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Die Puppen sind anklickbar! PROST NEUJAHR !!!
Hier werden Beitrage des einzigen männlichen Mitglieds des Matrjoschka-teams, Iwan Matrjoschkin, Esq., präsentiert. Darunter: 1. Seine Gespräche, deren Echtheit von seinen weiblichen Kollegen stark angezweifelt wird. 2. Seine Träume, die meistens wirr sind. 3. Seine Reportagen, die dem Reporterberufsstand keine Ehre machen. 4. Seine Appelle an die deutsche Öffentlichkeit, die nicht beachtet werden sollen. GORBI IST 74. HIP, HIP, HURRAH! EIN SPEACH VON IWAN MATRJOSCHKIN, ESQ., AUF DER GEBURTSTAGSFEIER IM MATRJOSCHKA – ONLINE. DE – TEAM , WO ER TAMADA WAR *. Vierundsiebzig sind unserem Geliebten nicht anzumerken. Er ist noch ganz der Alte. Das heißt- der Junge. Gibt Hunderte Interviews. Jedem, der ihn darum angeht. Spricht ohne Ende. Ohne die Sätze zu Ende zu sprechen, meine ich. Und überhaupt ohne die russische Grammatik zu beachten. Und den Wortgebrauch. Als stünde er noch am Pult der kommunistischen Parteikonferenzen, deren Teilnehmer wussten, hat Gorbi das Mikro in seine Gewalt gebracht, muss man die Zeit nutzen, um sich auszuschlafen. Nach durchzechter Nacht. A propos, Zeche. Zu den Tugenden unseres Jubilars gehörte nie die Nachhaltigkeit. Eher machte er es heute so, morgen ganz anders. Nur ein Vorhaben verfolgte er wie der Wolf den Hasen (im bekannten russischen Trickfilm). Das Alkoholverbot. Vielleicht kapierte er, wie hoffnungslos das Unterfangen in einem Land war, wo Wodka so viel getrunken wird, wie Bier in Deutschland. Bloß in viel größeren Mengen. Aber seine Frau Gemahlin bestand darauf, dass er das Hochprozentige verbot. Das brachte Ergebnisse. Das Land hörte auf zu arbeiten und begann, selbst zu destillieren. Der Staat ging Pleite, weil die Wodkasteuer, seine Hauptannahmequelle, versiegte. Der Urheber der Misere fiel in der Volksgunst bis weiter geht nichts mehr. Und hieß von nun an Limonaden- Mischa. Also, hat der Hase den Wolf überlistet. Wie im erwähnten Trickfilm und in russischen Märchen. Übrigens in den zahllosen Interviews zu seinem 74. wurde er immer wieder danach gefragt, wie er es gewagt hatte, den Russen ihren Wodka zu nehmen. Andere seine Taten hat man in den Gesprächen nicht thematisiert. Obwohl sie den Supermachtzerfall und die Verteilung ihrer Reichtümer unter die heimischen und auswärtigen Raubritter und anderes mehr zur Folge hatten. Vielleicht klammerte man es aus, weil man wusste, dass er die dahingehenden Fragen mit einem solchen Schwall von sinnentleerten und unzusammenhängenden Worten beantwortet, dass dem Interviewer schwindlig wird. Trotz angedeuteter kleiner Schönheitsfehler hat unser teurer Michail Sergejewitsch in der Politik eine durchaus glückliche Hand. Alles, was er berührt, zerfällt. Vor seiner Perestroika war er im Kreml für die Landwirtschaft verantwortlich. Das Ergebnis? Dieses ist im Witz erfasst, der zu seiner Amtszeit erzählt wurde. Wie kommt es, dass wir pflügen und säen in Russland, ernten aber in Kanada, Australien und den USA? Gemeint war, dass die russische Schwarzerde unter der weisen Aufsicht des Jubilars weder Weizen noch Roggen hervorbrachte und Getreide eingeführt werden musste. Später übernahm Michail Sergejewitsch andere wichtige Aufgaben, die er mit gleichem Erfolg löste. So wurde er Vorsitzender der russischen Sozialdemokratie. Haben Sie, liebe Kolleginnen, seitdem etwas von den russischen Sozialdemokraten gehört? Ich auch nicht. Ein ähnlicher Verdienst kommt unserem Gorbi auch in Bezug auf den weltweiten Naturschutz zu. Kaum hat er die Führung eines entsprechenden Weltvereins übernommen, wurde die Menschheit von Erdbeben, Tornados, Überschwemmungen und anderen Naturkatastrophen wie auf dem laufenden Band heimgesucht. So vermute ich, dass auf uns der Flammentod wartet, sollte er von seinen Verehrern in Deutschland die Aufsicht über die Feuerwehr bekommen. Trotz alledem hat er seinen Friedensnobelpreis voll und ganz verdient. Denn Gefahr droht uns nicht von Nieten, sondern von Tüchtigen auf hohen Posten. Diese, wie sie auch heißen mögen, ob Hitler, Stalin oder B. sind die wahren Quellen des Übels. Die schlagkräftigen, entschlossenen, besessenen. Mit ihrem verdammten Aktionismus, der leider, liebe Kolleginnen, auch in ihrer Mitte zu finden ist. Unser Jubilar ist dagegen ein Segen für die Menschheit. Denn er wusste nie, was er wollte, mehr Macht ausgenommen. Er verfolgte nie ein Ziel, höchstens eins, das die anderen ihm vorgaben. Nur die sprichwörtliche russische Undankbarkeit führte dazu, dass er aus dem Kreml raus musste. Und bei der letzten Präsidentenwahl, an der er teilnahm, satte O, 51 Prozent (etwas mehr als ein halber Prozent) der Stimmen erhielt. Hätte er in Deutschland kandidiert, wäre es viel mehr. Aber er ist ein russischer Patriot. Er liebt sein Vaterland und ist für dieses unermüdlich tätig. Die Beispiele habe ich bereits angeführt. Sei gesund und munter, lieber Michail Sergejewitsch. Mach weiter so. Bitte! · Tamada. Im Kaukasus (der Jubilar stammt aus der Gegend) ein Büttenredner bei Festtafeln. 13.3.05
J. FISCHER UND DAS TAPFERE VOLK In seiner jüngsten Stellungnahme zur Visa -Affäre legte der deutsche Außenminister Joschka Fischer seinen Opponenten nahe, das, wie er sagte, „tapfere“ Volk der Ukraine nicht zu stigmatisieren. Eine begrüßenswerte Aufforderung, urteilt Iwan M., Esq.. Im Weiteren führt er aus: Stigmatisiert wird leider nicht nur das ukrainische Volk. Je nach Gelegenheit und politischer Opportunität wird auch anderen Völkern der ehemaligen Sowjetunion nicht gerade ein Glorienschein verliehen. Vor allem den anderen slawischen Völkern, das heißt den Russen und den Belorussen. Auch ihnen wird, wenn nicht in Politikerreden, dann in den hiesigen Medien oft genug das angedichtet, was jetzt im Zusammenhang mit der leidlichen Visa -Affäre in Kiew den Ukrainern pauschal vorgeworfen wird. Vor allem ist es der Hang zur Kriminalität, weswegen sie unerwünscht in Deutschland sein sollen. Wenn schon das heikle Thema der nationalen Mentalität in diesem Zusammenhang angeschnitten werden muss, dann darf nicht verschwiegen werden, dass sich alle drei hier erwähnten Völker gerade nach ihrer Mentalität wenig voneinander unterscheiden. Haben sie doch Jahrhunderte in einem Staat zusammengelebt, zusammengelitten und zusammen für ihre Freiheit und Würde gekämpft. Auch im Krieg 1941- 1945, den sie den Großen Vaterländischen Krieg nennen, da es damals um ihr gemeinsames, stark gefährdetes Vaterland ging. Sie voneinander zu trennen, schlimmer noch gegeneinander auszuspielen, können nur jene, auch aus ihrer eigenen Mitte, versuchen, die langfristigen und unverrückbaren nationalen Interessen dieser Völker missachten. So war es in der Vergangenheit, nicht anders ist es in der Gegenwart. Deshalb wäre es sicherlich nicht falsch, hätte derjenige, der jetzt erfreulicherweise gegen die Stigmatisierung der Ukrainer auftritt, auch die Russen oder die Belorussen in demselben Atemzug erwähnt. Das würde seinem Auftreten noch mehr Glaubwürdigkeit und Gewicht verleihen. Und einen möglichen Einwand entkräften, er handele nicht so sehr aus tiefer Überzeugung, sondern eher mit der Absicht, seinen politischen Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Tatsächlich gerieten alle Bewunderer der orangenfarbenen Revolution in der Ukraine in eine dumme Lage. Man versprach den Ukrainern einen raschen Anschluss an Europa. Da die Ukraine sich in einer schwierigen Wirtschaftslage befindet und ihre Bürger auf Arbeitsplätze im Ausland angewiesen sind , ließ das Versprechen die Herzen der Ukrainer höher schlagen. Was kam, zeigte ihnen aber, dass die mit der orangefarbenen Revolution verbundenen Hoffnungen nicht unbedingt erfüllt werden. Zwar bedachte die EU die Ukraine mit vielen schönen Worten, aber Taten blieben aus. Wenn sich jetzt dazu Visa- Bestimmungen gesellen, die den Ukrainern auch als Einzelpersonen die Tür nach Europa vor der Nase zuschlagen, trägt es der Stimmungserhellung in der Ukraine bestimmt nicht bei. Außenminister Fischer hat recht. Wie ihre slawischen Brüder sind die Ukrainer tapfer. Sehr tapfer sogar. Aber sauer können sie trotzdem sein. Erst recht, wenn sie einsehen müssen, dass das ihnen versprochene Stück Speck nichts anderes als Köder in der Mäusefalle war. 28.2.05 ------------------ Eine
Grußbotschaft von Iwan Matrjoschkin ,Esq., an
Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, George W. Bush,
und Kanzler der Bundesrepublik Deutschlands, Gerhard Schröder: Exzellenzen! Mit tiefer Genugtuung erfuhr ich, dass Sie sich entschieden haben, gerade am 23. Februar zusammenzukommen. Sicherlich ist Ihnen dabei nicht entgangen, welches Flair diesem Datum haftet. Darauf fällt nämlich das traditionsreiche russische Soldatenfest. Diesmal werden an den festlichen Tafeln gewiss auch Trinksprüche zu Ehren der Führer der freien Welt laut. Zu Ihren Ehren, Exzellenzen! Denn die Russen werden die Wahl des Datums Ihrer Zusammenkunft als ein Signal des guten Willens werten. Darauf gerichtet, der Widergeburt der russischen Streitmacht beizutragen. Von dieser, einst schlagkräftigen Streitmacht ist leider nur ein Schatten geblieben. Wie sie runtergekommen ist, zeigt schon ihr Versagen im winzigen Tschetschenien. Trotz der mehrfachen Überlegenheit in Personal und Kriegsgerät. Die russische Armee hat eben keinen Mumm mehr. Und den zurückzugewinnen, helfen Sie, Exzellenzen, mit der symbolträchtigen Wahl des Datums Ihrer Zusammenkunft, die als Ehrenbezeugung gegenüber dem russischen Soldaten verstanden werden muss. Damit tragen Sie der Tatsache Rechnung, dass das Wohl der ganzen zivilisierten Welt vom russischen Recken abhängt. Davon, ob er imstande sein wird, das Abendland vor der neuen Bedrohung aus dem Osten zu schützen. So wie vor Tausend Jahren, als Europa die Gefahr drohte, dem Ansturm der wilden orientalischen Horden zum Opfer zu fallen. Zwar stärkt der Vormarsch der NATO an die Grenzen Russlands den russischen Streitkräften den Rücken, aber leider wird es von vielen Russen nicht kapiert. Fälschlicherweise nehmen sie an, die NATO nutzt die Schwäche Russlands, um ihm einen Strick um den Hals zu legen. Nun werden den Uneinsichtigen die Augen geöffnet. Vielen Dank dafür. Mit Hochachtung, Iwan Matrjoschkin, Esq., Gefreiter a.D. 9.1.05.
IWAN MATRJOSCHKIN, ESQ., MAHNT PROFESSOR HARTZ
Lieber Prof.,
ich wende mich an Sie als ein Mann der Wissenschaft an einen Mann der Wissenschaft.
Die Idee, an Sie zu schreiben, kam mir, als ich gestern Abend an meinem Stammtisch in der Gaststätte „Sonnenschein“, Berlin, Prenzlauer Berg, saß und Punkt für Punkt meinen Kumpeln den von Ihnen entworfenen Fragenkatalog vorlas und sogleich die Antworten hineinschrieb. Zwar ist es hier in Deutschland nicht üblich, die Vermögensverhältnisse zu offenbaren, es sei denn einer dafür autorisierten Behörde, aber ich bin bei uns an anderes gewöhnt gewesen. In der ehemaligen Sowjetunion durfte jeder von jedem erfahren, wie derjenige lebt, was er verdient, mit wem er pennt. Verweigerte der andere die Auskunft, wurde er in einer Partei -oder, wenn kein Parteimitglied, in einer Gewerkschaftsversammlung (denn in einer Gewerkschaft waren wir alle) mit sanftem, aber unüberwindlichen Druck dazu animiert. So legten wir alles offen wie ein frommer Katholik bei der Beichte, mit dem Unterschied allerdings, dass unsere Beichte öffentlich stattfand und umfassender war.
Aber zurück zum eigentlichen Thema. Also beantwortete ich alle von Ihnen klug und lückenlos zusammengestellten Fragen. Ich tat es umso bereitwilliger, weil ich immer mit „Nein“ antworten konnte, ohne dabei auch im geringsten lügen zu müssen. Denn wir, Männer der Wissenschaft wie Sie und ich haben es tatsächlich nicht aufs Geld oder andere Güter, nach denen im Fragekatalog gefragt wird, abgesehen, sondern auf Erkenntnisse. Und die bringen nichts. Nicht war, Herr Kollege Hartz?
Jedenfalls werde ich von den weiblichen Holzpuppen, die mit ihrer Übermacht im Konzern „matrjoschka-online.de“ bestimmen, wo es lang geht, finanziell an einer sehr kurzen Leine gehalten. Ein Kumpel verriet mir, dass auch Sie, lieber Hartz, für die Knochenarbeit mit dem Fragenkatalog keine müde Kopeke von BK Schröder erhalten hätten, da er meinte, wer in die Tasche der Armen langt, muss es wenigstens gratis tun, sonst schaffe es noch mehr böses Blut.
Aber ich bin wiederum vom meinem Thema abgewichen. Denn ich will eigentlich Sie und Ihre Auftraggeber auf eine Gefahr aufmerksam machen, die ein Staat eingeht, der zu viel Wissen über seine Untertanen anstrebt. Als ehemaliger Sowjetbürger fühle ich mich zu Ihrer Aufklärung darüber berufen.
Vorher habe ich kurz erwähnt, dass in der Sowjetzeit jeder über jeden alles erfahren wollte. Aber im Vergleich zur Neugier des Staates war es eher ein harmloses Hobby. Obwohl staatlich gefördert.
Die Neugier des Sowjetstaates erwachte, als er noch in der Wiege lag. Gleich nach der Großen Revolution wollte er nichts dringender als erfahren, was dieser oder jener Untertan, seine Eltern, Großeltern u.s.w. vor 1917 getrieben hatten. Es wurde ein umfangreicher diesbezüglicher Fragenkatalog erarbeitet (weniger umfangreich als der Ihrige, lieber Kollege). Dieser wurde jedem vorgelegt, der das Wahlrecht beanspruchte, einen Arbeits- oder Studienplatz begehrte oder einfach in einer Großstadt und nicht auf dem Lande leben wollte. Hat der Frechling zugegeben, dass er oder seine Erzeuger vor der Revolution einer unliebsamen sozialen Schicht angehört hatten, konnte er sich sein Vorhaben an den Hut stecken.
Diesen Effekt bewirkte bereits die Zugehörigkeit zur Zunft der Pfaffen. Auch wenn es um einen versoffenen Dorfpopen ging, der sich und seine Popin mit Spenden der Bauern ernährte.
Es gab aber auch einen Nebeneffekt, der Sie, lieber Hartz, als Soziologe besonders interessieren muss. Wie wir beide wissen, war Russland vor der Revolution ein Bauernland. Wenn man aber die Fragebögen auswertete, könnte man daran sehr zweifeln. Weil die überaus meisten Antworten auf die Frage nach der sozialen Herkunft lauteten: Prolet. Lohnarbeiter.
Also, die Russen logen. Die Überprüfung war aber kaum möglich. So viel Bürokraten hatte das Land nicht. Und unter den Vorhandenen dominierten gerade jene, die sich selbst zurechtfrisieren mussten.
Das ärgerte die neuen Machthaber sehr. Sie sahen sich in der Annahme bestätigt, ihren Untertanen dürfe man nicht über den Weg trauen.
Ihrerseits ärgerten sich auch die Untertanen, da sie zusätzlich zu den vielen anderen Schikanen gezwungen wurden, zu lügen. Der Abgrund zwischen Macht und Volk wurde größer.
Das war eine der Ursachen des großen Terrors der dreißiger Jahre. Danach richtete sich die Neugier der Staatsmacht weniger auf die soziale Herkunft des Untertanen, sondern mehr darauf, ob er selbst oder seine Eltern, Geschwister, Tanten und Onkel mal eingelocht worden waren. Entsprechend wurde der neue Fragenkatalog erarbeitet. Noch umfangreicher als der frühere (aber wiederum weniger umfangreich als Ihr musterhaftes Werk, Herr Kollege Hartz).
Da aber derjenige, der zugab, mal einen Verwandten unter den Verfemten gehabt zu haben, mit sehr unangenehmen Konsequenzen rechnen musste, wiederholte sich die Geschichte. Sehr zum Verdruss der „Organe“ der Staatsmacht. Denn sie wussten, wie viel „Volksfeinde“ sie vernichtet, bzw. hinter Gitter gebracht haben. Sagen wir, zehn Millionen. Aber die Zusammenfassung der Antworten ergab eine viel, viel kleinere Zahl. Das warf ein ungünstiges Licht auf die glorreiche Tätigkeit der „Organe“. Gab den Grund, sie der Unehrlichkeit zu verdächtigen.
Erst recht aber die Untertanen, die endgültig das Vertrauen der Staatsmacht einbüssten.
Eine neue Runde in dem ergötzlichen Spiel zwischen Macht und Volk wurde nach dem großen Krieg 1941- 1945 eingeleitet. Der neue Fragenkatalog war noch dicker (der Ihre ist trotzdem dicker, Hartz). Denn er wurde durch die Frage bereichert, ob sich der Ausfüllende oder seine Verwandten auf dem während des Krieges von den Deutschen besetzten sowjetischen Territorium befanden. Die Bejahung führte zu Konsequenzen (siehe oben). Aber die Antworten fielen so aus, als hätten die deutschen Streitkräfte nicht die Hälfte des europäischen Russlands, sondern nur ein paar Krähwinkel besetzt.
Hinter dem Wissensdurst der Staatsmacht stand der legitime Wunsch, ihre, von vornherein der Illoyalität verdächtigten Untertanen an den Rand der Gesellschaft abzudrängen. Ihnen keine oder wenig Chancen zu geben, beruflich und erst recht politisch nach oben zu kommen.
Aber die Mühe wurde nicht vom verdienten Erfolg gekrönt. Ganz im Gegenteil. Millionen Sowjetbürger, zu falschen Angaben gezwungen, lebten in der Angst, irgendwann der Urkundenfälschung überführt zu werden. Nur das Verschwinden des wissbegierigen Staates konnte sie vom Alptraum befreien. Deshalb wünschten sie ihm sehnlichst den Untergang.
So machte sich der zweitstärkste Staat der Welt bei den eigenen Untertanen sehr unbeliebt. Deshalb wurde er zum Golem, zum Riesen auf tönernen Füssen.
Als er zusammenbrach, weinte ihm keiner nach. Oder nur wenige.
Zu seinen Totengräbern gehörten übrigens seine Führer. Gorbatschow, Jelzin und viele, viele andere. Drolligerweise hatten sie alle eine Leiche im Schrank. Einen oder mehrere Verwandte, den oder die sie angeben mussten aber verschwiegen. Der Untergang des Staates, der zu viel über seine Untertanen wissen wollte, erlöste sie vom Alptraum, mal mit unaufrichtigen Angaben konfrontiert zu werden.
Was lehrt uns diese Story, Herr Kollege? Sie lehrt uns, dass man seine Untertanen nicht zu viel fragen soll. Je weniger, desto besser. Also, Hartz, давай, давай, bevor es zu spät ist. Los! Los! Kürze deinen Fragenkatalog!!
Mit kollegialem Gruß, Iwan Matrrjoschkin, Esq. 1.11.04 ----------------- Lieber Iwan Matrjoschkin, Esq., Meine jüngste Reise nach Sibirien führte mich ins Dorf Sedelnikowo, Gebiet Omsk. Es gibt in Sibirien nicht viele Dörfer wie dieses. Mit zwei Schulen und einem Gästehaus ist es schon eher eine Ausnahme in dem riesigen Landstrich, wo man auch jetzt Dutzende Kilometer zurücklegen muss, um auf Spuren der Zivilisation zu treffen. Aber nicht deswegen kam ich nach Sedelnikowo, sondern weil hier ein interessantes Experiment läuft. Hier sollen nämlich Halbstarke aus Deutschland resozialisiert werden, die mit dem deutschen Gesetz in Konflikt geraten sind. Nein,
es ist nicht das, was gleich
jemand denkt, dem Sibirien als ein einziges Straflager vorkommt. Die
straffälligen Jugendlichen aus Deutschland fahren oder vielmehr fliegen
freiwillig nach Sedelnikowo und leben hier nicht etwa hinter Gittern,
sondern in Bauernhäusern, die für
sie extra eingerichtet werden und im Schnitt besser als die der
Einheimischen sind. Sie genießen auch sonst
volle Freiheit, dürfen tun und lassen, was sie wollen. Das einzige
Muss besteht darin, dass sie sich um ihren eigenen Alltag kümmern. Also,
heizen, Wäsche waschen, kochen u.s.w. Und wenn sie dies nicht tun, dann
frieren und hungern sie eben und laufen verdreckt herum.
Nach Herzenslust... Verdienen
brauchen sie nicht. Die deutsche Seite finanziert ihren Lebensunterhalt
und bezahlt ihre deutschen Betreuer. Das kostet was: 150 Euro pro Tag und
Person. Immerhin ein Bruchteil der Kosten in einem Jugendwerk in
Deutschland... Lernen
können sie auch. Bitte sehr, in einer der russischen Schulen, wo ihnen
auch geholfen wird, sich Russisch anzueignen. Aber auch das freiwillig.
Wer vorzieht, Däumchen zu drehen, tut
das. Bis er begreift, dass es keinen Sinn macht. Der
Aufenthalt in Sibirien dauert von sechs bis zwölf Monaten. Dann kehren
die Bengels in die deutsche Heimat zurück. Zumeist (50 Prozent) als
bessere Wesen. Zu 30 Prozent nicht ganz geheilt, aber mit guten
Erfolgsaussichten. Nur jeder fünfte bleibt so, wie er kam. Keine
deutsche Erziehungsanstalt für junge Gesetzesbrecher erreicht in der
Frist so viel. Die
Ursache des Erfolges wird bei uns verschieden bewertet So meinen die
Bauern von Sedelnikowo, den deutschen Jungs hilft die frische, keimfreie-
bei minus vierzig im Winter kein Wunder- sibirische Luft. Allerdings
meinen manche älteren Bauern auch, man könnte viel mehr erreichen. Mit
traditionellen sibirischen Erziehungsinstrumenten wie
Knute und Knüppel. Sie
bieten sich als Erzieher an.
Was
meinen Sie, hochverehrter Iwan Matrjoschkin, Esq., Chefpädagoge des
Konzerns www.matrjoschka-
online.de dazu? Mit
Liebe aus Russland, E.E.,
am 4.7.04., Moskau. Stellungnahme
des I.M. ,Esq.: Lieber
E.E., nicht nur ich, sondern auch unser Pädagogischer Rat, der sich am
Stammtisch in der Kneipe „Sonnenschein“, Berlin, Prenzlauer Berg,
regelmäßig versammelt, findet das Experiment herrlich. Dem deutschen
Volk unterbreiten wir den Vorschlag, dieses zu erweitern. Nicht nur
schwererziehbare Jugendlichen müssen in die sibirischen Dörfer, sondern
auch schwererziehbare Erwachsene. Darunter Politiker, die dauernd blühende
Landschaften versprechen, ohne die Versprechen zu halten. Die
Konzernmanager, die Millionen des als Abfindung getarnten Spickgeldes
einheimsen. Etc. Allerdings sehe ich Probleme. Das eine besteht darin, dass die Russen genug von den Spezies selbst haben. Aber sie werden den Personenkreis aus Deutschland trotzdem aufnehmen. Wenn man das Tagesgeld um das Zehnfache steigert. Als Steuerzahler erkläre ich mich damit einverstanden. Denn es wird jedenfalls billiger, als wenn die Menschen in Deutschland bleiben. Das
andere Problem hängt mit der Freiwilligkeit des Abtransports zusammen.
Aber auch dieses ist lösbar. Man muss den Leuten
das Leben in Deutschland so versauern, dass sie sich
selber für Sedelnikowo melden. Als erster Schritt dazu sollen sie
in unserer Kneipe das Bier konsumieren, das der Kneiper einschenkt, der
Schuft, den ich dem ersten Transport zuteilen würde...
I.M., Esq. An demselben Tag, aber in Berlin. -------- |