schattenwirtschaft in der Sowjetzeit ein viel größeres Volumen. Die Perestroika sollte ihr- samt Personal- einen Platz an der Sonne sichern und dadurch den Schatten eliminieren. Weit gefehlt. Zwar erhielten die Schattenbosse den Status von Ehrenmännern, dennoch blieb der Schatten, nur die Akteure wechselten. Zum Teil.
IM
RUSSISCHEN HOCHSPANNUNGSFELD
Es
gab in Russland wohl keinen Wirtschaftmanager, dessen Image in der Öffentlichkeit noch
stärker beschädigt wäre. Das
hat viel mit seiner Rolle bei der Privatisierung
der sowjetischen Wirtschaft vor zehn Jahren zu tun. Anatoli Tschubais
setzte damals die sogenannten
Vauchers durch. Auf seinen Vorschlag bekam jeder Sowjetmensch die
Kleinaktie, die einen Anteil am Gesamtvermögen der Sowjetunion sichern
sollte. Sehr gerecht! Schließlich akkumulierte die sowjetische
Staatsindustrie Schweiß
und Tränen und Blut von mehreren Generationen.
Da sich der Staat, früher der einzige Eigentümer, in die Büsche
schlug, was lag da näher, als seinem geschundenen
Arbeitsvolk etwas hinzureichen. Leider
wurde durch die Privatisierung
nur ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung
reich, die anderen gingen leer aus. Das machten die Vaucher möglich.
Durch Geldentwertung und Arbeitslosigkeit, für die Tschubais und
seine Komplizen rechtzeitig sorgten, total verarmt, hatten die Kleinaktionäre
keine andere Wahl, als die attraktiv gestalteten Blättchen abzustoßen.
Zumeist für das Äquivalent
von einigen Broten oder, wenn es hochkam, von einer Wodkaflasche. Den
Tätern der Schattenwirtschaft und ihren Partnern
aus dem Partei- und Staatsapparat
kamen aber die haufenweise aufgekauften Vaucher zugute.
Damit ließen sich die herrenlos gewordenen Betriebe
„bezahlen“. Nie in der
Geschichte wurde ein Staat, letztendlich auch ein Volk, radikaler und
schneller enteignet. Die Folgen für die russische Wirtschaft liegen auf der Hand. Mit den „sozialistischen“ Managern zumeist personengleich, handelten die frischgebackenen Unternehmer nach dem Gebot, zuerst viel Geld und sich dann aus dem Staub machen. Unter ihm lernten die russischen Stromriesen, die Macht zu genießen. Wer die Rechnung nicht bezahlt, wird abgeschaltet. Egal, ob ein Unterhosenhersteller oder ein Atombetrieb, ein Militärstützpunkt oder ein Krankenhaus. Erst recht eine Privatperson. Die Stromrechnung, unter der Sowjetmacht der kleinste Posten in jedem Haushalt, wurde für viele zum Alptraum. Jetzt soll auch die Stromwirtschaft in Russland privatisiert werden. Der Clou: in der Rolle des eifrigsten Privatisierers tritt der staatlich bestellte Direktor auf. Anatoli Tschubais. Mit demselben Argument wie bei den früheren, von ihm gemanagten Aktionen: Das staatliche Monopol muss weg. Zerstückelt, würde die Stromwirtschaft der heilenden Kraft des Wettbewerbs unterworfen. Billigerer Strom wäre die Folge. Dem folgte der Wirtschaftsaufschwung auf den Fersen. Und keiner würde mehr frieren und auf Beleuchtung verzichten müssen. Blühende Landschaften täten sich auf. Allerdings
bläst dem Stromchef starker Wind ins Gesicht. Sein Heilversprechen wird
angezweifelt. Sein Fahrplan führe nur zu einem anderen
Monopol in der Stromwirtschaft. Zum privaten. Zu einem von ihm und
seinen Geschäftspartnern gestalteten. Und dieses sei, wie die traurige
Erfahrung zeige, noch schlimmer als das staatliche. Der
Streit um die Zukunft der Stromwirtschaft droht zu einem versteckten Bürgerkrieg
auszuarten. Tschubais
ist aber seiner Sache sicher. Er glaubt an seinen Stern, weil er sich bis
jetzt im postsowjetischen Russland immer
durchsetzen konnte. Der
rothaarige und etwas schielende Tausendsassa. FORUM In Berlin fand eine breitgefächerte Erörterung der deutschen Investitionsmöglichkeit im Süden Russlands statt. Es ging um die deutsche Beteiligung am Aufschwung einer riesigen Region , die mehrere autonome Republiken und Gebiete der Russischen Föderation umfasst, über eine kreative und handelstüchtige Bevölkerung, unerschöpfliche Naturressourcen und gute Verbindungswegen zu anderen Regionen Russlands und dem Ausland verfügt. Schon vor Jahrhunderten suchte hier die deutsche Wirtschaft nach Anwendung ihres Potenzials. Erst recht strebt sie das jetzt an. Ihrerseits aber kommen südrussische Administrationen und die Geschäftswelt mit ihrem großen Bedarf an Kapital und Know-how diesem Streben bereitwillig entgegen. So nimmt es nicht Wunder, dass im Berliner Hilton Hotel eine Mammutkonferenz mit, sage und schreibe, 205 Teilnehmern aus Russland und mehr als 250 – aus Deutschland zusammengekommen ist. Darunter einflussreiche , Politiker, der russische Botschafter in der Bundesrepublik Sergei Krylow und der deutsche in Moskau – Hans- Friedrich von Plötz, vor allem aber Vertreter der Wirtschaftseliten beider Länder. Präsident Putin richtete an die Teilnehmer eine Begrüßung, die die Bedeutung des Forums für die russisch-deutsche wirtschaftliche Zusammenarbeit hervorhob. Abgehalten fast unmittelbar nach dem deutsch-russischen Summit in Uraler Jekaterinburg, der die weitere Ankurbelung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit anregte, wurde das Treffen der deutschen Wirtschaft mit Vertretern des russischen Südens in einschlägigen Berliner Kreisen, vor allem in den für die deutsch- russischen Beziehungen zuständigen Gremien, als ein Ereignis erster Güte behandelt . Als ein Zeichen dafür, dass in einer Zeit der ausgeprägten Unsicherheit auf dem Weltmarkt von den beiden größten Ländern Europas ein Impuls der Stabilisierung ausgeht und dass ihre weitere wirtschaftliche Verflechtung auch für das gesamte Europa eine wohltuende Wirkung entfalten kann. Im Laufe der zweitägigen Verhandlungen wurden Unterschriften unter Verträge über Investitionen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro gesetzt. Es wurde aber nur als ein recht bescheidener Anfang verstanden. Die Russen halten deutsche Investitionen in der Gesamthöhe von acht Milliarden Euro für kurzfristig realisierbar. Sicherlich keine Peanuts, dennoch sollen die weiteren Aussichten, die sich noch nicht in konkrete Investitionsprojekte überführen lassen, weit darüber hinaus gehen. Zweifelsohne
wird das Forum zur Steigerung
der deutschen Kapitalbeteiligungen in Russland beitragen.
Umso mehr, als dies dem allgemeinen Trend auf dem Weltmarkt der
Investitionen und auch in der deutsch-russischen
wirtschaftlichen Zusammenarbeit entspricht.
In den Pausen zwischen den Gesprächen über die Investitionsprojekte wurde über die Äußerungen des Leiters der russischen Delegation, des bevollmächtigten Vertreters des Präsidenten im Süden Russlands, Viktor Kasanzew, diskutiert. Er nahm die Gelegenheit wahr, zu einigen akuten Fragen der Situation in Russland Stellung zu nehmen. So zur Verhaftung des reichsten Unternehmers Russlands, Michail Chodorkowski. Ohne
allerdings auf anders lautende Meinungen aus der Wirtschaftselite
Russlands einzugehen, behauptete Kasanzew, die aufgeregte Reaktion
auf Chodorkowskis Verhaftung sei übertrieben. In Grunde genommen gäbe sie ausländischen Investoren keinen Grund zur
Beunruhigung. Es ginge nicht um eine, wie immer geartete Offensive
der russischen Staatsmacht gegen das Großkapital, sondern einzig
und allein um die Verfolgung eines schweren Steuerdeliktes. Der
vom Delinquenten geleitete,
viertgrößte in der Welt Erdölkonzern
Jukos bleibe unberührt . Somit zeuge Chodorkowskis
Affäre nicht von einem willkürlichen Eingriff der
Staatsmacht in die Wirtschaftstätigkeit, sondern im Gegenteil von
dem Bemühen, dem Gesetz auch in dieser Sphäre die nötige
Geltung zu verschaffen. Dies komme
den Interessen ausländischer Investoren entgegen. Eine
eher skeptische Resonanz
in den Wandelgängen des Hotels
erhielt die betont optimistische
Einstellung
des Generals a.D. Kasanzew zu den kürzlich in
Tschetschenien durchgeführten Präsidentenwahlen. Entgegen
den meisten Einschätzungen
der deutschen Medien, bezeichnete
er die Wahlen als einen entscheidenden Durchbruch zur
Befriedung der autonomen Republik, die, wie die anderen
nordkaukasischen Autonomien, zu der von ihm verwalteten Region gehört.
Kasanzew sprach von
einer weit fortgeschrittenen politischen Stabilisierung in
Russland als wichtige Voraussetzung für die Absicherung ausländischer
Investitionen. In
diesem Zusammenhang ging er auf die kriminellen Aktivitäten in
der russischen Geschäftswelt ein.
Er meinte, diese
werden in Deutschland oft zu
dramatisch gesehen. Zwar hätte es auch im Süden Russlands
Versuche gegeben, deutsche Unternehmer zu erpressen oder
auf andere Weise zu schröpfen, als aber die Opfer
an ihn appellierten, gelang es in kurzer Zeit, die
Bedrohung abzuwenden und die Schuldigen zu bestrafen. Er riet den
deutschen Investoren, ihre Geschäftspartner sorgfältiger auszuwählen
und auf zwielichtige
Angebote von
vornherein zu verzichten. Eine
etwas andere Empfehlung hörten die potenziellen deutschen
Investoren vom deutschen Botschafter in Russland von Plötz. Er
empfahl seinen Landsleuten, die in Russland investieren wollen,
mehr auf die Umgebung Acht zu geben. Denn
in Russland im Allgemeinen und in der Südregion im
Besonderen gäbe es sowohl stark kriminalisierte Zonen, als auch
solche mit eindeutig gedämpfter Aktivität der
Wirtschaftsverbrecher. 28.10.03 DIE RUSSEN SIND BEREIT, EINZUSPRINGEN
2.2.03
KOMMT DIE KRISE WIEDER? Das ist eine Frage, die viele Wirtschaftsexperten des Runet am 17. August stellten. An dem Tag, an dem 1998 die Russen ein bisschen zu plötzlich erfuhren, dass ihr Staat dabei ist, Pleite zu machen. Dass ihm die Gefahr droht, Zahlungen an ausländische und inländische Kreditgeber einstellen zu müssen. Die Folgen der Erkenntnis: Absturz des Rubels, Bankrott unzähliger Firmen, Vernichtung von Existenzen, vor allem aus der davor stürmisch gefeierten Mittelklasse. Die Menschen aus den darunter liegenden Schichten der Bevölkerung hatten allerdings nichts zu verlieren, ihnen fehlte dazu die Masse. Und ein paar Milliardäre... Sie nutzten die Krise, um ihre Vermögen abzurunden. Also wurde am 17.August 2002 die bange Frage nach der Wiederholbarkeit der Krise von 1998 gestellt. Warum? Es mag komisch vorkommen, aber so war es. Weil es Russland wirtschaftlich besser geht als je davor nach der Wende. Seine Währungsreserven erreichen einen nie da gewesenen Stand. Der Rubel bleibt im Großen und Ganzen stabil. Der Staat tilgt seine Schulden viel schneller als erwartet. Der Kreml trompetet: es geht aufwärts. So wie vor der Krise 1998. Die Russen sind eben gewöhnt, den Trompeten mit Misstrauen zu begegnen. Zu oft wurden sie enttäuscht. Bei der Wende in Russland hieß es auch, die blühenden Landschaften sind im Kommen. Es ist aber ein Trümmerfeld gekommen. Seit dem vegetieren 40 Prozent der Bevölkerung unter der sehr niedrig gesetzten Armutsgrenze. Die Produktion bleibt am Boden. Das riesige Land, von dem es mal hieß, es rangiere unmittelbar nach den USA und wird diese demnächst überholen, liegt jetzt dem BSP nach irgendwo zwischen der Schweiz und den Niederlanden. Und nach dem Einkommen, auf einen Einwohner gerechnet, irgendwo nicht sehr weit von Obervolta ( wie der Altbundeskanzler Helmut Schmidt einmal voraussagte). So ist wohl zu verstehen, dass die Russen skeptisch bleiben. Auch wenn der Staat seine Finanzen saniert und die heimischen Oligarchen an die Spitze der Tabelle der reichsten Männer der Welt vorrücken. Die für jeden sichtbaren Zeichen des Aufschwungs ändern an ihrem Misstrauen wenig. Mag ein unangemeldeter Gast in den teuersten Gaststätten Moskaus und Petersburgs vergeblich nach einem Platz suchen. Mag die europäische hohe Mode in den Boutiquen reißenden Absatz finden. Mögen die Wirtschaftsteile der Zeitungen mit den verlockendsten Anlageangeboten voll sein. Die Miesepeter glauben nicht an den nachhaltigen Aufschwung. Im Unterschied zu den zivilisierteren Menschen. Zu den Deutschen, zum Beispiel. Wenn man die Kommentare zum 17. August 2002 liest, nimmt man den Russen das Misstrauen nicht sehr übel. Denn die meisten Orakel stellen fest, dass Russlands Wirtschaftsprobleme von der schönen Oberfläche zwar verdeckt sind, aber doch weiter bestehen. An erster Stelle die andauernde Schwäche der verarbeitenden Industrie (auch wenn diese in letzter Zeit einige Schritte nach vorne machte). Es wird darauf hingewiesen, der russische Aufschwung sei nicht hausgemacht und darum auch nicht zu Hause festzuschreiben. Er gründe sich auf dem hohen Erdölpreis. Auf der Ausfuhr von Energieträgern. Also auf der fremdbestimmten Konjunktur, die sich jederzeit wenden kann. Und die, übrigens, die russische verarbeitende Industrie am Aufschwung hindert. Weil die Industrie, um auf die Beine zu kommen, billige Energieträger braucht. Auch die russische Außenhandelsbilanz soll schöner aussehen, als sie im Grunde genommen ist. Ohne den Export von Energieträgern wiese sie ein riesiges Defizit auf. Weil Russland fast alles einführt, obwohl es das meiste selbst produzieren könnte, wäre die Industrie gründlich saniert. Aber der Sanierung steht die fehlende Investitionsbereitschaft im Wege. Wozu auch investieren, wenn der Binnenmarkt durch die Armut der Bevölkerung eingeengt und von Importen voll gedeckt ist. Zwar rührt die Regierung die Werbetrommel für Investoren. Aber die ausländischen Geldsäcke bleiben reserviert. Vielleicht weil sie wissen, dass die westlichen Industrienationen nicht unbedingt danach trachten, dem russischen Konkurrenten die Tore zum Weltmarkt aufzustoßen. Und die russischen Geldsäcke wissen es auch und ziehen es vor, ihr riesiges, durch die hohen Erdölpreise vermehrtes Geld in den Banken Luxemburgs, der Schweiz, Deutschlands usw. arbeiten zu lassen. Trotz des Versprechens des Kreml, keinen, der sein Geld zurückbringt, dafür zu belangen, dass er es illegal ins Ausland geschafft hat. So bleibt das Fluchtgeld draußen. Schlimmer noch, die Flucht dauert an. Dabei geht der Kreml den potentiellen Investoren weit entgegen. Der Stillstand der Reformen ist längst überwunden. Grund und Boden zur Marktware gemacht. Die Steuersätze weit runtergeschraubt. Der Korruption der Beamten will man entgegenwirken. Der organisierten Kriminalität auf den Leib rücken. Eine Bilderbuchstrategie der Wirtschaftsprosperität. Und vor allem anderen. Was für ein herrliches Bild bietet der junge Präsident ! Ein viel, viel besseres jedenfalls als sein versoffener Vorläufer und Pate. Dank dem Umstand darf Russland dabei sein, wenn die Gewaltigen der freien Welt die Weichen der Zukunft stellen. Mithören und sich für die anderen freuen. Aber die Zwänge der globalen und freien Marktwirtschaft bleiben bestehen. Die Zwänge, die Russlands Wirtschaft umklammern. So ist das bange Gefühl, das die Russen am 17. August wieder heimgesucht hat, doch nicht nur ihrer bekannten Irrationalität zuzuschreiben. Und vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass die Russen bangen. Das gibt doch ein gewisse Gewähr dafür, dass sie ihre Wirtschaft doch in den Griff bekommen. 18.8.2002 Die russische
Regierung beschloss, Russland zum attraktivsten Ziel von Globetrottern zu
machen. In der Sitzung wurde mit Genugtuung festgestellt, dass die Zahl
der ausländischen Gäste im Lande bereits höher liegt als in der
Sowjetzeit (7,4 Millionen jährlich gegenüber
In den wenigen Jahren
soll Russland als Touristenparadies auf die fünfte
Stelle in Europa vorrücken
(nach Italien, Frankreich, Spanien und England). Allerdings hat
Russland bereits jetzt in einer bestimmten Branche alle anderen Länder
weit übertroffen. Im Weltalltourismus. Ein Erlebnishungriger, der mit
einem russischen Weltraumschiff reisen will, bringt
erheblich mehr als 120 USD pro Tag und Nacht (wie durchschnittlich
ein Gast, der auf der Erde bleibt). Aber darauf will der Kreml nicht
bauen, da für den
Fiskus nicht die Klasse, sondern die Masse zählt. 17.04.02
|