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INOWESCHTSCHANIJE |
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![]() INOWESCHTSCHANIJE. Das ist ein russisches Wort für die Rundfunktätigkeit nicht für die eigene, sondern für die fremde Bevölkerung. Das deutsche Wort dafür ist Auslandsfunk, womit nicht die fremden, sondern die eigenen Rundfunksender gemeint sind, die aber...Siehe oben. Die
DEUTSCHE WELLE ist fünfzig Jahre alt geworden. Ebenso
wie die „Stimme Russlands“ und viele andere „Radiostimmen“
jeweiliger Länder ist die Deutsche Welle im Ausland bekannter als
zu Hause. Sie gehört zu jenen Rundfunkanstalten, die der Weltöffentlichkeit
das Bild des eigenen Landes vermitteln.
Ein sehr wichtiges und anerkennenswertes Anliegen. Auch in jenen
Jahren, vielleicht sogar besonders in jenen Jahren, als die Deutsche Welle
ihre Tätigkeit aufnahm, war
es so. Damals,
kurz nach dem Zusammenbruch des Hitlerreichs, verband sich der Begriff
Deutschland in der Vorstellungswelt der Europäer und Amerikaner
mit Angriffskrieg, Terror und Völkermord. Obgleich Deutschland
bereits einen ganz neuen Weg betreten hatte, wollten einflussreiche Kräfte
diese Verbindung aufrechterhalten.
Die Verbrechen des Nationalsozialismus wurden somit nicht selten
instrumentalisiert, um die an beiden Seiten der Frontlinie gelegenen und
als Stoßkraft des Kalten Krieges missbrauchten deutschen Staaten an der kurzen Leine zu halten. Kein
Wunder, dass die Einrichtung des deutschen Auslandsfunks, die als ein Stück
der Rückgewinnung der mentalen Souveränität der Deutschen verstanden
werden konnte, auf starke
Vorbehalte der Besatzungsmächte
stieß. Auch in den folgenden Jahrzehnten versuchten sie unter
verschiedenen Vorwänden, auf die Gestaltung der DW- Programme Einfluss zu
nehmen, damit sich diese in gewünschten Rahmen bewegten. Es war das
Verdienst mehrerer Generationen von DW- Mitarbeitern, unter denen es viele
Enthusiasten und Kenner gab, dass der Auslandssender der Bundesrepublik
Deutschland sich trotzdem etablierte, seine eigene Diktion
fand, seine
Zielhörer überall in der Welt erreichte, auch in der Sowjetunion, obwohl
die DW hier massiv mit künstlichen Störungen belegt wurde. Ihr
fünfzigjähriges Jubiläum begeht die DW
in einer Zeit, da entgegen vieler blauäugiger Prognosen die
Informationsschranken zwischen Staaten noch nicht gefallen sind. Der
weitaus größte Teil der Erdbewohner hat noch keinen freien Zugang zu
ausländischen Medien und ist auf die von den eigenen Regierungen
kontrollierten, nicht selten unzuverlässigen Informationsquellen
angewiesen. Welche Defizite
dadurch entstehen, zeigte die unzureichende Berichterstattung über
Kriegshandlungen im Irak, von denen viel weniger zu erfahren war, als
die moderne Informationstechnik erlaubte. Wie
bedauerlich es auch sein mag, kam
es in diesem Zusammenhang wieder zur Diffamierung Deutschlands,
aber auch Russlands in jenen Medien, die sich als „his masters voice“
gebärdeten, den Krieg verherrlichten und jeden anderen Standpunkt
verteufelten. Wenn es noch Beweise dafür bedarf, dass die Auslandssender
auch in unserer Zeit ihre Existenzberechtigung haben,
dann wurden diese damit erbracht. Wie
ein deutscher Politiker unlängst ganz richtig feststellte, sind
die gegenwärtigen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland
besser als jemals in den letzten hundert Jahren. Nur folgerichtig, dass
auch die Auslandssender beider Länder nicht mehr gegeneinander agieren.
Es gibt zahlreiche bemerkenswerte Beispiele der erfolgreichen Kooperation
zwischen ihnen. Hoffentlich ist es nur ein guter Anfang, dem eine
angemessene Fortsetzung folgt. Als effizienter Beitrag zur Verständigung
zwischen Russen und Deutschen und der Völkerverständigung insgesamt. 3.5.03
Wozu
braucht man heute Auslandssender? Braucht die
Welt nach dem Ende des Kalten Krieges
noch den grenzüberschreitenden Rundfunk? Keine öffentliche Erörterung
der Tätigkeit der Rundfunkanstalten, die für das Publikum im Ausland
senden, klammert diese Frage aus. Die Zweifler an der Existenzberechtigung
der Auslandssender verweisen auf die
Aufhebung der früheren Behinderungen des freien Informationsflusses über
die Grenzen hinweg und plädieren dafür, den grenzüberschreitenden
Rundfunk als Relikt des XX. Jahrhunderts in die Mottenkiste der
Geschichte zu verfrachten. Und last not least
die Staatsetats von Aufwendungen für ihren Unterhalt zu entlasten.
In Deutschland ist es so, in Russland leider auch nicht anders. Der
Intendant der Deutschen Welle, Erik Bettermann, der einen
aufschlussreichen Vortrag in der Europäischen Akademie zu Berlin
hielt, widersprach der
Meinung von der Überflüssigkeit der Auslandssender. Tatsächlich lassen
sich die meisten Fachleute in Deutschland davon leiten, dass auch im integrierten Europa
und der globalisierten Welt die in ihrer Geschichte wurzelnden
Unterschiede zwischen den Nationen
nicht verschwinden. Jede behält ein eigenes Gesicht, jede will und darf
sich den anderen präsentieren und von ihnen möglichst adäquat
wahrgenommen werden. Das ist übrigens
das Anliegen auch des russischen Auslandssenders „Stimme Russlands“.
Wobei zu vermerken ist, dass der russische Auslandssender, im Unterschied
zu seinem sowjetischen Vorgänger und übrigens auch zu einigen
zeitgenossischen Kameraden der Zunft radikal mit der früheren, mitunter
penetrant wirkenden Missionierung gebrochen hat. Seine Programmmacher
denken nicht mehr daran, die Menschheit mit russischen Idealwerten beglücken
zu müssen. Die Stimme Russlands ist
nur darauf aus, dass Russland, so wie es ist, in der Welt besser
verstanden wird. Jemanden belehren will sie nicht. Zur
Deutschen Welle zurück, muss man erwähnen, dass sie nolens
volens auch spezifische, mit der deutschen Geschichte zusammenhängende
Aufgaben erfüllen muss. Diese resultieren daraus, dass auf dem
weltweiten Informationsmarkt eine sehr begrenzte Zahl kapitalstarker
Globalplayer agiert. Deutsche Medienkonzerne gehören nicht dazu,
vorwiegend sind es amerikanische und britische. Sie verfügen über
Ressourcen, die ihre
Dominanz bei der Gestaltung des virtuellen Weltbildes
absichern. Leider
aber ist ihr Deutschlandbild,
das sie weltweit verbreiten, bei weitem nicht frei von Ressentiments. Wenn
man z.B. die Filmproduktion Hollywoods unter die Lupe nimmt, stellt man
fest, dass die Figur des "hässlichen Deutschen", wie sie in den
Kriegsjahren über die westlichen Leinwände kroch, immer wieder, wenn
auch in abgeschwächter Inkarnation, auflebt. Im täglichen
Informationsgeschäft sind zwar die Überreste der Vergangenheit viel
subtiler, aber auch hier sind sie bei weitem nicht eliminiert. Das reicht
schon, um dem Plädoyer der Verantwortlichen der Deutschen Welle für mehr
Verständnis für die Tätigkeit des Senders, zuzustimmen.
Denn der deutsche Auslandsfunk ist imstande, das schiefe Bild
Deutschlands im Ausland ein wenig zurechtzurücken. Ähnliches
gilt übrigens für die Stimme Russlands, die auch wesentliche Korrekturen
zum tendenziösen Russlandbild im Ausland anzubringen hat. Zu einem
Russlandbild, das leider auch in Deutschland nicht immer
auf deutschem Mist wächst, sondern oft genug aus dem Westen
hineingetragen wird. 17.12.02 REFERAT,
GEHALTEN AUF EINER TAGUNG DES LONDONER INSTITUTES FOR GERMAN- STUDIES ZUR GESCHICHTE DER DEUTSCHSPRACHIGEN
SENDUNGEN DER BBC. Sehr
geehrte Kollegen, mein Bericht streift drei Themen. 1. Den
deutschsprachigen Dienst der BBC in meinem Leben. 2. BBC,
London, im Vergleich mit Radio
Moskau. 3. Über den Wert
der Geschichte des Auslandsfunks. 1.DER DEUTSCHSPRACHIGE DIENST DER BBC IN MEINEM LEBEN 1.
Umstände meiner
Hinwendung zur BBC. Damit Sie, liebe Kollegen, das, was ich zum Thema unserer Tagung zu sagen habe, besser einordnen können, muss ich etwas über mich selbst verraten. Mehr als dreißig Jahre war ich im deutschsprachigen Dienst des Moskauer Rundfunks tätig, die meiste Zeit als politischer Kommentator, einige Jahre sogar als Chef, dozierte über die Kunst der Radioauslandspropaganda an der Moskauer Universität und verfasste einige Bücher über die Geschichte der Auslandssender. Den deutschsprachigen Sendungen der BBC lauschte ich seit ihrer Erstausstrahlung 1938. Meine Hinwendung zu dieser Informationsquelle hing mit dem Schicksal meiner Familie zusammen. Da meine Verwandten zur hohen Sowjetnomenklatura gehörten, konnte ich mich, wenn ich auf Radiowellen wandern ging, eines guten Empfängers bedienen, tauglich für Fernempfang. Andernfalls hätte ich mit einem Pappelautsprecher des Drahtfunks oder mit einem für Fernempfang untauglichen Gerät Vorlieb nehmen müssen, wie die überaus meisten Sowjetbürger. Dann hätte ich keine Möglichkeit gehabt, die Sendungen aus London zu empfangen. Übrigens war die Drosselung der Produktion der Qualitätsgeräte in der Sowjetunion politisch bedingt. Wie einige andere Maßnahmen des Regimes sollte sie „Stimmen“ des Auslands abwehren. Etwas später komme ich wieder darauf zurück. Jetzt aber möchte ich hinzuzufügen, dass meine Hinwendung zu den BBC-Sendungen durch familiäre Verhältnisse nicht nur ermöglicht, sondern auch motiviert war. In den Jahren des großen Terrors zwischen 1936 und 1938 wurde meine Familie fast vollständig ausgerottet , obwohl- oder zutreffender gesagt- weil ihre Mitglieder an der Oktoberrevolution 1917 in Russland und am Aufbau der Sowjetmacht in den ersten Jahrzehnten danach sehr regen Anteil hatten. Stalin hatte die alte Garde nicht gern, er fand sie aufsässig. So wurde sie eingekerkert oder sogar hingerichtet. Da ich wusste, dass mein Vater, meine Onkel und Tanten der Sowjetmacht ergeben waren, brach für mich die Welt zusammen. Dem von den sowjetischen Medien verbreiteten Unsinn von heimtückischen Feinden des Volkes, die von der wohlverdienten Strafe ereilt wurden, konnte ich nicht glauben. Eher schon dünkte mir, dass das Regime Verbrechen beging. Leider nicht ohne ihr Zutun. Ein ziemlich aufgeweckter Junge von 13-14 Jahren, der ich war, wollte ich mich in all den Sachen zurechtfinden. Das war das starke Motiv, andere Informationsquellen als die sowjetischen, anzuzapfen. Das starke Motiv, sein Ohr „feindlichen“ Stimmen zu leihen, wie in Nazideutschland ein ähnlicher Vorgang bezeichnet wurde. Die ersten Erfahrungen sammelte ich mit einem Weltempfänger Marke „SWD“, den mein Vater hatte. Es war das beste sowjetische Radio, einem amerikanischen Modell abgeguckt. Seit dem Tag, an dem ich bei der Pirsch im Äther auf den Londoner Sender stieß, wurde ich zum BBC- Hörer. Mehr oder weniger regelmäßig hörte ich die deutschsprachigen Sendungen von 1938 bis zu ihrer Einstellung. Zuerst als Schüler, dann als Frontsoldat der Roten Armee, Student der Moskauer Universität und schließlich als Mitarbeiter von Radio Moskau. Ein halbes Jahrhundert lang. 2.Warum
gerade die BBC? Es gab andere deutschsprachige grenzüberschreitende Radiostimmen, insbesondere im Zweiten Weltkrieg und später im Kalten Krieg. Warum hörte ich zumeist die BBC ? Die Antwort lautet, weil ich die deutschsprachigen Sendungen aus London viel besser als die anderen Sendungen aus dem Ausland fand. Die Programme der Stimme Amerikas klangen in meinen Ohren zu sehr nach Regierungspropaganda und gegen diese war ich allergisch. Die Sendungen der Deutschen Welle schienen mir tendenziös, zum Teil auch ziemlich unbeholfen zu sein. Die BBC- Sendungen hielt ich für geistreich. Und sie hatten einen Vertrauensbonus, weil sie im Krieg auch von den Niederlagen der Westalliierten schnell und ausführlich berichteten. Entgegen dem Usus der sowjetischen und auch der deutschen Medien. Diese verschwiegen oder verschleierten Niederlagen des eigenen Landes. In der Zeit nach dem Abschluss des Hitler- Stalin Paktes im August 1939 bis zum Angriff Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion im Juni 1941 sagte mir der Tenor des Londoner Rundfunks besonders zu. Dieser kam in einem markanten Satz zum Ausdruck. Der größte Unterschied zwischen den beiden Führern, Hitler und Stalin, bestünde in der Form ihrer Schnurrbärte. Das gefiel mir sehr. Weniger gefiel mir allerdings die spätere Liebenswürdigkeit des Senders gegenüber Stalin. Insbesondere nach der Stalingrader Schlacht. Selbst Soldat, auch in Stalingrad im Einsatz, wusste ich nur zu gut, dass nicht Josef Stalin, der zeitweise in England hochverehrte Onkel Jo, sondern Iwan Iwanow, der mehrfach verratene, ständig hungrige und frierende russische Soldat die Siege errang, die dem weisen Führer zum Ruhm verhalfen. Trotz einiger Akzente in den Sendungen aus London, die mir nicht zusagten, blieb ich ihr treuer Hörer, auch weil ich mich an sie gewöhnt hatte. Ich kannte die Autoren, ihre Ausdrucksweise war mir vertraut. Mit dem Abhören der Sendungen verbanden sich kleine Erfolgserlebnisse, die mein Selbstwertgefühl steigerten, weil ich mich immer besser als die anderen informiert wusste und das erfuhr, was ich gar nicht erfahren sollte, ginge es nach dem Willen der Machthaber in meinem Lande. So brachte die BBC noch Monate vor dem Angriff Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion täglich Meldungen über die deutschen Vorbereitungen zum Ostfeldzug. Es war in der Zeit, als in der Sowjetunion Hitlerdeutschland weiterhin nur als Partner, wenn nicht als Verbündeter, dargestellt werden durfte. Über die BBC erfuhr ich am frühen Morgen des 22. Juni 1941, dass der Krieg losging. Ich erfuhr es mehrere Stunden früher, als fast alle Landsleute, die auf das sowjetische Radio angewiesen waren, da sich die sowjetische Regierung mit der Hiobsbotschaft Zeit ließ. Erst um 12 Uhr wurde diese im sowjetischen Rundfunk verkündet. Inzwischen brannten die sowjetischen Städte im Westen des Landes bereits acht Stunden lang und die Wehrmacht marschierte brav auf Minsk und Kiew zu. Über die BBC erfuhr ich auch von dem gleich am Tage des Überfalls abgegebenen Versprechen Winston Churchills, den russischen Bauern, wie er sich ausdrückte, bei der Verteidigung ihrer Hütten und Höfe beizustehen. Die Meldung von dieser Erklärung des britischen Premiers wurde in den sowjetischen Medien sehr unauffällig gebracht, da der Kreml vermutlich immer noch auf einen Kompromiss mit Hitler setzte. Und weil Großbritannien Monate davor in den sowjetischen Medien als Kriegbrandstifter am Pranger stand. Die Nachricht von der Beendigung des Krieges in Europa kam über die BBC auch viel früher als in den sowjetischen Medien. Bekanntlich hat Deutschland zuerst in Reims kapituliert, aber dort verlief die Kapitulation anders, als es Stalin sich wünschte. Weniger pompös und vor allem der sowjetische Vertreter hatte nicht den der Bedeutung des Ereignisses angemessenen Rang. So wurde die „richtige“ Kapitulation der Wehrmacht in Berlin- Karlshorst nachgeholt. Aber auch über diese erfuhr das Sowjetvolk erst am frühen Morgen des 9.Mai.1945. Ich aber konnte meinen Kameraden die freudige Kunde noch am Abend des 8. Mai vermitteln. Dank der BBC. Übrigens begannen die Kameraden, außer sich vor Freude, wild in die Luft zu schießen. Das war der erste Salut zu Ehren des Sieges. Mir wurde er fast zum Verhängnis. Ein für meinen Truppenteil zuständiger Abwehroffizier wurde auf die Schiesserei aufmerksam. Er wollte wissen, woher ich die Nachricht hatte. Aber auch der Abwehroffizier war so von der Freude überwältigt, dass er viel mehr darauf erpicht war, die Einzelheiten zu erfahren, als darauf, mich fürs Abhören der fremden Sender zu belangen. Es
war bereits das dritte oder das vierte Mal, dass mein perverses Hobby
mich in Kalamitäten brachte. Aber- Gott sei Dank- gehen die Russen
selten in der jeweiligen Funktion ganz auf. Fast immer bleibt noch ein
Stück Mensch übrig. Und das rettete mich- wie viele andere auch. 3.
Und noch eine Frage: Wie brachte ich es fertig, die BBC ständig abzuhören. Ich erwähnte schon, dass mein erster Kontakt mit dem ausländischen Radio möglich war, weil mein Vater als hoher Sowjetfunktionär ein gutes Radio erwerben durfte. Als der Vater eingelocht wurde, fiel sein gesamtes Eigentum dem Staat zu, auch der Empfänger. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich nach einer anderen Empfangsmöglichkeit umzugucken. Und tatsächlich konnte ich mir einen Kurzwellenempfänger basteln. Monatelang verwendete ich das Geld, das meine Mutter mir für Schulspeisung aushändigte, für den Kauf von Einzelteilen. Das Radio mit zwei primitiven Röhren, das Schema hieß O-V-I, konnte Kurzwellen empfangen. So hörte ich mit dem Gerät, auf ein Stück Sperrholz montiert, nicht nur London, sondern auch Tokio und Stockholm, Belgrad und Helsinki, fast die ganze Welt. Im Juni 1941, als der Krieg ausbrach, wurden alle Radiogeräte in der Sowjetunion vom Staat einkassiert. Mein Empfänger aber nicht, da das selbstgebastelte Ding nirgendwo registriert war. Nach
viel Zureden erlaubte meine Mutter mir, meinem Hobby
weiter zu frönen. Vielleicht weil auch
sie mehr wissen
wollte, als erlaubt war. Und da sie Französisch beherrschte, machte
ich ihr eine große Freude, wenn ich sie die Sendungen aus London für
die Resistance hören ließ. Im Spätsommer 1942 wurde ich Soldat. Militärfunker. Die militärischen Funkgeräte ließen sich leicht für den Kurzwellenempfang der normalen Sender manipulieren. So konnte ich weiter London hören. Nach dem Krieg ergoss sich ein Strom von im Ausland erbeuteten Radios in die Sowjetunion. Heimkehrende Soldaten schleppten die Geräte mit. Die sowjetische Führung erkannte die Gefahr für ihr Informationsmonopol. Die Heimkehrer wurden gefilzt und die Geräte abgenommen. Auch ich musste mein schönes, in China, wohin mein Panzerkorps nach Kriegsende in Europa verlegt wurde, erbeutetes Radio abgeben. Aber es war nicht mehr schwierig, in Moskau schwarz ein ausländisches Fabrikat zu kaufen. So sorgte der liebe Gott dafür, dass ich den Londoner Rundfunk fast ohne Unterbrechung ein halbes Jahrhundert abhören konnte. Er wusste sicherlich, wie erbaulich die Sendungen waren. 2. DER DEUTSCHSPRACHIGE DIENST DER BBC IM VERGLEICH MIT RADIO MOSKAU. 1.
Das Ansehen der BBC Dazu eine Episode aus der Geschichte von Radio Moskau. Anfang der sechziger Jahre, als im Kreml bereits Stalins Nachfolger Nikita Chruschtschow thronte, wurde dieser rührige, aber chaotische und ungebildete Mann darauf aufmerksam gemacht, dass das Ausland das Bild der Sowjetunion, wie es Radio Moskau verbreitete, nicht akzeptierte. Daraufhin wurde im Radio Moskau eine große Versammlung der Mitarbeiter zusammengetrommelt. Das Referat hielt der damalige Leiter der sowjetischen Auslandspropaganda, A.N. Jakowlew, später profilierter Mitstreiter Gorbatschows. Er stellte in seinem Referat zwei Thesen auf. Erstens, die sowjetische Propaganda fürs Ausland besitzt eine sehr gute ideelle Grundlage. Das ist die kommunistische Vision von einer gerechten und freien Welt. Zweitens, fährt diese Propaganda trotzdem eine kümmerliche Ernte ein und das ist auf die schlechte Vermarktung des Ideenschatzes zurückzuführen. Die kapitalistischen Länder, die eine viel schlechtere Propagandaware zu verkaufen hätten, verfügten aber um ein gutes Marketing. Man müsste etwas von ihnen lernen. Zum Beispiel, von der BBC London. Nun, Jakowlews Auftritt hat nicht viel gebracht. Die Machart der Sendungen war systemimmanent. Ohne Änderung der gesellschaftlichen Gegebenheiten im Lande konnten sie nicht viel besser werden. Außerdem gaben im Radio Moskau damals Mitarbeiter den Ton an, die keine Experimente wünschten. Wie viele andere Zuhörer des hohen Funktionärs der Kommunistischen Partei verstand auch ich, wie vergeblich sein Appell war. Nichtsdestoweniger fiel mir die lobende Erwähnung des Auslandsdiensts der BBC auf, den ich zu diesem Zeitpunkt bereits etwa ein Viertel Jahrhundert hörte. Ich frohlockte. Ein ungeschriebenes Gesetz, über die kapitalistischen Auslandssender entweder nicht, oder nur schlecht zu berichten, wurde gebrochen. Wenigstens im internen Kreis der Programmmacher von Radio Moskau. Jetzt ist die Stunde gekommen, dachte ich. Jetzt schreibe ich eine Abhandlung über den deutschsprachigen Dienst der BBC. Und wenn dieser Aufsatz abgelehnt wird, appelliere ich an den Genossen Jakowlew. Aber die Abhandlung wurde nicht abgelehnt. Sie erschien in einem kleinem Heftchen mit dem Vermerk „nur für den Dienstgebrauch“. Jeder, der es in die Hand bekam, wurde registriert. Auch der Autor erhielt seine Pflichtexemplare nur mit Ach und Krach. Trotzdem wurde der Beitrag unter den Kollegen diskutiert. Ich glaube, viele waren froh, einen unverfänglichen Ansatzpunkt dafür zu finden, mehr oder weniger öffentlich den eigenen Sender aufs Korn zu nehmen. Die einzige Möglichkeit es zu tun, bestand eben in diesem Seiltanz, den uns Genosse Jakowlew vorführte. Die Verbeugung vor der kommunistischen Ideologie mit genüsslichen Auslassungen über Einfallslosigkeit, Langeweile und Stupidität ihrer Propaganda zu verbinden. Darüber zu sprechen, dass unsere Sendungen wegen ihrer grundsätzlichen Realitätsferne auf Ablehnung im Ausland stießen, wäre sinnlos, da die meisten es ohnehin wussten. Es wäre auch gefährlich, da die Grundfesten nicht angetastet werden durften. Das war also der Diskurs, in dem die Hinweise auf den Londoner Rundfunk eine Rolle spielten. Der deutschsprachige Dienst der BBC musste herhalten, wenn es galt, den Beweis zu führen, dass auch unsere Sendungen ganz anders sein könnten. Intelligenter, glaubhafter, mitunter auch witziger. Kurzum, hörenswerter. 2.
Die Unterschiede. Dennoch, wie gesagt, wurzelten unsere Sendungen zu tief im System, um anders werden zu können, solange das System das alte blieb. Es gab wenigstens drei, besonders gravierende Unterschiede zwischen der BBC und Radio Moskau. 1. Den Programmmachern von der BBC lag die Erkenntnis im Blut, dass die Medien immer in einem Konkurrenzkampf begriffen sind. Um ihr Publikum zu halten und zu mehren, müssen sie besser als die Konkurrenz sein. Verständlicher, überzeugender, aktueller. Unseren Chefs lag eine andere Erkenntnis im Blut. Die Erkenntnis, dass das Publikum keine Wahl hat. Dass man nach dem Motto handeln darf: Friss, Vogel, oder stirb. Denn die sowjetischen Medien kannten innerhalb des Landes keine Konkurrenz. Und vom Ausland wurde das Land abgeschirmt. Trat man an die Chefs mit der Behauptung heran, dass diese oder jene Sendung so langweilig und inhaltsarm ist, dass keiner sie im Ausland hören, geschweige denn verinnerlichen wird, war die Antwort kurz und bündig: „Pustj sluschajut“, was bedeutete „sollen sie, also die Hörer im Ausland, trotzdem hören“. Wenn es um ein Publikum im Ausland ging, erwies sich der Standpunkt, sehr freundlich gesagt, als konterproduktiv. Die sterile Machart der Sendungen zu ändern, hieße, ein Risiko einzugehen. So blieb alles bei den Grundsätzen, die mit der Muttermilch eingesaugt wurden. Die Mutter war die Partei, die die totale Macht über das Volk beanspruchte. Die Milch - ihre Medienlehre, die keine Meinungsvielfalt zuließ. 2. Radio Moskau musste dem sowjetischen Menschenbild frönen. Und dieses Menschenbild war ein ganz anderes als das von der BBC. Bei uns galt, dass sich ein wahrer Mensch einem hohen Ideal ganz verschreiben soll. Und wenn er das nicht tut, sondern sich um seine persönlichen Belange kümmert, ist er ein Schurke. Darum forderte die sowjetische Propaganda während des Krieges die Deutschen auf, die faschistische Bestie umgehend zu zertreten. Diese Aufforderung war natürlich für die Katz. Unter den realen Verhältnissen des Dritten Reiches wäre es für einen Hörer Selbstmord, der Anregung zu folgen. Da müsste man schon ein Held sein. Und diese sind bekanntlich dünn gesät. Eine andere Sache wäre es, die Hörer aufzufordern, sich von Einsätzen als Soldat oder als Arbeiter einer kriegswichtigen Industrie zu drücken, um das eigene, einmalige, wertvolle Leben und die Gesundheit nicht zu gefährden. Um diesem Appell zu folgen, brauchte man nicht unbedingt den Helden zu spielen. Nach meinen Beobachtungen orientierte sich der deutschsprachige BBC-Sender auf diese plausible Erkenntnis. Er peilte den inneren Schweinehund der Hörer an. Ich meine das positiv. Denn ein Schweinehund, der sich um seine eigenen Belange kümmert, stiftet weniger Unheil als ein Fanatiker des Rassen- oder auch des Klassenkampfes. Diese Richtung in den BBC- Sendungen- der Appell an die menschliche Selbstliebe- natürlich nicht die einzige, aber eine ziemlich stark ausgeprägte- kam in den Sendereihen wie die Briefe des Gefreiten Hirnschal an seine geliebte Frau Amalie und ähnlichen zum Ausdruck, die ich während des Krieges und auch nach dem Krieg mit viel Genuss hörte und deren Autoren sich von Haseks bravem Soldaten Schwejk inspirieren ließen. 3. Die Befindlichkeit der Mitarbeiter im Londoner und im Moskauer Rundfunk war auch unterschiedlich.
Das lässt sich am Beispiel der deutschen Emigranten verdeutlichen. Soviel ich mir das vorstellen kann, waren es in London zumeist liberale oder auch linksliberale Intellektuelle, gewöhnt, ihre eigene Meinung zu artikulieren und den Andersdenkenden näher zu bringen. In Moskau waren es Funktionäre der KPD, der Parteidisziplin verpflichtet. Eine eigene Meinung galt, nur wenn diese mit der Meinung der Parteiführung nahtlos übereinstimmte. Und die Andersdenkenden galten von vornherein als Feinde. Die kommunistischen Journalisten wurden von der Deutschen Sektion der Kommunistischen Internationale für die Tätigkeit in Radio Moskau empfohlen. Bei der Auswahl war ein gewisser Herbert Wehner bestimmend, der nach dem Krieg die Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag leitete und die Politik der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich beeinflusste. 1944 hat er sich rechtzeitig in den Westen abgesetzt. Übrigens auch unter den späteren hohen Funktionären der DDR gab es viele ehemalige Mitarbeiter von Radio Moskau, einschließlich einen Außenminister, einen Innenminister, auch der Spionagechef der DDR Markus Wolf verdiente seine ersten Sporen in der deutschsprachigen Radiopropaganda der Sowjetunion. Die deutschen Mitarbeiter von Radio Moskau haben es nicht leicht gehabt. Die meisten gingen noch vor dem Krieg im Strudel des großen Terrors unter. Verhaftet, hingerichtet als deutsche Spione, was sie gar nicht waren. Nach der Wende in der Sowjetunion gelang es mir, von der sowjetischen Generalstaatsanwaltschaft eine sicher unvollständige, aber ziemlich lange Liste der deutschen Opfer des Grossen Terrors unter den Mitarbeitern von Radio Moskau zu erhalten. Ein grauenhaftes Dokument. Es gab auch deutsche Mitarbeiter von Radio Moskau, die dem schlimmen Schicksal entgingen und weiter beim Sender beschäftigt wurden. Aber sie waren für immer von der erlebten Angst gezeichnet. Sie überlegten sich hundertmal, bevor sie riskierten, die Programmpolitik von Radio Moskau zu bemängeln. Wenn schon, dann teilten sie ihre Bedenken dem erwähnten Herbert Wehner oder Walter Ulbricht oder Willhelm Pieck mit, aber diese trauten sich auch selten, bei den sowjetischen Stellen vorstellig zu werden. Von einem typischen Fall erzählte mir Sepp Schwab, ein alter bayerischer Kommunist, 1919 Mitglied der kurzlebigen bayerischen Räteregierung, vierzig Jahre später stellvertretender Außenminister der DDR, in den Kriegsjahren in der deutschsprachigen Redaktion von Radio Moskau führend tätig. Er versuchte, eine Änderung des Slogans der deutschsprachigen Sendungen von Radio Moskau durchzusetzen. Der Slogan lautete „Tod den deutschen Okkupanten“. Er trat an die Stelle des früheren „Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!“. Sepp Schwab verstand, dass es blöd war, sich an die Menschen zu wenden, denen man im selben Atemzug den Tod wünschte. Aber man deutete ihm an, er solle den Mund halten, wenn er sein Kopf nicht verlieren will. Ein Programmmacher, der unter diesen Prämissen lebt und arbeitet, denkt weniger an die Effizienz seiner Arbeit, mehr an die eigene Rettung. Auch nach Stalins Tod 1953 lebte die Angst vor Repressalien weiter. Und als sie endgültig wich, hinterließ sie eine gähnende Leere. Sich den Umständen anzupassen, wurde zur Gewohnheit. Nun bin ich über die Befindlichkeit der Kollegen aus dem Londoner Rundfunk nicht unterrichtet. Zwar erinnere ich mich, ein oder zwei Erinnerungsbücher gelesen zu haben, in denen die Verfasser, ehemalige Mitarbeiter des deutschsprachigen Dienstes der BBC, ihre Auseinandersetzungen mit der Obrigkeit andeuteten. Als ich diese Stellen in den Büchern las, seufzte ich tief und sagte im Stillen wie jener kleine Junge, der, in der Schule gefragt wurde, wo sich der Fluss Mississippi befindet : Ihre Sorgen möchte ich haben, Herr Lehrer! 3. ÜBER DEN WERT DER GESCHICHTE DES AUSLANDSFUNKS 1.
Lob der Konferenz. Die
Konferenz, die mir die Gelegenheit bot, mich vor Ihnen zu produzieren,
finde ich sehr sinnvoll. Wie ich überhaupt die Beschäftigung mit der
Geschichte des Auslandsrundfunks
sehr sinnvoll finde. Ich
erwähnte bereits, dass ich mich
in Moskau viel damit abgab. Und zwar als Buchautor und als
Dozent der journalistischen Fakultät der Moskauer Universität. Und
jetzt in Berlin bin ich wieder dabei, ein Buch über die Geschichte
des Auslandsfunks zu schreiben. Meines Erachtens ist die Geschichte des Auslandsfunks ein wichtiger Teil der politischen Geschichte im XX. Jahrhundert. Die Geschichte von Radio Moskau ist die Geschichte eines Auslandsradios, das Widerspruch an sich war. In einem Land, das sein Heil darin sah, sich von der übrigen Welt abzusondern, entstand eine Radiobrücke zu anderen Ländern. Zwar eine Brücke, wo viele Posten Gewehr beim Fuß standen, aber immerhin. Als es 1929 ins Leben gerufen wurde, sollte Radio Moskau ein Instrument der Weltrevolution des Proletariats sein, also Werkzeug einer Globalisierung, wie wir jetzt sagen würden. Einer Globalisierung auf kommunistisch. Allerdings erzwangen Stalin und seine Getreuen sehr schnell die Umfunktionierung des Senders zu einem Instrument der Glorifizierung ihres Regimes im Ausland. Trotzdem war der Sender ein Ort, wo man mit dem Ausland kommunizierte, was auch seine Attraktivität ausmachte. Deswegen klammerten sich viele Kollegen an die Arbeit im Moskauer Radio. Hier spürten sie etwas vom Hauch der weiten Welt. Das, was sie schrieben, durfte mitunter nicht so stupide sein, wie das, was die anderen sowjetischen Medien brachten. Es ist kein Zufall, dass fast alle Stars des heutigen russischen Fernsehens von Radio Moskau, also vom sowjetischen Auslandsfunk, stammen. Früher im eigenen Land unbekannt, sind sie jetzt sehr bekannt geworden. Denn sie können doch etwas mehr als ihre Kollegen, die in den anderen sowjetischen Medien ihre Erfahrungen sammelten. Übrigens durfte in der Sowjetpresse etwa 25 Jahre kein Wort über den sowjetischen Auslandsfunk erscheinen. Meine 1975 erschienene Geschichte von Radio Moskau war der erste Versuch, es dem breiten Publikum vorzustellen. 2.
Die Bilanz Es war ein recht apologetisches Buch. Obwohl bereits damals klar war, dass der sowjetische Auslandsrundfunk versagte. Wie das ganze sowjetische System, das er jahrzehntelang pries. Der deutschsprachige Dienst von Radio Moskau sollte die Entwicklung in Deutschland so beeinflussen, dass ganz Deutschland wie die DDR wird. Es kam aber 1989- 1990 anders. Das wiedervereinigte Deutschland folgte dem Muster der BRD. War es in den letzten Jahrzehnten nicht das Anliegen des deutschsprachigen Dienstes der BBC, die Entwicklung Deutschlands in diese Richtung zu fördern? Wenn es so gewesen ist, muss man dem deutschsprachigen Dienst der BBC gratulieren. Er hatte daran seinen Anteil. Nun der Auslandsfunk, sei es Radio Moskau, seien es die Sprachdienste der BBC, setzten nur ein Komma ins Buch der großen europäischen Geschichte. Aber dieses setzten sie. So machten sie nachvollziehbar, wie die Eliten des jeweiligen Landes im Ausland aussehen wollten. Und auch inwiefern sich die jeweiligen Mediensysteme eigneten, ein Gespräch über die Grenzen hinweg zu führen. Auch in manch anderer Hinsicht hat die Entstehungs- und Lebensgeschichte des Auslandsfunks Aussagekraft. Sie darf nicht in Vergessenheit geraten. Wir alle, sowohl die ehemaligen Mitarbeiter des deutschsprachigen Dienstes aus London, als auch die Veteranen von Radio Moskau, mit dem ich übrigens noch Kontakt habe, da ich für seinen Nachfolger, den Sender „Stimme Russlands“, als sein Berliner Korrespondent tätig bin, haben auch persönliche Gründe, das Gewesene nicht zu vergessen. Es war unser Leben, die Sendungen zu machen. Und es war ein aufregendes Leben. Man wähnte sich, an den großen Ereignissen der Zeit teilzunehmen. Auch wenn es Einbildung war, war es eine schöne Einbildung. 3. Das Allerletzte. Abschließend möchte ich noch einmal hervorheben, dass die deutschsprachigen BBC- Sendungen, die russischsprachigen übrigens auch, uns als Inkarnation journalistischer Freiheit und Kreativität vorkamen. Aber nicht nur aus diesem Grunde stimmte mich das Hinscheiden des deutschsprachigen Dienstes der BBC traurig. Mein ganzes Leben war mit den deutschen Sendungen der BBC verflochten. Hätte ich diese seit 1938 nicht gehört, wäre die Kette der Ereignisse dieses Lebens eine ganz andere. Ich hätte womöglich einen anderen Beruf ergriffen, meine deutsche Frau nicht kennen gelernt und wäre am Ende des Lebens nicht in Deutschland gelandet. Und mein Weltbild wäre vielleicht auch ein anderes. Schade, dass der deutschsprachige BBC- Dienst abgewickelt wurde. Uns bleiben aber die Erinnerungen an den teuren Verblichenen. Hoffentlich konnte ich zu diesen mein Scherflein beitragen. Ich danke fürs Zuhören. PS. Viel mehr zur Geschichte des Auslandsfunks finden Sie im Archiv der matrjoschka-online.de unter dem Punkt 17. ein wenig tiefer auf der Startseite. 21.12.02
Als eine ständige Einrichtung hat die Sowjetunion, bereits 1929 allen anderen Staaten voraus, den Auslandsfunk ins Leben gerufen, um weltweit für den Kommunismus zu werben. Nach dem Zerfall des Sowjetsystems wurde die russische Inoweschtschanije auf Schmalkost gesetzt und schien vor dem Aus zu stehen (der Spaß kostet viel Geld). Vor einiger Zeit aber erklärte ein hoher, für Massenmedien zuständiger Regierungsbeamte in Moskau, der russische Auslandsfunk sei unentbehrlich. Und zwar als Kultur- und Sprachbrücke zum Ausland, Sprachrohr für politische Propaganda, aber auch als Verbindung Russlands zu den über die ganze Welt verstreuten Landsleuten. Er meinte, die Inoweschtschanije soll weiter entwickelt werden und sicherte dem Radio „Stimme Russlands“ wachsende staatliche Unterstützung zu. Dieses Radio, Erbe von Radio Moskau aus der Sowjetzeit, sendet, analog zur Deutschen Welle, der Stimme Amerikas, dem Auslandsdienst der BBC usw. ( die Liste ist lang) fürs Publikums hinter den Grenzen des eigenen Landes. Unten finden Sie Beiträge, die mehr oder weniger mit dem Auslandfunk zu tun haben. 23.7.02 -------------------------------------------------------------------------------------- THESEN
EINES VORTRAGS ÜBER DIE GESCHICHTE DES
AUSLANDFUNKS, GEHALTEN AN DER TU BERLIN IM JANUAR 2003 1.
GRENZÜBERSCHRETENDES RADIO
ALS BEVORZUGTES WERKZEUG DER
AUSSENPOLITISCHEN PROPAGANDA. Vorzüge
(gegenüber Printmedien):
1.
Eine hohe, fast absolute Durchdringungsfähigkeit des Trägers
der Kommunikation- der Radiowelle. Keine Polizei oder Zollbehörde
unterbindet ihre Verbreitung.
2.
Eine hohe, fast absolute Schnelligkeit der Kommunikation.
Zwischen dem Ereignis und dem Bericht
liegen im Idealfall Minuten.
3.
Die kontinuierliche Kommunikation
( im Idealfall die Darstellung des
Ereignisverlaufs sogar in der realen Zeit).
4.
Schwer nachvollziehbare
Spur vom Subjekt zum Objekt der Kommunikation. (Wichtig für Hörer in
Polizeistaaten).
5.
Hohe suggestive Kraft der Kommunikation (bei Einsatz der
freien Rede). Die
forcierte Propagandaoffensive der Sowjetunion
auf Radiowellen. Gleichzeitig die defensiven Vorkehrungen: der
Drahtfunk, Drosselung der
Produktion von fernempfangstüchtigen Geräten, das dichte Netz der Störsender
(insbesondere nach dem 2.Weltkrieg). Der
Anfang: 12. NOVEMBER 1917. Radiotelegraphische Übertragung des
Friedensdekretes der Sowjetregierung. Die Geburt der grenzüberschreitenden
politischen Propaganda auf Radiowellen. 1929.
Aufnahme der deutschsprachigen Wortsendungen aus Moskau. 2. EINIGE ECKDATEN ZUR GESCHICHTE DES GRENZÜBERSCHREITENDEN HÖRFUNKS ALS WERKZEUG DER POLITISCHEN PROPAGANDA 1938.
Aufnahme der
deutschsprachigen Sendungen aus London auf MW (davor durch das Bemühen
um Erhalt des Kolonialreichs gekennzeichnete KW- Sendungen). 1942.
Gründung des USA- Propaganda-Senders “Stimme Amerikas“ (VOA): zuständig
vor allem für die Selbstdarstellung der USA. 1953.
Gründung von Radio „Liberty“. (Zuständig vor allem für Fremddarstellung - im Mittelpunkt der Programme - Geschehen
in Russland). Alle
Auslandsender erlebten im Zweiten Weltkrieg und danach im Kalten Krieg
eine rasante Entwicklung. 1957 sendete die VOA in 34 Sprachen, 530
Stunden pro Woche. 1973 in
38 Sprachen, 882 Stunden pro Woche. Radio „Liberty“ sendete (und
sendet) in Russisch praktisch rund um die Uhr und mehrere Stunden täglich
in den Sprachen anderer Völker der gewesenen Sowjetunion.
Das
Volumen von Radio Moskau war zeitweise
doppelt so groß. Nach der Abschaffung der Sowjetmacht in Russland
trat in etwa das
umgekehrte Verhältnis ein: kein Geld, kein alternatives Weltbild.
Der
deutsche fremdsprachige Auslandsfunk war ein Kind des
nationalsozialistischen Regimes. Hitlers Propagandaminister Goebbels war
ein fanatischer Anhänger der grenzüberschreitenden Radiopropaganda. Der
Sowjetunion ging
immer wieder darum, quantitativ den ersten Platz unter den anderen
Auslandssendern zu
behalten. Ob die sehr teure Sendetätigkeit auch was dem Land brachte,
blieb außerhalb der Betrachtung. Auch weil die Effektivität der
Sendungen fürs Ausland schwer zu ermitteln ist.
Der
Hauptmangel der Sendungen bestand in der Unfähigkeit, die Mentalität
der ausländischen Hörer zu berücksichtigen. Man
sprach sie so an, als wären es Sowjetmenschen. Der Mangel war
systemimmanent. In der Sowjetunion selbst berücksichtigte die
Propaganda die Denkweise unterschiedlicher sozialer Schichten und
Ethnien wenig. Sie war
weitgehend gleichgeschaltet. Die Auslandspropaganda jedes Staates
hält sich an den Usus der Innenpropaganda.
3.
DER GRENZÜBERSCHRIETENDE HÖRFUNK ALS UNBEKANNTER IM EIGENEN LAND. WEIßER
FLECK DER MEDIENGESCHICHTE URSACHEN: 1.
Subversive Komponente der außenpolitischen Propaganda via Radio. Graue und schwarze Propaganda unterlag in allen Staaten der
Geheimhaltung. 2.
Fehlende völkerrechtliche Grundlage 3.
Finanzierung aus dem jeweiligen Staatsetat. 4.
Der Sinn der Forschung. 4.
DIE NEUEN RIVALEN DES GRENZÜBERSCHREITENDEN
HÖRFUNKS UND SEINE ZUKUNFT. In
den letzten zehn Jahren entwickelt sich das grenzüberschreitende
Fernsehen. Es täuscht mehr Authentizität vor, ist aber schwerfällig. Das
Internet als grenzüberschreitendes
Medium koppelt sich zum ersten Mal in der Geschichte die grenzüberschreitende
Kommunikation von der
staatlichen Propaganda ab. Aber dem Internet
fehlt die staatliche
Autorität. Trotz
alle dem vollzieht sich der Abbau des Volumens des grenzüberschreitenden
Rundfunks. Nach der Beendigung des Kalten Krieges und Zurücknahme
der ideologischen Komponente in
der Außenpolitik der Weltmächte wird er von vielen Experten als
überflüssig betrachtet. Er
hat aber eine Bedeutung als Werbeträger für nationale
Anliegen des jeweiligen Landes. Und erst recht
in den Krisenregionen.
5.
DIE DEUTSCHEN UND DER SOWJETISCHE AUSLANDSFUNK 1.
Nach Hitlers Machtergreifung in Deutschland gingen viele
Zehntausende Deutsche, verfolgt aus „rassischen“ oder politischen Gründen,
in die SU. In der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre gerieten die
meisten zwischen die Mühlsteine der Terrormühle Stalins. Trotzdem
konnten viele der Emigranten beim Moskauer deutschsprachigen Sender
erfolgreich mitarbeiten. Darunter:
2.
Die Schriftsteller E.E. Kisch, B. Brecht, Erich Weinert. 3.
Die Künstler Heinrich Greif,
Heinrich Vogeler. 4.
Die Politiker : Sepp Schwab, Herbert Wehner, Markus (Mischa) Wolf Wer hörte den Moskauer Rundfunk in Deutschland? Zur Typologie des Hörers. ---------------------------------------------------------------------------
SCHLACHT AN DER WOLGA. Erinnerungen
eines Unbekannten über die Stalingrader Schlacht. 1. Woran erinnere ich mich, wenn ich die verwischten Bilder der bereits fernen Vergangenheit in mein Gedächtnis zurückrufe? An die erbitterten Kämpfe auf den Strassen und Plätzen der Stadt, die damals den Namen Stalins trug und jetzt Wolgograd heißt? Es wäre verlogen, würde ich diese Frage bejahen, da ich keine Gelegenheit hatte, mich als Kriegsheld zu profilieren. An der Stalingrader Schlacht nahm ich als Militärfunker teil. Meine Sache war es, das Radiogerät zu bedienen. Schießen, stechen oder Handgranaten werfen, gehörte nicht zu meinem Kriegsalltag. Ich hatte in einem nassen und kalten Bunker zu sitzen und Meldungen zu empfangen, beziehungsweise zu senden. Damit war ich keiner von denen, die mit Schiesseisen nach jemandes Leben trachteten, eher schon eine Zielscheibe der richtigen Krieger. Eine ziemlich gefährdete Zielscheibe von Maschinengewehren, Kanonen und Kampffliegern des Gegners, die viele Kameraden zerfetzten, an mir aber vorbeizischten, was entweder Zufall oder eine Fügung des Schicksals war, wer weiß das schon? So blieben mir nicht die Kriegstaten in Erinnerung, sondern der ständige Hunger infolge schlecht funktionierender Lebensmittelversorgung, der furchtbare Frost, der uns, die wir keine richtige Winterbekleidung hatten, sehr zusetzte. Und natürlich die Todesangst. Sie allerdings verspürten wir wenig, da die zwei anderen Geißeln - der Hunger und die Kälte - diese verdrängten. Als ich in der Nachkriegszeit in der sowjetischen Presse manches über die Stalingrader Schlacht las, schüttelte ich nur den Kopf. Die Schilderungen der sowjetischen Autoren, die der strengen Zensur unterworfen waren, klammerten das meiste von dem, was mich und meine Kameraden peinigte, aus. Da ging es fast nur um Heldentaten im Kampf. Natürlich gab es auch diese. Es gab das berühmte Pawlow- Haus, eine Hausruine in der Stadtmitte, die ein Unteroffizier der Roten Armee fast allein gegen ganze Wehrmachtskompanien verteidigte. Es gab Kameraden, die sich mit Sprengladungen oder Benzinflaschen vor die Panzer warfen. Es gab auch Flieger, die, angeschossen, ihre Maschinen gegen feindliche Stellungen zum Absturz brachten. Auch unter uns Militärfunkern gab es Helden. Unvergessen bleibt mir Nina Koschelewa, ein junges Mädchen, die sich auch im dichtesten Bombenhagel oder stärksten Kanonenbeschuss nicht von ihrem Radiosender trennte. Gegen den Befehl ihres Vorgesetzten, der, in sie verliebt, um ihr Leben bangte. Nach dem Krieg wurde er zum Marschall der Nachrichtentruppen, heiratete Nina und sie gebar ihm zwei Töchter. Und kam auf tragische Weise ums Leben. Also, es gab Helden in der Stalingrader Schlacht. Ihre Taten sind gewiss hoch zu würdigen. Doch nicht sie allein haben die Schlacht gewonnen. Die Schlacht hat die Masse ganz normaler Menschen gewonnen. Jene Soldaten, die keine Gelegenheit oder kein Zeug dazu hatten, Helden zu werden. Trotz des Hungers, der Kälte und des drohenden Todes harrten sie wie angewurzelt am rechten Wolgaufer aus. Man liest jetzt mitunter, sie verließen ihre Stellungen nicht, weil sie sonst auf dem linken Ufer als Deserteure erschossen worden wären. Vielleicht. Ich weiß es nicht, weil wir nie unter uns darüber sprachen. Wir sprachen auch nie darüber, ob wir unsere Stellungen verlassen sollen oder nicht. Und wir verloren nie ein Wort über den Genossen Stalin, deren Weisheit und Edelmut die Propaganda ausmalte. Es war uns egal, welchen Namen die Stadt trug, die wir verteidigten. Ohnehin hatten wir das Gefühl, wir würden hier sterben, aber nicht weichen. In keinem Fall. Weil wir wussten, wenn wir hier nicht ausharren, haben wir keine Heimat mehr in dieser Welt. Diese innere, nicht in Worte zu fassende Erkenntnis bestimmte unser Verhalten. Das war es, was meines Erachtens den deutschen Landsern fehlte. Bis zu dem Zeitpunkt, als der Kessel, in den sie von Hitler hineinmanövriert worden waren, sich schloss, hatten sie es viel besser als wir. In geräumten deutschen Schutzlöchern fand ich nicht nur fein verpackte Brotscheiben und Mettwurst, sondern sogar Läusepulver. Läusepulver! Wir hatten manchmal kein Salz, sie sogar wohlriechende Läusepulver. Was sie aber nicht hatten, war die tiefsitzende spontane Erkenntnis: wenn du hier weichst, dann hast du keine Heimat mehr in dieser Welt. Diese Erkenntnis hatten sie nicht .Woher sollte sie auch kommen? Die Deutschen befanden sich tief in einem anderen Land, viele Tausende Kilometer fern von der Heimat. In einem fremden, für die meisten unverständlichen und sogar unheimlichen Land. Es lief das zweite Jahr des Krieges in Russland. Die Fragen nach dem Sinn des Ganzen kamen desto öfter, je schlimmer es ihnen ging. Die Antworten der nationalsozialistischen Propaganda klangen in ihren Ohren vermutlich genauso hohl, wie in unseren Ohren die Lobpreisungen Stalins in den sowjetischen Propagandaergüssen, als die Rote Armee immer weiter zurückstecken musste. Bis Stalingrad kam. -------------------------------------------------------------------------- 2. Im ersten Teil meiner Erinnerungen habe ich erwähnt, dass ich die Schlacht an der Wolga (1942-1943) als Militärfunker mitgemacht habe, also in einer Rolle, die nicht so gefährlich war wie die eines einfachen Muschkoten. Mein Frontdasein hatte noch einen Vorteil. Ich konnte nämlich nicht nur Radiogramme senden und empfangen, sondern auch mehrere Rundfunksender abhören. Das hing mit dem Auftrag zusammen, die Gespräche der deutschen Flieger abzufangen, zusammenzufassen und meinem Stabschef vorzulegen. Den Auftrag erfüllte ich miserabel. Meine Abhörprotokolle waren sehr lückenhaft, da die Gespräche der Flieger aus Wortfetzen bestanden, die ich nur schwer entziffern konnte. Sie sprachen nämlich meistens kein Hochdeutsch. Gott sei Dank interessierte sich keiner für meine Abhörprotokolle. So konnte ich im Dienst so tun, als ob ich das Befohlene abhörte. Ich lauschte aber den normalen Rundfunksender in deutscher Sprache. Dem Moskauer Rundfunk, der fast rund um die Uhr für die Wehrmachtsoldaten an der Front und die deutsche Bevölkerung im Hinterland Propagandasendungen brachte, aber auch Sendungen aus Deutschland und die deutschsprachigen Sendungen aus London. Mit diesem Hobby, das, sehr freundlich ausgedrückt, in der Sowjetunion nicht erwünscht war, begann ich noch vor dem Krieg. Und in Stalingrad frönte ich dem Hobby als Soldat weiter. Noch heute kann ich mich gut daran erinnern, was diese Hörfunksender brachten. Besonders daran, was mich in den Sendungen ärgerte. So störte mich am Moskauer Rundfunk in deutscher Sprache, dass er wenig Konkretes darüber sagte, wie die Front verlief, und gar nichts über die Rückschläge und Schlappen der Roten Armee. Wie andere Kameraden erlebte ich zum Beispiel, dass der Himmel über der Stalingrader Steppe von der deutschen Luftwaffe voll beherrscht wurde. Im Sommer und Herbst 1942 jagten die deutschen Flieger nicht nur jeden Panzerwagen, sondern jede Feldküche. Der Moskauer Rundfunk aber brachte darüber kein Wort. Was nutzt es, fragte ich mich. Die Deutschen, für die gesendet wurde, wissen Bescheid. Wenn Radio Moskau nur die Siegestrommel rührt, macht es sich unglaubwürdig. Die deutschsprachigen Sendungen aus London waren da anders. Die Engländer verschwiegen ihre Niederlagen und Schwierigkeiten nicht. Ihre Frontberichterstattung war vermutlich auch manipuliert, nur merkte man es nicht. Die Engländer machten ihre Propaganda geschickt. Was mich an den Sendungen aus London störte, war der offensichtliche Unwille, zwischen den Nationalsozialisten und den Deutschen insgesamt zu unterscheiden. Zwar hatten wir in der Sowjetunion im zweiten Jahr des Krieges keine Illusionen mehr über die Deutschen. Das heißt, die naiven Vorstellungen, die deutschen Arbeiter werden von heute auf morgen Hitler und seinen Anhängern das Handwerk legen, gehörten der Vergangenheit an. Aber die jahrzehntelange Erziehung, die uns verbot, ein Volk für die Verbrechen seiner Herrscher schuldig zu sprechen, wirkte nach. Wir glaubten daran, dass die Hitler kommen und gehen, das deutsche Volk und der deutsche Staat bleiben bestehen. Auch wenn diese Worte Stalins mit der von ihm praktizierten Politik nicht übereinstimmten, widerspiegelten sie unsere Mentalität. Sonst hätte er sie wohl nicht in den Mund genommen. Churchill hätte sich gehütet, die These auszusprechen, da die Stimmung in England, obwohl es im Unterschied zu Russland keine Greueltaten des Feindes erleben musste, in diesem Punkt ganz anders als in Russland war. In den westlichen Medien war es üblich, zwischen den Nazis und den Deutschen insgesamt ein Gleichniszeichen zu setzen, was übrigens auch im Bombenterror gegen deutsche Städte seinen Ausdruck fand. Bei uns war es anders. In Stalingrad und danach hörte ich ab und zu auch Sendungen des Großdeutschen Rundfunks. Sie kamen mir oft blöd vor. Zum Beispiel, wenn behauptet wurde, die Russen leisteten deswegen erbitterten Widerstand, weil sie vor dem Krieg sehr schlecht gelebt hatten. So schlecht, dass sie am Leben keine Freude hatten und deshalb nicht an ihm hingen. Als ob nur derjenige am Leben hängt, der das Glück hat, ein warmes WC zu benutzen. Unter
den deutschsprachigen grenzüberschreitenden Propagandasendern gab es auch
andere, die hier nicht erwähnt wurden, obwohl ich sie auch abhörte.
--------------------------------------------------------------------------------- 3. Während der Schlacht taten sich deutschsprachige Sender der Sowjetunion, Englands und Hitlerdeutschlands besonders hervor. Aber es gab damals auch andere Propagandasender. Das waren die Radiosender der sogenannten grauen oder auch schwarzen Propaganda. Also solche, die nicht zu den offiziellen Einrichtungen der kriegführenden Mächte gehörten. Auf der sowjetischen Seite zählte dazu der Radiosender „Freies Deutschland“, der allerdings seine Tätigkeit erst einige Monate nach dem Ende der Stalingrader Schlacht aufnahm, aber mit dieser quasi genetisch verbunden war. Zuerst dadurch, dass zu seinen Mitarbeitern mehrere in Stalingrad gefangene Offiziere und Generäle der Wehrmacht zählten. Dann auch dadurch, dass dieses Radio „Freies Deutschland“ in seinen Sendungen den in Stalingrad eingetretenen Sinneswandel der deutschen Landser widerspiegelte. Jetzt dachten sie nicht mehr so wie in der Zeit des triumphalen deutschen Vormarsches in Russland. Jetzt mussten die meisten begreifen, dass der Waffengang im Osten ein trauriges Ende haben wird. Und die Einsichtigsten wollten das Schlimmste für Deutschland verhindern. Vor allem, dass Deutschland zum Schlachtfeld und dann zur verbrannten Erde wird wie Russland in seinen weiten Teilen. Auch wollten sie der Besetzung Deutschlands durch alliierte Truppen zuvorkommen. Als Patentlösung haben sie die freiwillige Heimführung der deutschen Truppen, die Ablösung des nationalsozialistischen Regimes, Waffenstillstand und Friedensverhandlungen vorgeschlagen. Inwiefern die sowjetische Regierung dieses Programm ernst nahm, darüber streiten die Historiker. Nach meiner Meinung ist dies nicht ganz auszuschließen. Denn nach dem großen Sieg der Roten Armee in Stalingrad schien die Zerschlagung Hitlerdeutschlands näher gerückt zu sein. Und im Kreml musste man sich Gedanken darüber machen, was nach dem Krieg aus Deutschland wird. Vor allem, ob es gelingen wird, das besiegte Deutschland dem Zugriff der Westmächte zu entziehen, denen Stalin auch nach der Entstehung des Kriegsbündnisses gegen Hitler nicht richtig traute. Deswegen könnte das von den deutschen Patrioten aus der sowjetisch kontrollierten Bewegung „Freies Deutschland“ vertretene Programm dem Kreml imponieren. Sicherte es wenigstens das Entstehen eines Deutschlands, das gegen die Sowjetunion nicht so leicht zu missbrauchen wäre. Die Sendungen des „Freien Deutschland“ machten auf mich einen guten Eindruck. Es war, glaube ich, der einzige Propagandasender, der eindringlich an die guten Traditionen der deutschen Vergangenheit erinnerte. An die großartigen Leistungen der deutschen Literatur, Kunst, Wissenschaft und auch an Ereignisse der deutschen Geschichte, die davon zeugten, dass auch den Deutschen die Freiheitsliebe nicht fremd war. Von dieser patriotischen Grundeinstellung aus appellierte das Radio „Freies Deutschland an das Gewissen der Deutschen an der Front und im Hinterland, beschwor sie, das eigene Land nicht noch tiefer in den Schmutz des Nationalsozialismus, des Terrors, des Krieges, des rassistischen Wahnsinns zu ziehen. Übrigens
fand ich diese ganze Palette von Gedanken in den sowjetischen
deutschsprachigen Flugblättern, die noch vor der Einrichtung des Senders
„Freies Deutschland“ in Stalingrad auf die deutschen Stellungen
abgeworfen wurden, aber auch in unseren Stellungen, vom Wind hingetragen,
rumlagen. Auf der westlichen Seite gab es, soviel ich weiß, keine Propagandasender, die ähnlich wie das Radio „Freies Deutschland“ agierten. Das war nur folgerichtig, da die Westmächte an einem deutschen Widerstand gegen Hitler wenig interessiert waren. Sie setzten auf die bedingungslose Kapitulation Deutschlands. Die Selbstbefreiung Deutschlands von Hitler sahen sie nicht vor. Deswegen gestalteten sie ihre Propaganda anders als die Sowjetunion. ---------------------------------------------------------------------------- 4. Unter den von der sowjetischen Regierung inspirierten und kontrollierten Sender brachte das Radio „Freies Deutschland“ das inhaltsreichste Programm. Das war das Sprachrohr der in Stalingrad kriegsgefangenen deutschen Militärs. Er sollte die Deutschen bewegen, mit dem so gut wie verlorenen Krieg Schluss zu machen. Auch die Westmächte richteten damals Radiosender besonderer Art ein. Das waren deutschsprachige Sender, die vorgaben, im Namen einer deutschen Widerstandsgruppe zu sprechen. Eben nur vorgaben. Die Widerstandsgruppen , die sich angeblich durch diese Sender artikulierten, waren nur vorgetäuscht. Im Unterschied zu der in der Sowjetunion entstandenen Bewegung „Freies Deutschland“ . Ein in England installierter Sender, der vorgab, im Namen einer Widerstandsorganisation zu sprechen, hieß „Gustav- Siegfried- Eins“. Es war ein Meisterstück der britischen Propaganda auf Radiowellen. „Gustav- Siegfried – Eins“ redete den deutschen Hörern ein, in der Wehrmacht gäbe es eine starke Widerstandsgruppe, die empört ist, dass Hitler dem deutschen Militär ins Handwerk pfuscht. Eine Spezialität dieses Radiosenders waren Schilderungen von Orgien hoher Funktionäre der Nazipartei. Sie wurden als Säufer, Hurenböcke und Diebe hingestellt, die im darbenden Deutschland auf Kosten der Volksgenossen ein fröhliches Leben führten. Die immer wiederkehrende Frage lautete, ob die deutschen Landser dafür sterben wollen? Der Sender kam übrigens auch in Stalingrad gut an, wo ich während der Schlacht als Militärfunker Gelegenheit hatte, die ganze Radioskala abzutasten. Es machte Spaß, seine deftige Sprache zu vernehmen, obwohl mir viele Worte aus dem Slang der Prostituierten, Diebe und Säufer unbekannt waren. Vermutlich hat Gustav- Siegfried - Eins zur Zersetzung der Kriegsmoral in der Wehrmacht etwas beigetragen. Was er bestimmt nicht gemacht hat, seinen deutschen Hörern eine Perspektive zu öffnen, worum sich der Sender „Freies Deutschland bemühte, von dem in der vorigen Sendung die Rede war. Um diese Aufzählung der Propagandasender abzurunden, die ich damals unerlaubter Weise in meinem Bunker in Stalingrad abhörte, muss ich auch die deutschen Sender in russischer Sprache erwähnen. Es war eine ganze Palette, die vom Nazipropagandaminister Goebbels ins Leben gerufen wurde. Mir blieb der Sender „Die alte Garde“ in Erinnerung, der vorgab, im Namen der von Stalin verfolgten alten russischen Kommunisten zu sprechen. Die Demagogie konnten die Nazis sich schenken. Allen war bekannt, dass ein aktiver russischer Kommunist, wenn er in ihre Gewalt geriet, sofort abgeknallt wurde. Außerdem: Wer konnte schon den Sender hören? Sofort nach dem Ausbruch des Krieges wurden alle Radioempfänger in der Sowjetunion eingezogen. Nur ein paar solcher Radiofans wie ich riskierten, die Geräte zu behalten und fremde Sendungen zu empfangen, um sich besser zu informieren. Oder einfach aus Spaß am Verbotenen. Als
ich in Stalingrad und dann auch woanders alle diese Propagandasendungen in
deutscher Sprache abhörte, stellte ich mir oft
die Frage, wie sie wohl bei den Deutschen ankamen. Aber diese Frage
konnte ich erst viel später ein wenig klären, als ich die Möglichkeit
bekam, in die Akten der nazistischen Geheimpolizei Einsicht zu nehmen.
---------------------------------------------------------------------------- 5. Die Radiowellen wurden im Krieg zu den bevorzugten Trägern der Propaganda, weil sie bekanntlich über jede Grenze oder Frontlinie hinweg frei fliegen. Keine Polizei kann sie aufhalten, keine Kugel treffen. Allerdings konnte die Polizei in mehreren Fällen die Radiohörer belangen, die das Verbot, fremde Radiostimmen zu hören, verletzten. Und gerade diese polizeilichen Repressalien, in Akten dokumentiert, ließen Rückschlüsse darauf zu, ob die Propagandasendungen der anderen Seite gehört wurden und welche mehr und welche weniger. Besonders gründlich wurden die Hörer fremder Stimmen in Hitlerdeutschland gejagt. Als ich in Berlin Einblick in die Akten der nationalsozialistischen Geheimpolizei nahm, breitete sich vor mir ein nahezu perfektes System der Ermittlung und strafrechtlicher Verfolgung der unbotmäßigen Radiohörer aus. Es schloss die Bespitzelung der Verdächtigen, das Mitlauschen der Gespräche in Gaststätten und Kantinen, die Überprüfung der Post und vieles andere mehr ein. Und wenn ein Volksgenosse, wie die Bürger in Hitlerdeutschland amtlich genannt wurden, eines Radioverbrechens, wie es zumeist hieß, überführt wurde, hatte er nichts zu lachen. Bestenfalls landete er in einem KZ, schlimmstenfalls unter dem Fallbeil. Den Gestapostatistiken konnte man entnehmen, welche Propagandasender des Auslands in Deutschland mehr, welche weniger gehört wurden. An erster Stelle stand der deutschsprachige Londoner Sender. Dafür gab es viele Gründe. Das traditionell hohe Ansehen Englands in den Augen der deutschen Bevölkerung. Der psychologisch geschickte Aufbau der Radiosendungen, die schon deshalb einen glaubwürdigen Eindruck hinterließen, weil sie nicht nur von den Siegen der Westmächte im Kampf gegen Deutschland, sondern auch von ihren Misserfolgen berichteten. Auch die Tatsache, dass die erwischten Hörer der britischen Sender in Deutschland im Schnitt weniger hart bestraft wurden als zum Beispiel die Hörer von Radio Moskau, denen gleich Hochverrat vorgeworfen wurde, spielte gewiss eine Rolle. So wiesen die Gestapostatistiken eine niedrigere Zahl der Moskauhörer, wie es in den einschlägigen Akten hieß, als die der Londonhörer aus. Dafür waren die Fälle der Moskauhörer sehr beeindruckend. Es ging hier meistens nicht um Zufallshörer, sondern um Menschen, die genau wussten, was sie wollten. Und sie wollten mehr Informationen von einem Kriegsschauplatz, mit dem sie ihre Hoffnung auf die Befreiung vom Hitlerregime und vom Krieg verbanden. Das war für sie der Kriegsschauplatz in der Sowjetunion, in Russland. Insbesondere in der Zeit der Stalingrader Schlacht, deren kriegsentscheidende Bedeutung ihnen allmählich bewusst wurde. Von den vielen Fällen, die ich in den Gestapoakten aufstöberte, blieben mir zwei besonders gut in Erinnerung. Zum einen war es der Fall des Heizers Albert Jakob aus einer kleinen Stadt. Der Mann war einmal Kommunist, dann aber, als die KP in Deutschland von der Hitlerregierung verboten worden war, stellte er jede Verbindung zu seinen ehemaligen Parteifreunden ein. Er lebte still, half, wo er nur konnte, seinen Nachbarn und Arbeitskollegen und genoss viel Ansehen in seiner Umgebung. Auf die Welle von Radio Moskau führte ihn die Sorge um seinen Sohn, der als Soldat nach Russland kam. Der Heizer Jakob wollte erfahren, was an der Ostfront los war. Immer öfter stellte er die Moskauer Welle ein, wobei er große Vorsicht übte. Er breitete eine dicke Decke über den Empfänger und seinen Kopf aus, damit kein einziger Ton herausdrang. Lange Zeit ging es gut. Aber als die Wende an der Wolga kam und der sowjetische Ring um 300.000 deutsche Landser geschlossen wurde, konnte der Heizer Jakob die Meldungen von Radio Moskau über die Schlacht nicht mehr an sich halten. Das sinnlose Verheizen von jungen deutschen Männern, wie sein Sohn einer war, in den Weiten der russischen Steppe, empfand er als Verbrechen am deutschen Volk. So fing er an zu reden. In den Arbeitspausen in seinem Betrieb, abends in der Kneipe. Er gab das weiter, was er in den Sendungen aus Moskau gehört hatte, ohne die Quelle zu nennen.
Das nahm ein Ende wie in vielen ähnlichen Fällen in Deutschland. Von einem Gestapospitzel verraten, wurde er verhaftet. Die Ermittlungsrichter der Gestapo hatten damals ein Verfahren entwickelt, das ihnen ermöglichte, festzustellen, welchen Sender der Delinquent abgehört hatte. Sie verglichen die Protokolle der Sendungen mit den Spitzelberichten. In der Strafsache des Heizers Jakob war der Befund eindeutig. Das, was er seinen Kollegen und Freunden erzählte, stimmte mit dem überein, was Radio Moskau sendete. Also war die Anklage wegen Vorbereitung zum Hochverrat fällig. Es kam zu einer verkürzten Gerichtsverhandlung. Todesurteil. Das Gnadengesuch wurde abgelehnt. Trotz bester Beurteilungen der Arbeitsstelle und der Hausgemeinschaft und auch der Bitte des Sohnes, des Frontsoldaten. Die Akte des Heizers Jacob hielt auch sein Verhalten bei der Hinrichtung durch Fallbeil fest. Ihm wurde ein würdiges, gefasstes Auftreten bescheinigt. Auch enthielt die Akte ein Detail, das man nur mit Schulterzucken quittieren kann. Der Richter, der Albert Jacob zum Tode verurteilt hatte, bat seine Obrigkeit, den eingezogenen Radioempfänger des Heizers für seinen Hausgebrauch nehmen zu dürfen. Der Bitte wurde entsprochen. Selbstverständlich endete das Abhören von Radio Moskau in Deutschland während des Krieges nicht immer so tragisch. In den Gestapoakten fand sich der Fall einer Arbeiterin aus Burgstädt in Sachsen. Sie war eine alte Hörerin von Radio Moskau, noch aus der Weimarer Zeit. Besonders aktiv wurde sie allerdings, als der sowjetische Sender sich dazu entschloss, die Listen der in Stalingrad gefangenen deutschen Soldaten und Offiziere zu verlesen. Die Burgstädterin schrieb Namen und Adressen auf und benachrichtigte die Angehörigen der Gefangenen in anonymen Briefen. Sie tat es nicht nur aus politischen Gründen, sondern auch, um den Angehörigen eine schwere Last von der Seele zu nehmen. Denn die deutschen Stellen behaupteten stur, die an der Wolga eingekesselten deutschen Soldaten zogen der russischen Gefangenschaft den Ehrentod auf dem Schlachtfeld vor. Und nach diesem Propagandamythos der Naziregierung erhielten die Angehörigen keine näheren Angaben außer der knappen „Verschollen in Russland“. Die tapfere Frau hat viele Dutzende Briefe mit Auskünften aus den sowjetischen Sendungen verschickt. Die Gestapo war außer sich. Die Fahndung nach der Übeltäterin lief Tag und Nacht. Aber sie war nicht die einzige. Mehrere Hörer taten dasselbe. So musste die Gestapo gleichzeitig mehrere Spuren verfolgen. Und nicht immer mit Fahndungserfolg. Als ich über den Fall las, habe ich mir zur Aufgabe gesetzt, die Frau zu finden. Mit Hilfe von Zeitungsannoncen ist mir das auch gelungen. Ich besuchte Frau Gertrud Schreiber in ihrer Heimatstadt Burgstädt. Aus einem Versteck holte sie die mehr schlecht als recht aufgeschriebenen Sendungen von Radio Moskau und zeigte mir auch bewegte Dankesschreiben von Menschen aus allen Teilen Deutschlands, die sie erhielt, nachdem sie ihre Anonymität lüften konnte. Es sind hier nur zwei Fälle angeführt worden, die davon zeugen, dass die Sendungen von Radio Moskau während der Stalingrader Schlacht nicht ganz umsonst waren. Der deutschen Hörer, die das Todesrisiko in Kauf nahmen, um sie abzuhören, und erst recht derjenigen, die das Gehörte weitererzählten, möchte ich hiermit gedenken. Sie hatten ihren Anteil an der Zerschlagung des Naziregimes in Deutschland. Damit haben sie die Voraussetzungen für ein Deutschland mitgeschaffen, wie es jetzt ist. Ein Deutschland, das hoffentlich ein Freund des neuen Russlands ist und bleibt.
DIE
NEUE EPOCHE DER INTERNATIONALEN KOMMUNIKATION ?? 1. Historiker sprechen von sechstausend Jahren der Existenz der Informations- bzw. Propagandaflüsse über die Grenzen hinweg. Am Anfang war der Mensch das Transportmittel der grenzüberschreitenden Propaganda , sagen sie. Wenn ein Staat die öffentliche Meinung in einem anderen Staat unauffällig beeinflussen wollte, schickte er seine Agenten über die Grenzen. Zum Beispiel als Händler getarnt. Sie traten auf fremden Märkten in Erscheinung, die schon immer eine Art Infobörse darstellten, und leierten das ihnen Aufgetragene herunter. So entstanden Gerüchte, die den Auftraggebern in den Kram passten. Zum Beispiel darüber, dass der Staat der Auftraggeber eine unüberwindliche militärische Schlagkraft habe. Und wenn er damit droht, sei es das beste, ihm nachzugeben. Solange es nicht zu spät ist. Als ein schlauer Kopf das Schrifttum erfand, veränderte sich der Infotransport über die Grenzen. Zwar brauchte man weiterhin jemanden, der ein Papyrus beförderte. Dennoch war seine Mission nicht so schwierig und so gefährlich wie zu den Zeiten, als er sich wie ein zweibeiniger Leierkasten in Feindesland begab. Erst recht wurde das gedruckte Wort zum schlagkräftigen Träger der Auslandspropaganda. Wenn ein Fürst im späten Mittelalter seine Erbansprüche anmelden wollte, ließ er diese in einer Broschüre darlegen, bezahlte dem Typograph die Auflage und Buchhändlern den Vertrieb. Mitunter half es ihm, seinen Titel um einen zusätzlichen Satz zu erweitern. Als das Gedruckte mit Artilleriegeschossen oder mit Flugzeugen transportiert werden konnte, erreichte die Printpropaganda über die Grenzen bzw. über die Frontlinien hinweg ein riesiges Ausmaß. Das Zeitalter des Flugblattes brach an. Ein unter uns lebender deutscher Sammler und Forscher nahm die schwierige Aufgabe auf sich, Flugblätter, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg die Soldaten und Zivilisten des Gegners beeinflussen sollten, zu sammeln und zu ordnen. In mehreren Jahrzehnten brachte er seine Sammlung auf viele Tausende Titel. Die mehrere Dutzend von ihm herausgebrachten dicken Bände dokumentieren die merkwürdige Sparte der internationalen politischen Publizistik. Wenig beachtet und schwer zugänglich, weil ein an den Gegner gerichtetes Flugblatt kurzlebig ist. In einem bestimmten Augenblick kann es eine beachtliche Wirkung erzielen. Danach aber braucht es niemand mehr. Sicherlich hat ein Printmedium als Mittel der Auslandspropaganda seine Vorzüge. Aber auch Nachteile, da es eine physische Substanz besitzt. Ob eine Broschüre oder ein Blättchen superdünnes Papier, kann es an der Grenze entdeckt und weggenommen, hinter einer Frontlinie unterwegs geschnappt werden. Unter Umständen verrät es den Adressaten. Immerhin muss ein Soldat sich bücken, um es aufzulesen. Und wenn er es weiterreicht, riskiert er erst recht, vor einem Militärgericht gestellt zu werden. Deswegen stürzten sich alle Propagandaleute, die darauf aus waren, im fremden Haus Verwirrung oder sogar Panik zu säen und zwischen der Führung eines fremden Landes und seinem Volk ein Keil zu treiben, wie Geier auf die Radiowelle als Transportmittel ihrer Elaborate. Die Radiowelle hat keine Substanz. Jedenfalls keine, die ein Zöllner oder Polizist in die Hand nehmen kann. Sie ist an einer Grenze oder einer Frontlinie nicht aufzuhalten. Sie wandert vom Urheber des zersetzenden (oder aufbauenden) Wortes zu seinen Adressaten auf unsichtbaren Wegen und hinterlässt keine Spuren. 2. Im Ersten Weltkrieg spielte das Radio als Vehikel der Propaganda allerdings noch keine große Rolle. Es lag in den Windeln und piepste, das Sprechen noch unfähig. Als es aber reif wurde und sprechen lernte, gewann es im Propagandakrieg immense Bedeutung. Im Zweiten Weltkrieg waren Hunderte Sender tätig, die dem Hörer auf der Gegenseite einredeten, er sollte sich am besten ergeben oder mindestens sich nicht so stark ins Zeug legen wie seine Staatsmänner es anmahnten. Aber auch in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg und noch mehr danach dröhnte der Äther von den sich bekämpfenden Stimmen. Sie bereiteten den Krieg vor bzw. führten ihn nach dem Friedensschluss weiter. Das hing mit einem Phänomen zusammen, das als Ideologisierung der internationalen Beziehungen gekennzeichnet wurde. In der Zeit traten die Staaten gegeneinander nicht einfach deswegen auf, um sich auf fremde Kosten auszudehnen oder andere Vorteile zu gewinnen. Sie wollten die Bekehrung zu ihrem Glauben erzwingen und damit den Sieg perfekt machen. Die einen schwenkten die Fahnen der Freiheit, Demokratie, Rechtstaatlichkeit, die anderen einer neuen Gesellschaft ohne soziale Ungerechtigkeit, und Ausbeutung des Menschen. Das war die Sternstunde der Propaganda der Ideen, die vor allem mit dem neuen technischen Mittel, das Radio geführt wurde. 3. Aber auch das Radio bzw. das Fernsehen, also die elektronischen Medien, sind nicht das letzte Wort der Kommunikationstechnik. Ganz neue Horizonte eröffnet das Internet. Es verbindet in seinem Wesen die Vorzüge des gedruckten Wortes und die des Radios. Die Nachhaltigkeit und die Schnelligkeit, die Beständigkeit und das Durchdringungsvermögen. Außerdem hat das Internet das, was die Printmedien, das Radio und das Fernsehen nicht haben. Es hebt z.B. den alten Unterschied zwischen dem Träger und dem Adressaten der Botschaft auf. Jeder kann sowohl wie auch werden. Und, was in unserem Fall, außerordentlich wichtig ist: Das Internet ist billig. Deshalb verspricht es, die politische Kommunikation mit dem Ausland endlich von der staatlichen Bevormundung zu erlösen. Um eine Botschaft dem Ausland zukommen zu lassen, braucht man nicht mehr eine Druckerei oder ein Rundfunksender, sondern nur einen PC. So wird der Informationsaustausch über die Grenzen hinweg zu einer Privatsache. Eine neue Epoche bricht an, die den alten Traum von der freien Gestaltung der Beziehungen zwischen den Völkern durch die Völker selbst verwirklichen lassen kann. Die verschwommene Floskel von der Volksdiplomatie nimmt allmählich Konturen an. Die Holzpuppen freuen sich darauf. Und marschieren an der Spitze des Fortschritts. 2.8.02
DIE SIEGER DER GESCHICHTE IM AUSLANDSFUNK Der Sieg des Westens im kalten Krieg und das Scheitern des „realen“ Sozialismus in der Sowjetunion stellten den Auslandsrundfunk als Propagandawaffe vor neue Aufgaben. Das wurde zwar auf beiden Seiten mehrmals angesprochen, übertrieben freundlich wäre allerdings, zu sagen, dass diese Aufgabe klar, deutlich und umfassend formuliert worden wäre . Vielmehr ließ sich feststellen, dass der Auslandshörfunk, wie übrigens die anderen Institutionen, die mit dem Ziel aufgebaut wurden, der vorhandenen oder nur angenommenen Bedrohung die Stirn zu bieten, sehr langsam aus dem Trott des kalten Krieges kamen. So behielten die westlichen, auf die Sowjetunion und ihre Verbündeten gerichteten Sender in ihren Programmen die frühere Priorität der Fremddarstellung vor der Selbstdarstellung. Die Strategie, die riesigen Informationslücken auszufüllen, durch die repressive Informationspolitik im Osten entstanden, wurde weiter verfolgt, obwohl die Medien in den ehemals sozialistischen oder pseudosozialistischen Ländern ihre Scheuklappen ablegten. Nur mühsam setzte sich die Erkenntnis durch, dass unter den neuen Verhältnissen die westlichen Sendungen in den Sprachen der Völker der Sowjetunion die Gefahr laufen, das nachzuplappern, was die sowjetischen Medien selbst an Entlarvungen des „realen Sozialismus“ von sich gaben. Das allmählich obsolet gewordene Auspeitschen des bereits toten Pferdes, Sowjetsystems, dauerte an, aber die neue Gefahr aus dem Osten, vielleicht sogar reellere als die frühere, blieb an der Peripherie des Sichtkreises der Auslandssender. Diese Gefahr bestand in der ungehemmten Radikalisierung und Chaotisierung der Zustände im sowjetischen Raum, wo die ehemaligen Parteiführer sich immer offener als Nationalisten und Chauvinisten gebärdeten und die neuen, aggressiveren kriminellen Strukturen im Laufe der Privatisierung der Staatswirtschaft entstanden. Unter diesen Verhältnissen sollten die Stimmen sich mehr darin üben, dem Publikum in den Zielländern ihrer Sendungen jene Erfahrungen des Westens zu vermitteln, die es ermöglichen würden, den Kräften der Anarchie, Zersetzung, organisierter Kriminalität entgegenzuwirken. Statt dessen übten sich die Stimmen in der Glorifizierung der russischen Staatsmänner, die, wie jetzt offensichtlich geworden, den riesigen Raum mit ungeheurem Zerstörungspotential in die falsche Richtung bewegten. So ist wohl verständlich, dass die Sender, die sich in der Sowjetzeit als Sprachröhre der Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit profiliert hatten, am Ansehen verloren. Sie wurden von den Hörern zunehmend verdächtigt, jenen westlichen Kräften in die Hand zu spielen, die im ehemals sowjetischen Raum absahnen wollten. 1.8.02
DAS SCHWERE ERBE 1. Als der sowjetische Auslandsrundfunk im Oktober-November 1929 regelmäßige Sendungen aufnahm, nannte er sich absichtlich irreführend "Sektor der Sendungen für ausländische Arbeiter in der UdSSR". Also gab er vor, sich nicht ans Ausland wenden zu wollen, sondern nur an die Ausländer im eigenen Land. Multikulti würden wir heute sagen. Die Tarnung war geboten. Damals waren Rundfunksendungen für Hörer eines anderen Landes etwas, was den internationalen Gepflogenheiten zuwiderlief. Deshalb löste die Aufnahme der grenzüberschreitenden Radiosendungen für die Sowjetregierung, die sich damals verstärkt um Anerkennung im Westen bemühte, höchst unangenehme diplomatische Verwerfungen aus. Allerdings nutzte der Trick wenig. Denn es gab untrügliche Indizien dafür, dass das Zielpublikum der fremdsprachigen Programme des Moskauer Senders nicht die ausländischen Arbeiter in der Sowjetunion und nicht die ethnische Minderheit der Deutschstämmigen, sondern eben die Menschen im Ausland waren, die aufgrund ihrer sozialen Lage für ansprechbar gehalten wurden. Sonst hätte man wohl nicht den in Europa damals stärksten Mittelwellenstrahler eingesetzt, die Zeit der Sendungen nicht nach Mitternacht (nach Moskauer Zeit, in Mittel- und Westeuropa war es zwei bzw. drei Stunden früher) verlegt und die Sendungen nicht mit einer weit ausholenden Presseberichterstattung begleitet. Gerade die Letztere sprach Bände. So schrieb die Zeitschrift "Radiosluschatel" (Moskau, 1930, Nr. 11, S.1), dass der sowjetische Rundfunk „zu einem Bindeglied zwischen den Unterdrückten aller Nationalitäten und aller Länder geworden sei und somit zum Zentrum, von dem die Befreiung der Unterdrückten ausginge... Er würde die Werktätigen der ganzen Welt unermüdlich zum harten, erbarmungslosen Kampf gegen die Ausbeuter aufrufen.“ Das passte sehr gut zum Anspruch der Sowjetunion, die Heimat aller Werktätigen der Welt und das Triebwerk der Weltrevolution des Proletariats zu sein, aber nicht zur Legende von den Sendungen für ausländische Arbeiter in der Sowjetunion oder, insofern es um die deutschsprachigen Sendungen ging, für die Wolgadeutschen. 2. Um die Zeit war der Kampf zwischen der sogenannten internationalistischen Fraktion in der kommunistischen Führung, der zumeist die Revolutionäre der ersten Stunde, viele jüdischer Abstammung, auf die Weltrevolution fixiert, angehörten, und dem anderen, stalinistischen Flügel, der vor allem die Stärkung des sowjetischen Staates und der eigenen Herrschaft anstrebte, noch nicht ganz ausgefochten. Wahrscheinlich deswegen widersprachen sich die Stellungnahmen des sowjetischen AA, das immer wieder darauf hinwies, dass die Sendungen nicht fürs Ausland gedacht sind, und die Presseveröffentlichungen, aus denen das Gegenteil klar ersichtlich war. So konnte man in der Rundfunkzeitung "Hier spricht Moskau" (Moskau, 1932, Nr.25, S.3) lesen: "Die Aufgabe der Sendungen besteht darin, den Hörern Kampfgeist, das Gefühl des Internationalismus einzuimpfen, die Augen für den wahren Charakter der kapitalistischen Ordnung zu öffnen, die Pläne und Bestrebungen der kapitalistischen Raubtiere zu enthüllen, das Gift des Pazifismus und der Abrüstungspropaganda zu neutralisieren, ein Gift, mit dem die sozial-faschistischen Diener des Kapitals (d.h. die westliche Sozialdemokratie- Anm. des Verfassers) die Gehirne verblöden... Mit Hilfe des Rundfunks müssen wir den Schleier der Vorbereitung neuer imperialistischer Kriege und Interventionen gegen die UdSSR lüften". Dennoch dauerte es nicht lange, bis die "Internationalisten", zumeist in die Nähe des aus der Sowjetunion bereits 1927 ausgewiesenen Leo Trotzki geschoben, der mit Wladimir Lenin jahrelang als Promotor der Oktoberrevolution von 1917 gegolten und sich mit Stalin total verkracht hatte, peu a peu aus allen Parteiämtern verdrängt wurden. Als der Leningrader Parteisekretär Sergej Kirow im Dezember 1934 einem vermutlich von Stalins Agenten eingefädelten, aber den Trotzkisten in die Schuhe geschobenen Attentat zum Opfer fiel, was als Signal für den großen Terror diente, mussten die "Abweichler" vor allen anderen daran glauben. Auch im Auslandsfunk, wo vielleicht nicht ganz ohne Grund ihr Stützpunkt geortet wurde. Tatsächlich arbeiteten hier alte Parteimitglieder, in der Zarenzeit größtenteils Westemigranten, mit guten Beziehungen zu Funktionären der kommunistischen Parteien im Ausland. Früher hatte diese Vergangenheit sie für die Tätigkeit im Auslandsradio prädestiniert, nun wurde es ihnen zum Verhängnis. 3. Zuallererst traf der Terror eine im Moskauer Establishment bekannte, sehr agile Dame, Sinaida Bojarskaja, Ehefrau eines einflussreichen Kulturfunktionärs, zu dessen Kompetenzbereich der gesamte Rundfunk gehörte. Genossin Bojarskaja, mit großer Auslandserfahrung gerüstet und publizistisch begabt, schrieb viel: Rundfunksendungen, Pressebeiträge, Bücher. Ihren Stil dokumentiert ein Beitrag, in dem sie der deutschen Presse vorwarf, diese versuche "den Eindruck von den grandiosen Erfolgen des Fünfjahrplans, die die Herzen der Werktätigen in aller Welt mit dem tiefen Glauben an den Sozialismus erfüllen, sie hoffen lassen, dass auch ihre Stunde der Befreiung vom Joch des Kapitals bald kommt, wenigstens ein wenig zu schmälern und zu verwischen... Die kapitalistische Presse, insbesondere die sozial-faschistische (d.h. die sozialdemokratische- Anm. des Verfassers) übt sich tagein, tagaus in neuen Lügen vom Hunger und von der Not der Werktätigen in der UdSSR..." Es störte die eloquente Autorin wohl keineswegs, dass zu dieser Zeit in der Ukraine und in Kasachstan täglich Tausende verhungerten... In einem anderen Beitrag von Sinaida Bojarskaja lesen wir: "Die heldenhafte Arbeiterklasse der UdSSR, die aufopferungsvoll das lichte Reich des Sozialismus errichtet, verstärkt ihren mächtigen Einfluss in der Welt, hilft, die internationale Revolution schnellstens auszulösen". Die Broschüren der Sinaida Bojarskaja, aus denen die Zitate stammen, wurden vor allem im Ausland vertrieben, zumeist in Deutschland. Die mehrsprachigen Editionen besorgte der Gewerkschaftsverlag in Moskau, den Vertrieb die Profintern, also eine internationale, sowjetisch dominierte Vereinigung kommunistischer Gewerkschaften. Übrigens liefen auch die fremdsprachigen Sendungen aus Moskau unter dem Aushängeschild der Gewerkschaften. Wenn aber die ausländischen Regierungen für die Printpropaganda die fadenscheinige Tarnung zähneknirschend hinnahmen, verhielten sie sich, wenn es um die grenzüberschreitenden Sendungen des Moskauer Rundfunks ging, ganz anders. Zu offensichtlich war es hier, dass nicht die Gewerkschaften, sondern die kommunistische Partei der Sowjetunion und die weltweite Vereinigung der Kommunistischen Parteien, die Komintern, in der Rundfunkanstalt die Weisungskompetenz hatten. Das musste wohl der stalinistischen Führung ein zusätzlicher Grund gewesen sein, gesetzt den Fall, sie hat diesen überhaupt gebraucht, im Auslandsfunk gründlich aufzuräumen, um den schrillen Ton der Sendungen zu dämpfen. 4. Nach der erwähnten Sinaida Bojarskaja kam ihre Nachfolgerin Rosa Frumkina an die Reihe. Die langjährige Leiterin des Auslandssektors des Allunionsrundfunkkomitees wurde im Sommer 1936 verhaftet. In den folgenden Monaten stand ihr Name immer an der Spitze der Liste der Volksfeinde, im Rundfunk verlesen, wenn "kommunistische Wachsamkeit" gefordert war. Z.B. auf einer Aktivtagung des Allunionsrundfunkskomitees, dessen Vorsitzende K.A.Malzew reuevoll erklärte, dass „Frumkina und die anderen in unseren Rundfunk eindrangen und aufgrund unserer politischen Blindheit lange Zeit ihre politischen Intrigen treiben konnten".(Rabotnik Radioweschtschanija", Moskau, 1936, Nr.4, S.3"). Im weiteren Verlauf seiner Rede zählte der ehemalige Matrose der baltischen Zarenmarine, mit Bildung und Erfahrungen unbelastet, die eindeutigen "Sabotageakte“ im Rundfunk auf: "Nach einer Trauerveranstaltung wurde heitere Musik gesendet, nach feierlichen Tagungen erklang Trauermusik, es gingen Tippfehler durch, die den Inhalt politischer Informationen entstellten, man hätte für die Tätigkeit faschistischer Rundfunkstationen geworben, indem man den Feind zu Wort kommen ließ, um ihn angeblich zu entlarven“. Klare Sache: Die Schuldigen konnten nur Agenten ausländischer Geheimdienste sein. Auf der Grundlage des Berichtes von Malzew rief das Aktiv auf, "die Feinde des Volkes, die in den Rundfunk eingedrungen sind, bis zum Ende zu entlarven, in allen Zwischengliedern des Rundfunks eine solche Ordnung herzustellen, bei der schädliche Handlungen, das Eindringen japanisch- deutscher-trotzkistischer Agenten ausgeschlossen sind“. (ebenda S.2) Die Aufforderung zur Entlarvung blieb nicht ungehört. Sie löste eine Flut von Denunziationen aus. Besonders wurde der Auslandssektor davon betroffen, denn hier hatte man persönliche und dienstliche Kontakte mit dem Ausland, die für die Mitarbeiter nun lebensgefährlich geworden waren. Die deutsche Sektion, die größte und wichtigste, mehrheitlich mit Mitarbeitern aus dem Kreis der deutschen Emigranten besetzt, wurde dabei zur bevorzugten Zielscheibe der Schläge der "Organe". Die Mitarbeiter des Auslandsfunks hatten keine ruhige Nacht mehr. Jeder Schritt im Treppenhaus ließ sie zusammenfahren. Ein Bündel mit Wäsche lag stets griffbereit. Aber am Tage mussten sie weiter dem sozialistischen Paradies huldigen. 5. Im Ergebnis entstanden Programme, die sogar bei denen im Ausland, die sowjetfreundlich waren, die Dinge jedoch durchschauten, ein gewiss nicht einkalkuliertes Echo auslösten. So hat der französische Schriftsteller Romain Rolland, in die kommunistische Propaganda als ein traveller fellow eingespannt, in einer Tagebucheintragung vom August 1936 "das wilde Gekläff, einen Schwall des schlimmen Geschimpfes in den französischen Sendungen aus Moskau" beklagt. Es handelte sich um eine Sendung über den Ausgang des von Stalin inszenierten Schauprozesses gegen den ehemaligen Kominternvorsitzenden Sinowjew, Lenins Freund Kamenew und andere. Rolland sinnierte bitter über die politischen Sitten in der Sowjetunion: "Was ist das für eine grausame Geistesverwirrung, wenn die gleiche offizielle Stimme, die die Hingerichteten und die französischen sowie belgischen Sozialisten beleidigt, die diesen beistanden, ein Lobgesang auf Ludwig XIV anstimmt, ich meine Stalin, der "Sonne der Völker der UdSSR " genannt wird.“ Der Wahnsinn hatte aber einen Sinn. Der ganze Apparat der Sowjetmacht wurde so gefügig, dass er jede Kursänderung, sei sie noch so unerwartet und krass wie der Schwenk von der Politik der kollektiven Abwehr der faschistischen Gefahr in Europa in der Mitte der dreißiger Jahre zum Hitler- Stalin- Pakt von 1939, mit sklavischer Ergebenheit hinnahm. Auch das Team des Auslandsrundfunks, die deutschen antifaschistischen Emigranten inbegriffen. 1968 quittierten die Tschechen und Slowaken im Moskauer Radio den Einmarsch der sowjetischen Truppen in die Tschechoslowakei und die Niederdrückung des Prager Frühlings mit Arbeitsniederlegung. Die deutschen kommunistischen Emigranten dachten 1939 gar nicht daran, aufzumucken. Von Heute auf Morgen mutierte Hitlerdeutschland in den Sendungen vom Kriegsherd in Europa zum verhinderten Friedensstifter. In der Zeit wurde vieles in die Arbeitsweise des sowjetischen Auslandsfunks hineingetragen, was seine späteren Gebrechen nach sich zog. Die übertriebene Kontrolle, die am deutlichsten in der mehrstufigen Abzeichnungshierarchie ihren Ausdruck fand, die krampfhafte Suche nach ideologischen und politischen Fehlern, die zur Ausrottung der kreativen Journalistik führte, die Verdächtigung jeglicher Überlegungen über die Ziele und Methoden der Arbeit als getarnte Diversion, kurz und gut, die über Jahre hinweg betriebene Hexenjagd. Als Spitze der journalistischen Leistung galt die „genaue Formulierung“, mit anderen Worten die sklavische Anlehnung an das, was in den Reden des jeweiligen Generalsekretärs der Partei verkündet wurde. Jedem menschlichen, lebensnahen Wort in den Sendungen, jeder individuell gefärbten Äußerung, jedem Versuch, sich nicht wie ein Roboter zu geben, wurde aggressives Misstrauen entgegengebracht, jede Reportage musste von Spickzetteln abgelesen, jede Interviewfrage vorher abgestimmt werden, jede „Diskussion“ nach einem genau festegelegten Schema ablaufen. Man durfte nicht in einer Fremdsprache schreiben, da die vielen Abzeichner den russischen Text haben wollten, um die vermeintlichen Fehler sicherer ausmerzen zu können. Die Arbeitsweise kostete viel Geld, schaffte viel böses Blut, brachte Tempoverluste, war insgesamt höchst ineffizient, konterproduktiv, aber von Jahr zu Jahr verfestigte sie sich. Die Bürokratie im Auslandsfunk, von gescheiterten Diplomaten und KGB- Männern geleitet, wollte nichts anderes, da sie sich in den Verhältnissen wie der Fisch im Wasser fühlte. Sicherlich hat die Perestroika, die zwar mit Verspätung, aber doch auch den Auslandsfunk erreichte, vieles verändert. Es wäre aber zu schön, hätte sich das Erbe der Jahre in nichts aufgelöst. 6. Es folgt die, dem Verfasser von der Generalstaatsanwaltschaft der UdSSR liebenswürdig vermittelte, gewiss unvollständige Liste der Deutschen, die in den dreißiger Jahren an den Sendungen der deutschen Redaktion des sowjetischen Auslandsfunks mitgearbeitet hatten und dafür mit der Freiheit und oft mit dem Leben bezahlen mussten. Es waren keine hohen Funktionäre der KPD, sondern Angehörige jener Arbeiterklasse in Deutschland, an deren Glück der sowjetischen Führung, jedenfalls ihren Worten nach, so viel lag. 1. Dettner, Fritz (1905 – erschossen 1937); 2. Schwarz, Barbara (1890- erschossen 1941); 3. Wurz (Würz), Erich (1899- ?); 4. Grossman, Alexander (1903 - ?); 5.Johanson, Helena (1885- ?); 6. Stern- Frankfurter, Gerda (1903 -?); 7. Franke, Emilia (1904 -?). 7. Übrigens war in jenem Teil der Führung der KPD, die in Moskau residierte, für die Betreuung der deutschsprachigen Sendungen des Moskauer Radios ein gewisser Herbert Wehner zuständig, nach dem Krieg 1941-1945 der SPD- Fraktionsvorsitzende im Bundestag der Bundesrepublik Deutschland. Es fehlen leider Hinweise darauf, dass er sich in den Jahren des großen Terrors für die bedrohten Landsleute unter den Mitarbeitern des Radios im Kreml stark gemacht hat. Allerdings blieben Andeutungen, er hätte mit der politischen Polizei Stalins zusammengearbeitet, unbestätigt. Der Kontaktmann Wehners im Radio Moskau war Stepan Jakowlewitsch Kolmykow. In der Nachkriegszeit leitete er viele Jahre lang die Redaktion für die Sendungen nach Griechenland und war eine zeitlang Parteisekretär in einem wichtigen Segment des Radios. Bedauerlicherweise verweigerte er dem Verfasser jegliche Auskünfte über die Vorkriegszeit und erst recht über das Wüten des Terrors im Moskauer Radio der dreißiger Jahre. 31.7.02
WER
VERZEHRTE DIE EIER DEUTSCHER LANDSER IN RUSSLAND? Kurz
vor dem 57. Jahrestag der deutschen
Kapitulation von 1945, die das Morden in Europa beendete (im
Fernen Osten ging der Zweite Weltkrieg
bekanntlich bis zum September weiter), brachte das Runet (Grani.ru)
einen Beitrag zur Ergründung der Ursachen der Wehrmachtsniederlage in
Russland. Es veröffentlichte
ein deutsches Flugblatt. 1942 wurde dieses in dem von der
Wehrmacht besetzten und von den russischen
Partisanen heimgesuchten
Nordwestrussland verbreitet. Das
Flugblatt, in russischer Sprache verfasst, war als AUFRUF
AN DAS RUSSISCHE VOLK gestaltet. Nach
einiger Überwindung bringen wir hier den wenig appetitanregenden Text: __________________________________________________________ „RUSSISCHES
VOLK, Die
ergrauten Köpfe deiner Alten, deiner
Männer und Frauen, deiner Kinder sind
mit unerhörter Schande befleckt. Das, was Du weiter liest , ist kein
Fieberwahn eines Verrückten, sondern Aussagen von Russen, gemacht vor
Russen und in Anwesenheit von Russen. Die russischen Menschen
haben die Aussagen aufgeschrieben und die russischen Menschen haben die
Echtheit der erschütternden Tatsachen bezeugt.
Die
Augen erstarren vor Schreck und die Hand weigert sich, weiter zu
schreiben. Und wenn wir uns trotzdem entschließen, uns an Dich, das
russische Volk, zu wenden, dann nur deswegen, weil wir an Dich glauben,
weil wir glauben, dass in Deiner Brust ein Menschenherz schlägt, dass
die Bolschewisten
in dem Vierteljahrhundert ihrer
schändlichen Herrschaft Deinen
Edelmut, Ehrlichkeit,
Menschenrespekt – nicht endgültig getötet haben.
Wir
glauben, dass Du mit uns zusammen angesichts des Verbrechens erstarrst,
das eine Bande von Unmenschen aus dem Vorwerk Rschawez verübt hat. Die
Bande von 22 Verbrechern, darunter 8 Frauen, wurde vom jüdischen
Politkommissar Shelesin kommandiert. Sie nannten sich Partisanen, Kämpfer
für Freiheit und Ehre des Vaterlandes. Sie griffen heimtückisch einen
deutschen Veterinärtross an, der von zwölf Menschen begleitet wurde,
davon zehn Deutsche und zwei Russen. Drei Menschen wurden auf der Stelle
getötet, neun, davon drei Verwundete, gefangengenommen. Die Getöteten
wurden beraubt. Die goldenen Ringe konnten nicht von Ihren Fingern
abgenommen werden, deshalb hat
man die Finger abgehackt.
Die Gefangenen wurden
gefoltert: Ihnen wurden Ohren, Nasen und Wangen abgeschnitten,
Geschlechtsorgane abgetrennt, Augen rausgerissen. Bevor sie starben,
wurden ihnen Fleischstücke aus
der Brust, vom Hintern, den Armen und Füssen rausgeschnitten. Wie einer
der Schuldigen anzeigte, gab es insgesamt ca. 25 Kg. Fleisch. Es wurde
in einem Kessel mit Kartoffeln gekocht. 15
Flaschen Wodka wurden aufgetrieben. Und dann eine Festtafel
gehalten.
Dem
Häuptling, dem Juden Shelesin,
wurde ein besonderes
Gericht zubereitet. Mit Zwiebeln wurden für ihn 18 Eier aus den
Geschlechtsorganen der Gequälten gebraten. Wenn
Ihr russischen Menschen das lest, glaubt Ihr den eigenen Augen nicht.
Auch wir glaubten es nicht,
als wir die Verhörprotokolle der Unmenschen lasen. Und erst nachdem wir
uns überzeugen konnten, dass die Angaben die reinste Wahrheit sind,
haben wir uns entschlossen, vom Verbrechen
zu berichten. Ist
es aber tatsächlich so unglaublich? Nein. Solche Juden und Kommunisten
wie Shelesin stützten die teuflischen Tscheka, GPU und NKWD, die im
russischen Volk Schrecken verbreiteten und der stalinschen Bande ermöglichten,
das russische Volk auf die verschiedenste Weise zu peinigen. Die
Schrecken der Verliese harren noch ihrer Entlarvung. Die Tatsache der
Folter und des Kannibalismus ist aber vor Deinen Augen, russisches Volk. Finde den Mut,
die Schrecken wahrzunehmen.
Das
deutsche Volk weiß, was die Bolschewisten aus dem russischen Volk
machen wollen. Es glaubt aber, dass die Russen noch nicht ganz verdorben
sind. Das
deutsche Volk glaubt, dass sich
die russischen Menschen von den bolschewistischen Missgeburten und
Folterknechten distanzieren und zusammen mit ihren besten Freunden, den
russischen Soldaten der russischen Selbstverteidigung, die Verbrecher
ausrotten. RUSSISCHES
VOLK! Kehre
dem bolschewistischen geistigen Erbe, der Unmenschlichkeit, den Rücken.
Reinige Dich von der Schande der Shelesins-Bande durch einen gnadenlosen
Kampf mit allen ähnlichen Banden. Vor
allem hilf uns, die noch nicht gefassten Verbrecher der Bande und den
Juden selbst zu fassen. Das
Kommando der russischen Freiwilligen.“ Zu
diesem Flugblatt, gefunden in einem staatlichen Archiv der russischen
Partisanenbewegung, ist zu erinnern, dass der Zweite Weltkrieg nicht nur
mit Kanonen, sondern auch mit psychologischen
Waffen geführt wurde. Und so wie die Qualität der Kanonen den Zustand
der Wirtschaft widerspiegelte,
reflektierte die eingesetzte psychologische Waffe das geistige Niveau
in den kriegsführenden Ländern. Beide Seiten haben zwar die
gleichen Transportmittel der giftigen Propagandaerzeugnisse eingesetzt,
vorwiegend Flugblätter und Hörfunksendungen in der Feindessprache,
aber die Inhalte unterschieden sich. Unter diesem Gesichtspunkt sind die
Elaborate der psychologischen Krieger
aufschlussreich. Die
sowjetische an die deutschen Soldaten gerichtete Propaganda
passte sich nicht genügend
der Mentalität der Deutschen an. Insbesondere unmittelbar nach
dem 22.6.1941, als die Wehrmacht die sowjetische Grenze überschritt.
In der Annahme, die deutschen Soldaten
würden mit rabiaten Mittel gezwungen, gegen das Vaterland aller
Werktätigen der Welt aufzumarschieren, appellierten manche an sie
gerichteten sowjetischen Flugblätter
und Radiosendungen an ihr
„Klassenbewusstsein“ und beschworen sie, die Waffe gegen Hitler und
seine kapitalistischen Hintermänner
zu wenden. Bald aber wurde den Drahtziehern der Propaganda im
Kreml klar, dass angesichts überwältigender
Siege der Wehrmacht an der Ostfront diese Appelle bei den Adressaten
schlecht ankommen. Deshalb traten in der sowjetischen, an die Deutschen
gerichteten Frontpropaganda die
traditionellen Motive der psychologischen Beeinflussung des
Kriegsgegners in den Vordergrund. Der Appell an seinen
Überlebenswillen, die Hervorhebung der eigenen Stärke und der
Schwäche des Gegners, auch
Schilderungen der Untaten des Gegners und der eigenen
Menschlichkeit, vor allem gegenüber den Kriegsgefangenen. Somit
wurde die hochtrabende Ideologie
zurückgedrängt. Anstatt ihrer Parolen kam das Kochgeschirr
mit nahrhafter
russischer Kascha, das jeden sich ergebenden Soldaten in der
Gefangenschaft erwartete, und der Köder, nach Kriegsende zur Familie
zurückkehren zu dürfen. Im
Vergleich zu ähnlichen Propagandaelaboraten der Engländer und später
auch der Amerikaner war die sowjetische trotzdem plump. In einem
hermetisch abgeschirmten Land mit gleichgeschalteten
Massenmedien konnte es kaum anders sein. Propagandisten qualifizieren
sich eben in einem offenem Wettbewerb der Ideen und der
Formen der Propaganda. So
unterschied sich die
sowjetische Propaganda in bestimmter Hinsicht kaum von der nazistischen.
Derselbe autoritäre Tonfall, dieselbe dickaufgetragene Schwarz-Weiß-Malerei,
nur mit ganz anderen
ideologischen Vorzeichen.
Rassistische, chauvinistische, militant nationalistische Töne blieben für
sie trotzdem tabu. Ein
Flugblatt wie das zitierte wäre
undenkbar.
Allerdings
besteht die Vermutung, dass auch dieses
nicht nur ein Produkt der Unzulänglichkeit seiner Verfasser war.
Der Propagandadienst der
aus russischen Überläufern bestehenden Hilfstruppe der Wehrmacht in
der besetzten Region Nord-West-Russlands
wurde nämlich 1942 von dem russischen Emigranten Konstantin
Kromiadi (Oberst
Sanin) betreut. Ein Jahr davor konnte Kromiadi, von der SS mit der
Werbe- und Agententätigkeit in den deutschen Gefangenenlagern für die
Rotarmisten betraut, aufschlussreiche
Eindrücke sammeln. Nach dem Krieg schilderte der literarisch
begabte Mann diese in
einem flott geschriebenen Tatsachenbericht. Er beklagte darin den
Massenmord an russischen Kriegsgefangenen, vor allem durch die künstlich
herbeigeführte Hungersnot (ca. 3 000 000
Opfer). Das gibt Anlass
zu vermuten, dass er sich
bereits 1942 innerlich dem
Nationalsozialismus entfremdete
und im Einsatz der Wehrmacht in Russland nicht allein das vorgegebene
Ziel der Vernichtung des Sowjetsystems, sondern
auch die dahinter lauernde Absicht, die Russen zu dezimieren und
Russland zu versklaven, erkannte. So ist es möglich, dass
er im Flugblatt absichtlich zu dick auftrug, um die Propaganda
der Nazis ad absurdum zu führen. Tatsächlich
findet man in seinem Text einige Stellen, die nur aus der Feder eines
begabten und belesenen Parodisten stammen können. So die Story von den
achtzehn für den „Juden“ Shelesin mit Zwiebeln
gebratenen Eiern der deutschen Landser. Sie gibt fast wortgenau
ein Sujet aus einem pornographischen Chef d’oeuvre von Marquise de
Sade (La nouvelle Justine) wieder. Einem Autor also, von dem die
Sowjetleser bis zur Perestroika keine
Ahnung hatten. Auch manch eine andere Stelle
lässt vermuten, dass wir es hier mit einer Verballhornung der
deutschen Propaganda zu tun
haben, von deutschen
Zensoren, die es wahrscheinlich auch gab, für bare Münze genommen. Wirkungsvoll
war das Flugblatt jedenfalls nicht. Wenn ein normaler Russe, ob Partisan
oder nicht, es las,
quittierte er es bestimmt mit breitem Grinsen. Das Bild eines jüdischen
Kommissars, der die Eier der Übermenschen verzehrt,
konnte ihm nur amüsant vorkommen. Denn die Partisanen wussten,
dass die Kommissare, ob jüdisch oder nicht, zwar mitunter verlogen und
grausam waren, aber den menschlichen
die Hühnereier vorzogen. Und an diese kamen die Partisanen sogar
eher heran als die deutschen Besatzer. Schließlich hatten sie
Lebensmittellieferanten in den Dörfern, aus denen sie größtenteils
stammten und in deren Umgebung sie
kämpften. Zweifelsohne
gab es viel Schreckliches auf beiden Seiten der Front, besonders der
unsichtbaren Partisanenfront. Der Kampf
wurde hier besonders unerbittlich geführt. Die sich ergebenden Kämpfer
hatten kaum eine Chance, am Leben zu bleiben. Und gefoltert wurde
ausgiebig. ...Um
die Zeit, als der clevere „Oberst Sanin“ sein Flugblatt schrieb,
stand die Kriegspropaganda des Dritten Reiches vor einer schwierigen
Aufgabe. Im Herbst 1941 hatte sie verkündet,
Russland liege bereits am Boden und seine Vernichtung sei eine Frage von
wenigen Wochen, wenn nicht Tagen. Die Nazis gingen dabei von den
Erfahrungen des Frankreich- und Polenfeldzuges
aus. Das erwies sich als
Fehler. Ein Jahr später zweifelte kein vernünftiger Deutscher mehr
daran, dass die Russen weiterkämpfen werden. Es stellte sich die Frage,
was gibt den Russen die
Kraft dazu. Goebbels, der
Propagandachef des Reiches, gab die Antwort mit seinem Hinweis darauf,
dass die Russen ein kümmerliches Dasein fristeten.
Dieses sei so schlimm, dass das Leben ihnen nicht lebenswert
erscheine und bei der erst besten Gelegenheit geopfert würde. Kromiadi
ergänzte seinen obersten Chef mit einer anderen Erkenntnis. Die Russen
kämpfen weiter, weil sie sich mit Geschlechtsorganen ihrer Gegner ernähren
und somit, wie manche Wilden glaubten, die Geistesstärke ihrer Feinde
aneignen. Wahrhaftigen
Gottes ist die Geschichte der Propaganda
über die Grenzen und Fronten hinweg eine wahre Fundgrube für
jeden, der Irrungen des menschlichen Geistes studieren will. 28.4.02
Russische
Weihnachten x3
Vor fünfzig Jahren fuhr ich zu Weihnachten nach Sergijew Possad, der Vatikanstadt der russischen orthodoxen Kirche, etwa siebzig Kilometer von Moskau. Es war kein frommes Gefühl, das mich hintrieb, sondern die eitle Absicht, die Gottesdienste abzulichten. Einige Wochen davor hatte ich, Student der Moskauer Uni, mein ganzes Geld für den Kauf einer kleinen Fotokamera eingesetzt, eine Reparationslieferung aus der DDR. Es war eine ziemlich primitive Schmalfilmkamera, die immerhin 400 Rubel kostete, etwa soviel wie mein monatliches Stipendium ausmachte. Das Geld hätte ich nie zusammengebracht, hätte ich nicht die Große Sowjetische Enzyklopädie verkauft, eine geerbte dreißigbändige Ausgabe. Die sowjetischen Enzyklopädien verloren damals schnell an Wert, da die darin gepriesenen Staatsmänner der Sowjetunion die Eigenschaft hatten, über Nacht zu Volksfeinden zu mutieren. Dann hieß es, die entsprechenden Beiträge aus den dicken Bänden herauszuschneiden und zu verbrennen. Was aber ist eine Enzyklopädie wert, in der viele Beiträge fehlen? So sagte mir der Antiquar, dem ich den schweren Koffer hintrug, mit verständnisvoller Miene, ich hätte mir die Mühe sparen können. Die Enzyklopädie darf nicht mehr vertrieben werden. Aus und vorbei. Dann sah er mich prüfend an und kam mir doch entgegen, indem er etwa ein Zehntel des ursprünglichen Marktwertes anbot. Wenig, für den Kauf der Kamera reichte es doch. So kann sich der geneigte Leser leicht vorstellen, wie schwer es mich traf, als mir der Neuerwerb abgenommen werden sollte. Und zwar so: Als ich mich zu dem Menschenstrom gesellte, der ins Kirchenstädtchen strömte, kam mir der verwerfliche Gedanke, mein erstes Bild zu machen. Also kletterte ich auf den Vorbau eines Häuschens am Rande der Straße und drückte auf den Auslöser. Kaum heruntergestiegen, legte sich eine stark behaarte Hand auf meine Schulter und eine tiefe Stimme befahl mir, unauffällig zu folgen. Der KGB-Offizier in Zivil, ein gutgewachsener, aufgedunsener Mann in den besten Jahren, führte mich in ein Gebäude am Eingang, fragte nach meinen Papieren und wollte meine Kamera untersuchen. Was ist los, rief ich. Was habe ich denn verbrochen. Schließlich gab es keine Militärobjekte in der Nähe, nicht mal eine Eisenbahnbrücke. Er lächelte nur grimmig und fragte mich, ob ich schon viel geknipst hätte. Ohne auf meine zerknirschte Beteuerung einzugehen, es sei der erste Schnappschuss, der mir zum Verhängnis wurde, hieß er mich warten und verschwand mit meinem Ausweis und der kleinen Kamera. Als er wiederkam sagte er, er könne mich nicht gehen lassen, bevor der Film entwickelt ist und meine Angaben somit bestätigt werden. Um sich die Zeit zu vertreiben oder aus einem anderen Grund begann er ein Gespräch, bei dem wir uns menschlich näher kamen, insbesondere, als er erfuhr, dass ich, bevor ich Student wurde, Frontsoldat war. Er selbst Frontoffizier. Am Ende eröffnete er mir sogar, warum seine Behörde eingreifen musste. Es gebe feindliche Elemente, die sich darauf spezialisieren, in Sergijew Possad bei feierlichen Anlässen Bilder zu schießen, um diese dann an westliche Journalisten zu verkaufen. Da die verdammten Späher aus dem Westen selbst eine besondere Genehmigung beantragen müssen, wenn sie außerhalb Moskaus etwas zu tun haben, finden die Fotos Absatz. Zwar glaubte der Offizier nicht, dass ich so tief wie die erwähnten Handlanger des Westens gefallen war, trotzdem Schnaps ist Schnaps und Dienst ist Dienst. Ob ich meine mit so großer Mühe erworbene Kamera zurückbekomme, wenn sich meine Unschuld bestätigt, fragte ich klopfenden Herzens. Ausnahmsweise, sagte er und nahm mir das Versprechen ab, nie wieder mit der Kamera nach Sergijew Possad zu kommen. Und am besten auch ohne Kamera nicht, denn bekanntlich ist die Religion das Opium, das die Kapitalisten dem Volk verabreichen, um es ruhig zu stellen.
Die Studentenzeit war lange vorbei, ich stand bereits mitten im Berufsleben. Der Beruf, den ich ausübte, war ziemlich ausgefallen. Der eines Mitarbeiters der Redaktion für deutschsprachige Programme des Moskauer Auslandshörfunks (Inoweschtschanije, was das ist, kann der geneigte Leser auf einem matrjoschka-Link erfahren, den er eben hier anklickt). Die Konferenz in Helsinki, an der fast alle Staaten, darunter die Bundesrepublik und die DDR teilnahmen, war kurz zuvor zu Ende gegangen. Eine neue Ära schien in Europa anzubrechen, nicht mehr von der Konfrontation, sondern – Gott wie schön! – von der Kooperation geprägt. Im Übermut der Erwartung darauf schrieb ich eine Sendereihe, als deren Motto der Bibelsatz „Wenn du einem anderen den Untergang wünschst, hast du schon gegen das Gebot, töte deinen Bruder nicht, so gut wie verstoßen“. Ehrlich gesagt, habe ich nur angenommen, dass sich in der Bibel etwas ähnliches findet. Überprüfen konnte ich es nicht, da es schier unmöglich war, in Moskau eine Bibel aufzutreiben. Abgesehen davon, dass der Zeitaufwand, für den Blödsinn darin zu blättern, mir zu groß gewesen wäre. Zuerst lief die Sendereihe anstandslos und was nicht weniger erstaunlich war, kam kein deutscher Hörer auf den Gedanken, mein Bibelzitat anzuzweifeln. Entweder war das deutsche Publikum des Moskauer Propagandasenders wenig bibelfest oder – wohl wahrscheinlicher – der festen Meinung, was immer aus dieser Quelle kommt, braucht man nicht ernst zu nehmen. Die Bombe platzte kurz vor Weihnachten, als von oben die strenge Anweisung kam, das Abkommen von Helsinki nicht zu wörtlich zu interpretieren. Zwar sollte nicht mehr wild drauflos gehetzt werden wie früher, doch der feindlichen Ideologie muss eine entschiedene Abfuhr erteilt werden. Dazu gehörte eben auch die Bekämpfung des Pazifismus, den der Klassenfeind in die Sowjetunion hineintragen will und zu dem auch die scheinheilige christliche Lehre gehöre. Damals galt noch in jeder großen sowjetischen Behörde die Regel, die Loyalität gegenüber der Staats- und Parteiführung dadurch unter Beweis zu stellen, dass man die von oben ausgemachten Übeltäter auch in seiner Mitte fand und kaltstellte. In Ermangelung anderer wurde meine Wenigkeit zur Zielscheibe. Der Chef des Senders, Herr über das größte Rundfunkimperium der Welt, gab mich zum Abschuss frei. Eine Woche später stand ich, bildlich gesagt, als Musterbeispiel des Abweichlers am Pranger und noch einige Tage später mit den Entlassungspapieren, einem Berufsverbot gleich, auf der Strasse. Fröhliche Weihnachten ! Das heftige Echo auf die verhältnismäßig moderate Entgleisung überraschte sogar einige an das schlimmste gewöhnte Kollegen. Es wurde die Vermutung geäußert, der Auslöser sei ein Brief des damaligen sowjetischen Statthalters in Ostberlin, des Genossen Abrassimow, gewesen. Von seinen Gesprächspartnern im ZK der SED sei er darauf hingewiesen worden, dass die DDR-Bürger die Aussage von Radio Moskau falsch verstehen könnten, da sie trotz des ständigen Bemühens, ihnen beizubringen, dass ihre Brüder und Schwestern einzig und allein östlich der Elbe zu suchen seien, beim Wort der Bruder, wie es eben im perfiden Zitat vorkommt, an die Brüder am Rhein denken. Ob tatsächlich ein Übereifriger aus der SED-Zentrale im Spiel war, wage ich nicht zu beurteilen, auszuschließen ist es nicht, weil das Abkommen von Helsinki von besonders weitsichtigen Genossen ganz richtig als erster Glockenschlag zum Begräbnis der DDR verstanden wurde. Auch die Tatsache, dass ich wenige Tage später doch wieder in mein Arbeitszimmer zurückkehren durfte, scheint darauf hinzuweisen, dass Ostberlin aktiv wurde. In dem Falle deutete meine Wiedereinstellung darauf hin, dass in Moskauer Parteizentrale auch Menschen gab, denen Belehrungen der Ostberliner Kollegen allmählich auf den Wecker gingen. Weihnachten
heute Heutzutage wird Weihnachten in Moskau ungefähr so begangen wie in Funcal auf der Insel Madeira. Also alles steht kopf. Das Glockengeläut nimmt kein Ende. In den inzwischen zurückgegebenen oder neu gebauten Gotteshäusern wird von früh bis spät gepredigt und gesungen. Und wenn, trotz stark gewachsener Kapazitäten, ein Moskauer in diesen Tagen (bekanntlich wird Weihnachten in Russland nach der alten orthodoxen Zeitrechnung gefeiert, also der Heilige Abend am 6. Januar des europäischen Kalenders) trotzdem keinen Platz in einer der vielen Kirchen findet, kann er fernamtlich an Gottesdiensten teilnehmen, wenn er sich an den unzähligen Übertragungen im Fernsehen labt. Sogar im Runet, wo die orthodoxe Kirche ihre eigenen, stark ausgebauten Seiten hat, wird der christlichen Feier Genüge getan. Was die deutschsprachigen Sendungen aus Moskau betrifft, wo früher selbst die harmloseste Erwähnung von Weihnachten als Familienfest unter Androhung der fristlosen Kündigung stand, so sind sie mit Segenswünschen für die Hörer so dicht besät, dass es ein wenig peinlich wirkt. An einem Tag habe ich siebenundzwanzig gezählt und hörte auf, weiterzuzählen, weil ohnehin deutlich wurde, dass die Frömmigkeit endgültig Einzug gehalten hat im großen Radiohaus, nahe des Kreml. Sicherlich werden dort auch die zehn Gebote strikt befolgt, nicht so wie im deutschen Rundfunk, wo auch zu Weihnachten eheliche Seitensprünge und andere Todsünden verlockend dargestellt werden.
ADE,
KOLLEGE ! Von
einem, der sich nicht nennen will. Er
hielt eine sehr gute Eröffnungsrede.
Da er aber von der PDS aufgestellt worden war, wollten die etablierten
MdBs ihm nicht zuhören. Zum Teil verließen sie den Saal, zum Teil
zeigten sie ihm die kalte Schulter, genauer gesagt ihr Hinterteil. Ihm, dem bereits hochbetagten
und weisen Mann... Ach,
lassen wir das...Für mich war er vor allem ein bewundernswerter
Kollege. Ja,
ein Kollege. Ja, ein bewundernswerter. Weil er einmal
seine Sache sehr gut machte. Welche
Sache denn? Diese: grenz(front)überschreitende Propaganda per Ätherwelle. Die Sternstunde der Radiopropaganda, gegen den Kriegsgegner gerichtet und in seiner Sprache betrieben, schlug als der Zweite Weltkrieg begann. Der Krieg wurde mit Bomben und Granaten geführt. Sie fielen vom Himmel, sie kamen aus Kanonen. Sie legten ganze Städte in Schutt und Asche und zerrissen Menschen in Stücke. Sie veranstalteten ein Getöse ohnegleichen. Der
Zweck hieß, dem Mann (und der Frau) auf der Gegenseite einzureden, das
Beste für ihn (sie) wäre, die Flinte ins Korn zu werfen, bzw. die
Werkbank stehen zu lassen und Hände zu heben. Einer,
der das im Getöse des
Krieges predigte, brauchte Köpfchen.
Und die Freiheit, dieses zu gebrauchen. Captain Heym hatte Köpfchen. In Chemnitz großgeworden, kannte er
seine Pappkameraden, die Deutschen. Und er besaß die seltene
Gabe, andere zu überzeugen. Er bewies es mit seinen Radiosendungen auf
dem langen Weg von der
französischen Küste bis nach München. Auf dem Weg, den er mit den
Amis ging. Seine
Glanzleistung war der Sender 1212. Die letzten vier Ziffern markierten
die Frequenz eines Senders in Luxemburg. Er fiel den Amerikanern fast
unbeschädigt in die Hände. Heym und Co haben ihn weiter laufen lassen.
Sie verfassten Nachrichtensendungen, die durch völliges Fehlen
antideutscher und antinazistischer Parolen
das Vertrauen der deutschen Soldaten und der Zivilisten gewannen. Eines
schönen Tages führte aber der Sender die Deutschen hinters Licht.
Und zwar in dem Augenblick, als die Amis die Großoffensive
starteten. Die deutsche Bevölkerung flüchtete in Panik. Um die
richtige Fluchtroute zu wählen, schalteten die Deutschen
den Sender ein, dem sie inzwischen trauten. 1212. Und er wies
ihnen die Route der Flucht. Welche? Eine, die das Anrollen der
Nachschubkräfte der Wehrmacht unmöglich
machte, da die Flüchtlingswelle die Zufahrtstrassen total verstopfte. Ein
Meisterstück! Und
soll mir keiner mit Vaterlandsverräter kommen.
Erstens hatte ihn Deutschland lange davor rausgeworfen. Und
zweitens wurde der Krieg gegen Hitler geführt. Und drittens wissen wir
alle, was die Amis auch tun
und lassen, ist gut. Und soll von einem Deutschen gutgeheißen werden. Allerdings
hegte der Verstorbene einige Zweifel daran. Er ließ ihnen in dem nach
dem Krieg verfassten Roman
„Kreuzritter“ freien Lauf. Er versuchte den modernen Kreuzrittern,
ihr heiliges Recht abzusprechen, die Welt nach ihrem Gutdünken zu
ordnen. Obwohl
es fast vor sechzig Jahren
geschah, also lange bevor Präsident Bush einen neuen Kreuzzug verkündete,
haben die Amis ihn damals sofort rausgeschmissen. Wie die Nazis vor dem
Krieg. So ging er in die
DDR. Aber auch hier legte er sich mit den Herrschenden an. Vermutlich
weil auch sie von einem Kreuzzug, bloß unter einem anderen Banner,
faselten. Wohin sollten sie aber den Quälgeist schmeißen? Jetzt
ist er dort, wo gute Menschen einen sicheren Ort finden. Wo man Quälgeister
vermutlich erträgt. Gott sei ihm gnädig. 17.12.01
WAS IST ES FÜR EIN DING? Das russische Wort Inoweschtschanije, das, mit lateinischen Buchstaben geschrieben, unaussprechbar, mit kyrillischen (иновещание) aber nicht so schlimm aussieht, bezeichnet die sogenannten Auslandssender. Damit ist nicht etwa ein Radio- oder Fernsehsender gemeint, der im Ausland steht. Auch in deinem eigenen Land, lieber matrjoschka-Leser, gibt es einen Auslandssender, also einen Sender, der seine Programme nicht etwa für den inneren Gebrauch, sondern fürs ausländische Publikum herstellt und ausstrahlt. Fast alle größeren Länder der Welt haben Sender dieser Art. Die meisten bereits lange. Der vielleicht älteste hieß Radio Moskau und nahm seine reguläre Tätigkeit 1929 auf, um für die proletarische Weltrevolution zu werben. Fast gleichzeitig meldete sich Worldservice von BBC, London. Er sollte das vom Zerfall bedrohte britische Kolonialreich durch Verbreitung von Nachrichten über die Tugenden der britischen Krone retten helfen. Auch Deutschland installierte in den Jahren einen Auslandssender, der nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten den Völkern der Welt Demut vor der Herrenrasse anerziehen sollte. Die Blütezeit der Auslandssender fiel in die Jahre des Zweiten Weltkrieges, als sie zur scharfen psychologischen Waffe wurden. Die propagandistische Trommelmusik im Äther ergänzte damals das Trommelfeuer der Kanonen. Zwar tötete sie nicht, präparierte die Menschen aber geistig fürs Töten und Getötetwerden. Auch heute wird auf Radio bzw. Fernsehwellen viel über die Grenzen transportiert. Da wir bekanntermaßen in einer Welt leben, in der nun unentwegt von Frieden und Zusammenarbeit geredet wird, sind die grenzüberschreitenden Sendungen natürlich ganz anders geworden. Trotzdem erregen sie mitunter Missfallen. Sogar im eigenen Land, also im Herkunftsland der Sendungen. Ganz zu schweigen von den Zielländern. Im folgenden längeren Beitrag wird über einen solchen Fall gesprochen, und zwar aus russischer Sicht. Die Rede ist vom Auslandssender der Bundesrepublik Deutschland "Deutsche Welle" in Köln. DER STREIT UM DIE DW 1. Unlängst fand in Berlin eine Pressekonferenz statt, die von einem Medienbeauftragten der Freien Demokratischen Partei Deutschlands gegeben wurde. Sie wurde breit angekündigt und die Partei stellte für sie einen großen Raum im Domizil der FDP-Bundestagsfraktion zur Verfügung. Trotzdem kamen weniger als ein Dutzend Kollegen. Von den wichtigen deutschen Medien waren höchstens zwei oder drei vertreten. Das ziemlich geringe Interesse war kein Zufall, denn die Medien, die vom eigenen Land aus fürs Auslandspublikum berichten, sind zu Hause zumeist fast unbekannt. Obwohl sie eigentlich eine sehr wichtige Funktion erfüllen oder wenigstens erfüllen sollten. Und zwar mehr Verständnis für die Probleme des eigenen Landes im Ausland anzuregen und somit der Völkerverständigung gute Dienste zu erweisen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die ins Ausland gerichteten Medien früher oft andere Ziele verfolgten. Sie strebten nicht danach, das eigene Land vorzustellen, sondern danach, im Zielland bestimmte Änderungen mitzubewirken. In krassesten Fällen wurden sie als Werkzeuge des weltweiten psychologischen Krieges missbraucht. Eines Krieges, der sich vor allem zwischen zwei feindlichen Systemen abspielte. Zwischen dem realen Sozialismus, der seinem eigenen Ideal sehr weit entfernt war, und dem Kapitalismus, der eigentlich auch besser erscheinen wollte als es war. So wurden die realen Sachverhalte auf beiden Seiten geleugnet oder beschönigt, viel Propaganda getrieben. Und polemisiert, was das Zeug hielt. Anstatt mehr Frieden und Verständnis zu stiften, wurde so eher das Gegenteil erzeugt. In Europa taten sich dabei zwei grenzüberschreitende Radiosender hervor, die besonders verbissen agierten. In Osteuropa war es Radio Moskau in deutscher Sprache, das nach dem Zerfall der Sowjetunion Stimme Russlands heißt und ein neues Kapitel in seiner Geschichte aufschlug. In Westeuropa war es die Deutsche Welle, der Auslandssender der Bundesrepublik Deutschland. Beide grenzüberschreitenden Sender kennzeichnete in den Jahren des Kalten Krieges eine besondere Aggressivität. Nicht etwa , weil ihre Teams besonders aggressiv waren. Nein, die Aggressivität war nicht subjektiv, sondern objektiv, durch politische Zwänge bedingt. Es war nun mal so, dass die Frontlinie zwischen den beiden Systemen mitten durch Deutschland verlief. Die Bundesrepublik Deutschland sprach der DDR, dem sowjetischen Vorposten in Mitteleuropa, jegliche Legitimität ab. Ihrerseits beharrte die sowjetische Führung darauf, dass die Bundesrepublik revanchistisch und somit eine Gefahr für den Frieden sei. Unter diesen Umständen war nicht zu erwarten, dass die deutschsprachigen Sendungen aus Moskau, beziehungsweise die russischsprachigen aus Köln viel Verständnis für die andere Seite aufbrachten. Sowohl die eine als auch die andere Seite konzentrierte sich dabei nicht auf die - wie Fachleute sagen- Selbstdarstellung, sondern auf die Fremddarstellung. Anstatt dem Hörer im anderen Land über sein eigenes zu berichten, seine Besonderheiten, Erfolge aber auch Misserfolge zu schildern und dadurch für mehr Verständnis und guten Willen zu werben, stürzten sie sich auf politische, wirtschaftliche und soziale Defizite im Zielland der Sendungen. Das tat Radio Moskau in Bezug auf Deutschland, das tat die Deutsche Welle in Bezug auf die Sowjetunion. Wobei offen gesagt werden muss, dass Radio Moskau nicht nur die vorhandenen, sondern auch erfundene Mängel in der Bundesrepublik anprangerte, die Deutsche Welle konnte sich das sparen, da die Sowjetunion ohnehin genug Angriffsflächen bot. Wichtig ist aber festzuhalten, dass sich die beiden Sender ihrer eigentlichen Bestimmung entzogen, indem sie mehr über das Zielland der Sendungen als über ihr eigenes Land sprachen. Nach einer Untersuchung der britischen Seite erreichte der Anteil der Kritik der sowjetischen Zustände in den russischsprachigen DW-Programmen damals weit mehr als fünfzig Prozent. Nicht weniger dürfte um diese Zeit auch der Anteil deutschsprachiger Programme von Radio Moskau gewesen sein, die die Bundesrepublik kritisierten und diffamierten. Selbstverständlich wurde versucht, die schiefe Programmgestaltung durch die journalistische Pflicht zu rechtfertigen, für eine umfassende Information der Öffentlichkeit im Zielland der Sendungen zu sorgen und die Lücken auszufüllen, die die eigenen Medien des Ziellandes in ihrer Berichterstattung hinterließen. Und wiederum muss gesagt werden, dass die sowjetischen Medien, die innerhalb des Landes für die umfassende Information der Bevölkerung zuständig waren, viele relevante Vorgänge in der Sowjetunion verschwiegen. So hatte die Deutsche Welle leichtes Spiel, als sie daran ging, die von den sowjetischen Medien verschwiegenen Informationen über die Grenze nach Russland zu tragen. Radio Moskau fiel es viel schwerer, das Gleiche in Hinblick auf die Bundesrepublik zu tun. Weil die Medien der Bundesrepublik, die im Unterschied zu den sowjetischen Medien untereinander in Konkurrenzkampf standen, ziemlich umfassend über die Vorgänge im eigenen Land berichteten. Die Mitarbeiter von Radio Moskau konnten selten in der deutschen Berichterstattung Räume entdecken, die die deutschen Medien offen ließen. Das alles war einmal. Ist das Vergangene restlos vergangen? 2. Im ersten Beitrag wurde festgehalten, dass die frühere Tätigkeit der Deutschen Welle, wie übrigens auch von Radio Moskau, stark durch die harte jahrzehntelange Systemkonfrontation in Europa beeinflusst worden war. Seit etwa zehn Jahren ist die Konfrontation zu Ende. Auch der Punkt, an dem sich die Geister in der Bundesrepublik Deutschland und in der Sowjetunion besonders erhitzten, ist aus der Welt. Die DDR existiert nicht mehr, die scheußliche Mauer in Berlin wurde abgerissen, Deutschland ist vereinigt. Nichts Unüberwindliches steht mehr zwischen den zwei europäischen Ländern Deutschland und Russland, die in den vergangenen Jahrhunderten im Guten wie im Bösen eng verbunden waren. Sollte wenigstens nichts mehr stehen. Trotzdem verlautete in der erwähnten Pressekonferenz in Berlin, dass der Deutschen Welle aus deutschen regierungsnahen Kreisen vorgeworfen wird, sich den neuen Gegebenheiten in Europa nicht ganz angepasst zu haben. Allerdings unterstützte der Medienexperte der Freien Demokratischen Partei Deutschlands, der die Pressekonferenz leitete, den Vorwurf nicht. Im Gegenteil- er bestritt, dass die Deutsche Welle unzeitgemäß tätig ist. Er hob vielmehr hervor, dass die Experten der rot-grünen Koalition dem Kölner Sender Unrecht täten, wenn sie ihm überholte Arbeitsweise ankreiden. Diesen Vorwurf erheben sie nur deshalb, weil die Regierung der Deutschen Welle aus parteipolitischen Gründen misstraue. In dem Zusammenhang missbilligte der FDP-Sprecher Kürzungen des Senderetats als Druckmittel gegen die Intendanz der Deutschen Welle. Er beschuldigte die Regierung, mit diesen Kürzungen das Team des Kölner Senders verunsichern und seine Leitung zum Rücktritt zwingen zu wollen. Das angesteuerte Ziel bestehe letztendlich darin, die von der Verfassung der Bundesrepublik garantierte Staatsferne des Mediums zu beseitigen und ihn an die Politik der rot-grünen Koalition zu binden. Matrjoschka will, gemäss ihrer selbstauferlegten Zurückhaltung, keineswegs in den Streit eingreifen. Was aber in der FDP-Pressekonferenz aufhorchen ließ, war der vom FDP-Sprecher zitierte (und bestrittene) Vorwurf an die Deutsche Welle, sie sei weiterhin damit beschäftigt, die Zustände in anderen Ländern ins Visier zu nehmen, anstatt dem ausländischen Publikum ein umfassendes Bild von der deutschen Realität zu vermitteln. Obwohl das bundesdeutsche Gesetz, das ihre Leitlinie sein sollte, der Deutschen Welle gerade das ausdrücklich vorschreibt: Vermittlung eines umfassenden Bildes der deutschen Realität an das ausländische Publikum. Die Absicht, einem Auslandssender nahe zu legen, sich vom Ballast der Vergangenheit zu verabschieden, ist der urfriedlichen matrjoschka sehr sympathisch. Dieser Grundsatz müsste für alle Auslandssender gelten. Auch für die Stimme Russlands. Nichts ist in der gegenwärtigen Situation in der Welt schädlicher, als der missionarische Eifer vergangener Zeiten, da jeder Auslandssender versuchte, seine Hörer im Ausland zum eigenen Glauben zu bekehren. Das wäre der beste Weg, Misstrauen zu säen in einer Welt, die mehr Solidarität braucht, um überleben zu können. Misstrauen können wir alle tatsächlich gar nicht gebrauchen. 3. Wir erwähnten bereits die auf einer FDP-Pressekonferenz in Berlin angeführten Klagen über die Behandlung des Auslandssenders der Bundesrepublik Deutschland "Deutsche Welle" durch deutsche Regierungsinstanzen. Dem Kölner Sender, hieß es, werde der Etat gekürzt, seine Unabhängigkeit bei der Programmgestaltung beeinträchtigt, ja sogar seine Existenzberechtigung in Zweifel gezogen. Ein Argument, das dabei mitunter ins Feld geführt wird, lautet, dass man im Ausland keine Belehrungen aus Deutschland hören wolle. Die fremden Länder hätten zumeist eigene freie Medien, die lückenlos und kritisch über Vorgänge berichten und, weil es um Vorgänge im eigenen Haus geht, dies umfassender und sachlicher tun können als ein Auslandssender, sei er noch so kompetent. Ohne sich hier darüber auslassen zu wollen, ob die Einwände gegen die Tätigkeit der Deutschen Welle stimmen oder nicht, möchten wir nur erwähnen, dass uns die Verhaltensregeln eines Auslandssenders, die dabei zur Sprache kommen, sinnvoll erscheinen. Tatsächlich wurzelt die Übergewichtung der Fremddarstellung in den Programmen eines Auslandssenders oder, anders ausgedrückt, die Tendenz, die Verhältnisse im Zielland der Sendungen- auf Kosten der Information übers eigene Land- ins Visier zu nehmen, in der längst verflossenen Zeit. In der Zeit, als in Europa zwei militärpolitische Blöcke, zwei soziale Systeme gegeneinander agierten. Als der Kalte Krieg durch den Propagandakrieg auf grenzüberschreitenden Radiowellen begleitet wurde. Damals behauptete man auf beiden Seiten, anders könne es gar nicht sein, da im Lager des Gegners die Pressefreiheit unterdrückt werde. In den Ländern des sogenannten realen Sozialismus (hieß es zum Beispiel in den Sendungen der Deutschen Welle aus Köln) unterdrückte der totalitäre Staat die Pressefreiheit , in den Ländern des Kapitalismus (hieß es zum Beispiel in den Sendungen von Radio Moskau) – der große Geldsack. Zum Glück braucht jetzt niemand mehr die unfruchtbare Pauschalisierung der Zustände, die vordergründige Polemik, die der Verständigung im Wege steht. Sollte man wenigstens meinen. Auch die Auslandssender brauchen ihre Existenzberechtigung nicht mehr darin zu suchen, dass sie die Aufgaben der Medien im Zielland der Sendungen quasi übernehmen. Nein, ihre Existenzberechtigung können sie jetzt damit unter Beweis stellen, dass sie dem ausländischem Publikum ein umfassendes Bild vom eigenen Land anbieten. So sollte es sein. Ist es aber immer und überall so? Matrjoschka kamen Zweifel daran, als sie die Tagesordnung einer zweitätigen Konferenz in Berlin las, die unter anderem der Lage der russischen Medien gilt. Einer Konferenz unter dem Titel "Im Schatten der Macht. Die Situation der Medien in Russland, Belarus und in der Ukraine". Die Russlandexperten der Deutschen Welle sind am Berliner Hearing über die russischen Medien führend beteiligt. An sich ist nicht das Geringste dagegen einzuwenden. Es sind durchaus kompetente Leute, die mitten im Stoff stehen. Sie beherrschen Russisch, lesen die russische Presse mit wachen Augen und verfolgen das Geschehen in Russland sehr aufmerksam. Wer, wenn nicht sie, ist berufen, nicht nur Deutschland in ihren Sendungen nach Russland, sondern auch Russland in Deutschland auf einer Konferenz darzustellen. Gerade aber, weil sie so kompetent sind, sollten sie dafür sorgen, eine gewisse Schlagseite der Konferenz auszugleichen. Eine Schlagseite, die zum Beispiel dadurch entsteht, dass zur Teilnahme aus Russland nur Medienleute aus einer einzigen Ecke der russischen Medienlandschaft eingeladen sind. Aus einer Ecke, wo eine sehr kritische Einstellung gegenüber der russischen Regierung und insbesondere ihrer Medienpolitik herrscht. Die deutschen Veranstalter verschenken sich dadurch die Gelegenheit, die russische Medienlandschaft in allen wichtigen Facetten kennen zu lernen und sich ein differenzierteres und objektiveres Bild über die Lage der russischen Medien zu verschaffen. Das muss aber der Sinn der Übung sein. Da an dem Zustandekommen der Konferenz, wie gesagt, die Kollegen der Deutschen Welle maßgeblich beteiligt sind, kann sehr leicht der Verdacht aufkommen, sie bemühten sich, der deutschen Öffentlichkeit ihre eigene Unersetzlichkeit vor Augen zu führen. Etwa so: weil in Russland die Medienfreiheit wieder unterdrückt wird, brauche man im Westen Radiosender, die den Russen die von den russischen Medien selbst verschwiegene Information bieten. Schade, wäre das wirklich der Hintergedanke. Auch weil die Deutsche Welle es nicht nötig hat, den Lückenbeißer zu spielen. Sie befindet sich in der glücklichen Lage, ihre russischen Hörer mit Berichten über Deutschland selbst faszinieren zu können. Die deutsche Wirklichkeit bietet dafür Stoff genug, da die Bundesrepublik in den letzten Jahrzehnten eine sehr beeindruckende Entwicklung nahm. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts lag Deutschland am Boden, wurde von fremden Mächten besetzt, zerrissen, in Verruf gebracht. Jetzt ist es das mächtigste Land in Europa, politisch stabil, wirtschaftlich prosperierend, mit einer sozialen Absicherung der Bevölkerung, die sich überall in der Welt sehen lassen kann. Da sich Russland jetzt in einer Lage befindet, die an die Deutschlands vor einem halben Jahrhundert erinnert, hören die Russen mit großem Interesse von den deutschen Erfahrungen des Wiederaufbaus und von der deutschen Gegenwart. Dagegen hieße es, Eulen nach Athen zu tragen- oder, wie die Russen sagen, Samoware nach Tula- würde sich die Deutsche Welle in ihren an Russland gerichteten Berichten darauf konzentrieren, was alles in Russland noch fehlt oder falsch gemacht wird. Das wissen die Russen selber oder erfahren es aus den eigenen Medien. Die Berichterstattung aus Deutschland über Deutschland ist auch aus einem spezifischen Grund sehr wichtig. Wie auf dem deutsch-russischen Forum in Petersburg vor kurzem hervorgehoben wurde, haben die Russen die historisch bedingte psychologische Reserviertheit gegenüber Deutschland noch bei weitem nicht überwunden. Jeder zweite Russe traue den Deutschen auch jetzt nicht über den Weg. Was sollte also für die Deutsche Welle näher liegen, als wahrheitsgetreu das neue Deutschland darzustellen, das mit dem früheren wirklich wenig zu tun hat. Dagegen könnte eine selbstgerechte, von oben herab erfolgende Behandlung der russischen Mängel in den russischsprachigen Sendungen der Deutschen Welle die russischen Vorurteile gegen Deutschland kaum abbauen helfen. Eher im Gegenteil. Denn das gewiss überzogene Bild des "hässlichen Deutschen" in Russland und in der Welt bescheinigt den Deutschen eine ausgeprägte Selbstgerechtigkeit und Hochmut gegenüber anderen Völkern. In jedem Land gehören die Auslandssender zu den Institutionen, die sich sehr leicht der öffentlichen Kontrolle entziehen können, da sie außerhalb des Blickfelds der Öffentlichkeit tätig sind, die von ihrer Existenz kaum Notiz nimmt. Darum passiert es schon, dass sie entgleisen und Falsches tun. Mit gutem Willen ist das zu korrigieren. Jedenfalls ist zu wünschen, dass sich die Deutsche Welle, wie auch die Stimme Russlands darauf konzentrieren, mehr Verständigung und weniger Vorurteile in der Einstellung der Russen und der Deutschen zueinander anzuregen. Wie es die matrjoschka tut. Und jetzt zwischendurch ein Brief zu FS DW, obwohl er mit dem Wesen der Sache nicht zu tun hat: Wer
manchmal in einem Hotelzimmer, ferne der Heimat, beispielsweise in Hanoi
oder Jakarta, genug hat von CNN und sich deshalb die DW antut, erlebt
die Einzigartigkeit der Medienfreiheit. Alternierend, in Deutsch und in
Englisch, werden der aufstrebende Fußballclub "Energie
Cottbus", ein Schwabe, der nach jahrzehntelangem Leben in
Australien einen Alterssitz in seiner deutschen Heimat sucht, und was er
dabei erlebt, eine Folge von Gasexplosionen in Berlin usw. usw.
vorgestellt. Hinein gestreut sind kurze Bilder von Ausländern, die bei
uns, in Deutschland, studieren, und die äußern, wie wohl sie sich bei
uns fühlen. WIE ES BEGANN. 1. Eigentlich begann es vor sechstausend Jahren oder vielleicht noch viel früher. Selbstverständlich ist nicht vom Radio die Rede, das höchstens hundert Jahre existiert, sondern von der virtuellen Beeinflussung des Verhaltens fremder Stämme zu seinen eigenen Gunsten. Wofür viel später das grenzüberschreitende Radio eingesetzt wurde. In den sechstausend Jahren änderten sich nicht so sehr die Zielsetzungen der nach außen gerichteten Propaganda, sondern ihre Transportmittel. Zuerst gab es so gut wie keine. Der Effekt wurde unmittelbar durch visuelle oder akustische Phänomene erzielt. Furchterregendes Bemalen der Gesichter oder Trommeln an hohle Baumstämme. Später übte man sich im Verbreiten Gerüchten. Noch später wurden Propagandaschriften über die Grenzen geschmuggelt. Im vorigen Jahrhundert kamen die grenzüberschreitenden Radiosendungen hinzu. Aber letztendlich verfolgte man in den sechstausend Jahren ein Ziel, nämlich sich selbst stärker zu präsentieren als man war, dem Gegner das Gefühl der Unterlegenheit zu suggerieren, den Verbündeten fester an sich zu binden. Mit der Zeit nahm die nach außen gerichtete Propaganda immer breitere Schichten der ausländischen Bevölkerung ins Visier. Schließlich die ganze Bevölkerung im Land des Gegners. Den Soldaten im Schützengraben, den Arbeiter der Rüstungsindustrie, den Bauer. Möglichst noch vor Beginn eines Krieges. Die Wirkungssteigerung der grenzüberschreitenden Propaganda wurde durch den ständigen Fortschritt ihrer Transportmittel und die Einbeziehung der Psychologie ermöglicht. Das Radio setzte dem Fortschritt die Krone auf. Im Zweiten Weltkrieg dröhnte der Äther von fremdsprachigen Propagandastimmen, die die Front und das Hinterland des Gegners destabilisieren sollten. 2. Bereits ein Viertel Jahrhundert vor dem Zweiten Weltkrieg wurde die grenzüberschreitende Propaganda zunehmend ideologisch. Ganz neu war die ideologische Beeinflussung der fremden Bevölkerung allerdings nicht. Als die Jünger Christi die antike Welt bereisten oder mit ihren Glaubensbrüdern außerhalb Israels korrespondierten, erfüllten sie auch den Tatbestand ideologischer grenzüberschreitender Propaganda. Erst recht ging es um das richtige Weltbild im Streit zwischen Katholiken und Protestanten zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, der nicht nur mit der Waffe, sondern mittels Predigten und Pamphleten geführt wurde. Im Normalfall war aber der weltanschauliche Akzent untergeordnet oder fehlte gänzlich. Als Napoleons Grand Armee ins russische Zarenreich einmarschierte, zögerte er, sich gegen die Leibeigenschaft zu stellen und die Untertanen des Zaren mit seinen Aufrufen aufzuwiegeln. Unter den gekrönten Häuptern des damaligen Europas galt es eben als verwerflich, an den Grundsätzen der gottgewollten hierarchischen Ordnung in Feindesland mit Umsturzpropaganda zu rütteln. Im XX. Jahrhundert konstituierte sich auf dem euroasiatischen Kontinent ein Staat, der zum Hauptinhalt seiner grenzüberschreitenden Botschaften gerade dies erhob. Es war Sowjetrussland. Sein Führer, Wladimir Lenin, glaubte nicht nur selbst an die Vision einer neuen, freieren und glücklicheren Welt, sondern war von der Einflusskraft der kommunistischen Doktrin auch im Ausland überzeugt. Den "Verdammten dieser Erde" vermittelt, würde die kommunistische Erlösungslehre Berge versetzen. Keine militärische oder wirtschaftliche Macht sei imstande, dagegen zu halten, glaubte er Als Transportmittel der grenzüberschreitenden Propaganda ortete Lenin ein neues Medium. Das soeben erfundene Radio. 3. Am Radio, das in den Jahren der großen Umwälzung in Russland - 1917 und danach- noch in der Wiege lag und nur mit Morsezeichen lallen konnte, faszinierte Lenin die Substanzlosigkeit. Im Unterschied zu den Printmedien, die gegenständlich sind, hat die Radiowelle keine greifbare Substanz. Ist daher auch nicht fassbar. An der Grenze nicht zu stoppen. An Zöllnern und Polizisten fliegt sie vorbei. Frei wie Zugvögel. Aus eigener Erfahrung wusste Lenin das zu schätzen. Noch vor dem Weltkrieg brachte er es fertig, in Deutschland ein Kampfblatt ("Iskra", der Funke) in Russisch zu drucken, um es nach Russland zu schmuggeln. Der Funke sollte den Brand der Revolution in Deutschland auslösen. Die Hoffnung wurde enttäuscht. Der mit großem eigenen Aufwand und mit Unterstützung der Genossen von der SPD hergestellte "Funke" erlosch oft unverrichteterdinge. Nur ein geringerer Teil der Auflage gelangte zu den Adressaten. Der größere fiel der Polizei bereits an der Grenze zu Russland in die Hände. Deswegen träumte Lenin von einem Transportmittel der Propaganda, das es erlauben würde, sie über alle Zäune hinweg an den Mann zu bringen. Die Erfindung des Radio kam wie gerufen. Allerdings schätzte Lenin an der Radiowelle nicht nur die Fähigkeit, sich jeder Grenzkontrolle zu entziehen. Das Radio nannte er "Meeting von Millionen". Tatsächlich kann eine Hörfunksendung gleichzeitig Millionen erreichen. Wenn die Millionen Radioempfänger haben, die Ausstrahlung stark genug ist und die Sendung inhaltlich als hörenswert empfunden wird. Die Wahl des Wortes "Meeting" ist bezeichnend. Lenin und Genossen veranstalteten immerzu Meetings. Es kamen Menschenmengen zusammen, die ihnen zuhören sollten und wollten. In dem noch bei weitem nicht analphabetisierten damaligen Russland war die Ansprache der Königsweg der revolutionären Propaganda. Wirksam, auch weil zusammengebrachte Menschenmengen sich einander elektrisierten. Zumal ein gesprochenes Wort viel mehr Emotionen entfesselt als das geschriebene. Das Radio versprach so viele Zuhörer wie nie zuvor. Meetings von fast unbegrenzter Dimension, da sie in einem virtuellen Raum stattfinden sollten. Als Zuhörer kam die gesamte Bevölkerung des Landes in Frage, sogar- soweit es um grenzüberschreitendes Radio ging- die Weltbevölkerung. Nun galt es Redner zu finden, die fähig waren, die Massen zu beeindrucken. Lenin, Trotzki und andere Führer der russischen Revolution beherrschten die rhetorische Kunst. Wie übrigens auch Hitler, Goebbels und manch anderer aus derselben Ecke später in Deutschland. Es waren Demagogen im doppelten Sinne des Wortes- im ursprünglichen, d.h. Volksredner, und im moderneren, d.h. Volksbetrüger, die viel versprachen, wenig hielten. 4. Auch wenn Lenin die Vorzüge des Radios für die politische Propaganda im Inneren und im Ausland vermutlich noch lange vor der Machtübernahme in Russland erkannte, aufs neue Medium konnte er erst nach der Machtübernahme zugreifen. Denn damals war das Radio Regierungssache. Alle Sende- und Empfangseinrichtungen standen unter der Kontrolle der jeweiligen Machthaber. Ein Außenstehender hatte keine Chance. Nach der Machtübernahme im Oktober 1917 galt es, das Radio sofort einzusetzen. Am nächsten Tag ordnete Lenin die Funkübertragung ins Ausland über die Ziele der neuen Regierung an. Darunter die sofortige Feuerpause in Europa und anschließend der Abschluss eines europaweiten Friedens ohne Grenzänderungen und Kontributionen. Wie illusorisch es auch war, darauf zu setzen, dass sich die Westmächte die Früchte des opferreich erkämpften Sieges über Deutschland und seine Verbündeten nehmen lassen würden, hätte der Appell viele im Westen begeistern können, hätte er die kriegsmüden Massen erreicht. Hat er aber nicht. Mit Morsezeichen gesendet, wurde Lenins Botschaft nur von staatlichen Empfangsstationen aufgezeichnet. Sie drangen nur bis zu den Beamten, die sie nicht ernst nahmen. Der neuen Macht in Russland gaben sie wenig Lebensdauer. Sie rechneten mit ihrem baldigen Scheitern. Und dann würde Russland wieder, seiner Bündnispflicht getreu, gegen Deutschland und Österreich- Ungarn antreten. Mehr Beachtung fand die per Funk aus Petrograd (vor dem Krieg- Sankt Petersburg, später Leningrad, jetzt wieder Sankt Petersburg) übertragene Friedensbotschaft in Berlin. Nach dem Sturz der Zarenherrlichkeit im Februar 1917 erlebte die Führung des wilhelminischen Reiches zuerst eine Enttäuschung, da die bürgerliche Regierung unter Kerenski den Krieg gegen Deutschland fortsetzte. Deswegen knüpfte die kaiserliche Generalität in Berlin ab jetzt die Hoffnung auf Entlastung der Ostfront an eine ihr ganz und gar unsympathische, aber, wie es schien, steuerbare politische Figur. An die des Marxisten Lenin, dem deutschen Geheimdienst noch aus der Vorkriegszeit als exilierter russischer Desperado bekannt. So wurde Lenin und seinen Anhängern die Rückkehr nach Russland aus dem Schweizer Exil ermöglicht und die großzügige Finanzierung der Antikriegspropaganda gesichert. Die Radiobotschaft aus Petrograd wurde in Berlin für die langersehnte Bestätigung der eingeschlagenen Strategie gehalten. An die Presse geleitet, erschien sie in einigen deutschen Zeitungen, ohne allerdings in ihrer ganzen Tragweite verstanden zu werden. Niemand ahnte die Geburt einer neuen Weltmacht, die etwa dreißig Jahre später bis zur Elbe vorrücken würde... Am Rande bemerkt: Lenins Botschaft strahlte ein Sender in Zarskoje sselo bei Petrograd aus, der von der deutschen Firma Siemens und Schuckert gebaut worden war. Einer der stärksten Radiotelegraphiesender der damaligen Welt. Später sendete er allerdings Botschaften, die den Machthabern in Deutschland gewiss weniger willkommen waren als die erste. Sie riefen nämlich die deutschen Soldaten und Arbeiter zum Sturz der Kaiserregierung auf und trugen mutmaßlich zum Ausbruch der Novemberrevolution 1918 in Deutschland bei. 5. In den folgenden Jahren des Bürgerkrieges in Russland hatten die Radiotelegraphisten in Zarsskoje sselo viel zu tun. Fast täglich schickten sie per Radiowellen Appelle, Erklärungen, Gruß - und Protesttelegramme der kommunistischen Regierung über die Grenzen Sowjetrusslands. Das aufflackernde, aber immer wieder erlöschende revolutionäre Feuer in Deutschland und in den Nachfolgestaaten des Habsburger Reiches sollte angefacht werden. Aber es klappte nicht. Lenin gab den imperialistischen Regierungen des Westens die Schuld. Sie hätten "Gegenwellen" eingesetzt, die den Empfang der Sendungen aus Zarsskoje sselo unmöglich machten. Künstlich produzierte Empfangsstörungen soll es tatsächlich gegeben haben. Dennoch spielten sie kaum eine Rolle. Viel wichtiger war, dass die Sendungen weiterhin nur mit Morsezeichen erfolgten und erst nach Veröffentlichung in einer Zeitung das Publikum erreichten. Die meisten Zeitungen im Westen ignorierten die "rote" Propaganda. Nur ein sprechendes Radio, das unmittelbar beim Adressaten ankommt, konnte helfen. Lenin trieb das Forschungslabor in Nishni- Nowgorod, dem die Entwicklung eines solchen oblag, zur Eile an. Dem Laborchef wurde jeder Wunsch von den Lippen abgelesen. Das Team erhielt besondere Lebensmittelzuteilungen und Devisen für den Ankauf westlicher Technik. Trotzdem blieb das sowjetische grenzüberschreitende Radio zu Lenins Lebzeiten auf das ti-ta-ti-ta angewiesen. Und als er 1924 starb, trat an seine Stelle ein Mann, der mit der Radiopropaganda Richtung Westen zunächst nicht viel im Sinn hatte. Stalin. Von der Vision einer proletarischen Weltrevolution wenig angetan, hing er einer anderen nach. Der eines starken Staates, der auf herkömmliche Art und Weise seine Einflusssphäre erweitert. Deswegen drängte Stalin nicht auf den Aufbau eines grenzüberschreitenden Radios, sondern auf Verbreitung des neuen Mediums im eigenen Land. Hier und nicht im Ausland sah er seine schlimmsten Feinde, die ihm die Machtfülle streitig machten. Um ihre Vernichtung vorzubereiten und durchzuführen, brauchte er eben das Radio vorerst im Inneren. Die russischen Entfernungen und der Papiermangel ließen "die Zeitung ohne Papier und Entfernungen" (Lenins Definition) besonders attraktiv erscheinen. Es begann die "Radiofizierung" der Sowjetunion, wie der Bau der Sender und die Massenproduktion der Empfangsgeräte genannt wurden. Bereits Mitte der zwanziger Jahre gehörte die Sowjetunion zu den Ländern mit den größten Sendekapazitäten. Von früh bis spät berieselten die Sender die noch spärlich gesäten Radiohörer mit Propaganda für den Aufbau des Sozialismus (wie ihn Stalin sah) in einem Lande. In einem! Die Länder des Westens , wo, wie es hieß, der Kapitalismus sich stabilisieren konnte, sollten warten. Auch auf die revolutionisierenden, grenzüberschreitenden und fremdsprachigen Sendungen aus der Sowjetunion. Allerdings warteten sie nicht sehr lange. DIE HEISERE STIMME DER REVOLUTION 1. Zwischen 1924 und 1929 spielte sich in der Sowjetunion das Tauziehen zwischen Stalinisten und Trotzkisten ab. Es ging um viel wichtigere Dinge als inowschtschanije: um die gesamte Programmatik der neuen Herren in Russland. Darum, ob sich Sowjetrussland als Provisorium verstehen soll, das nur einen Sinn hat, die Weltrevolution anzuzetteln. Oder ob es sich als Globalplayer mausern soll, der auf die Normalisierung seiner Beziehungen mit den anderen setzt (um diese dann auszuspielen). Die zahlenmäßig kleineren und zerstrittenen Trotzkisten hatten zeitweise starken Einfluss in der Komintern, der noch von Lenin gegründeten Vereinigung der Kommunistischen Parteien der Welt, im Narkomindel, dem Auswärtigen Amt der SU und in anderen nach auswärts gerichteten sowjetischen Einrichtungen – Spionage, Propaganda u.s.w. Sie predigten die permanente Revolution. Dem Sozialismus in einem einzigen Land gaben sie keine Chance Für die zweite Variante stand Stalin mit zahlreichem Gefolge. Revolution hin, Revolution her, es ging ihm um die totale Macht in einem starken Staat. Beharrlich verdrängte er Funktionäre, die sich ihm in den Weg stellten und einen freiheitsfeindlichen, nationalistisch verseuchten Etatismus vorwarfen. Die dem Trotzkismus verfallenen, der Haresie verdächtigten Altkommunisten mit Westerfahrung, meist ehemalige Emigranten jüdischer Herkunft, wurden durch solche ersetzt, die sich hier und heute etablieren wollten und um das Weltproletariat wenig scherten. Es ging im Kampf innerhalb der Nomenklatura nicht so sehr um Ideen, viel mehr um den Platz an der Sonne. Das gab aber niemand zu. Auch nicht beim Tauziehen um den einzurichtenden Auslandsfunk. Das Projekt lag anfangs in den Händen welterfahrener und sprachkundiger "Internationalisten". Sie scharten sich um den Kominternvorsitzenden Zinovjev, einen Lebemann, der zusammen mit dem anderen Exponent der linken Opposition, Kamenew, vorbehaltlos für die Aufnahme der grenzüberschreitenden fremdsprachigen Rundfunksendungen aus Moskau war. Die Einstellung bekräftigte er mit angeforderten Stellungnahmen führender kommunistischer Funktionäre aus Deutschland, Frankreich, England, den USA u.s.w. Sie wiesen unisono auf das wachsendes Interesse der Bevölkerung für das neue Medium hin. In der sowjetischen Presse lancierten die "Internationalisten" hochtrabende Beiträge über das sehnsüchtige Verlangen der Proletarier jenseits der Grenze nach dem unmittelbaren Wortkontakt mit den machtausübenden Klassenbrüdern im Lande des siegreichen Sozialismus. Man muss ihre Rhetorik über die proletarische Weltrevolution nicht unbedingt für bare Münze nehmen. Dahinter steckte eher Angst als Hoffnung und Glaube. Die Angst vor Stalin und vor den von ihm in die Partei geholten grauen, ungebildeten, gehässigen, antijüdisch eingestellten Heerscharen. Menschen, die ihrer ethnischen Herkunft, dem intellektuellen Gehabe und der europäischen Kulturprägung nach den Neuankömmlingen fremd blieben, ahnten Schlimmes. Sie konnten nur darauf setzen, dass es Stalin nicht gelingt, sein Reich vom liberalen Westen zu isolieren und sie unter Ausschluss der Weltöffentlichkeit auf die Schlachtbank zu bringen . Unter den gegebenen Umständen konnte aber eine offene Sowjetunion nur eine interventionistische Sowjetunion sein. Ein Staat, der seine Grenzen offen hält, um darüber hinweg Unruhen in anderen Staaten zu provozieren. Auch mit Hilfe der grenzüberschreitenden Propaganda. 2. Stalin, der die wahren Motive Zinovjews und seiner Schicksalsgenossen durchschaute, hielt sie hin. Den Chef des Auswärtigen Amtes, den in seiner Grundhaltung konservativen Tschitscherin, beauftragte er mit Expertisen über mögliche Folgen der grenzüberschreitenden Radiopropaganda. Erwartungsgemäß warnte Tschitscherin vor der Empörung im Ausland. Sie könnte die eingefädelte Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit kapitalistischen Staaten ernsthaft behindern, möglicherweise auch dem Außenhandel der Sowjetunion, also auch der geplanten rasanten Industrialisierung schaden. Also ließ sich das ganze Projekt des Auslandsfunks als typisches Hirngespinst linker Abenteurer interpretieren. Seinen Anhängern blieb nur der Rückzug. Erst recht, als ihnen 1929 die Ausweisung ihres Papstes Trotzki aus der Sowjetunion vor Augen führte, dass Stalin keinen Spaß verstand. Erst zwei Jahre später änderte sich die Situation. Der Trotzkismus wurde zerschlagen, seine Einflussnahme auf die grenzüberschreitende Radiopropaganda somit unwahrscheinlich. Die Sowjetunion normalisierte die diplomatischen Beziehungen mit dem Westen und schloss zahlreiche Handelsabkommen mit kapitalistischen Partnern. Stalin brauchte nun Sanktionen des Westens nicht mehr zu fürchten. Ausschlag gab möglicherweise der Vorschlag, die geplanten Sendungen als Dienstleistung für ausländische Fachleute in der Sowjetunion zu tarnen. 4.5.01 WIRD FORTGESETZT.VIELLEICHT
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